Gerichtsurteil Kein Recht auf Beschaulichkeit im Garten

München · Streit in der Wohnsiedlung: Die einen wollen in Ruhe ihren „Ziergarten-Anteil“ genießen. Die anderen wollen, dass ihre Kinder in ihrem Garten-Anteil Spaß haben. Eine Einigung ist nicht möglich. Also landet der Fall vor Gericht.

 Plantschen und Spielen macht einfach Spaß und gehört zu den Gartenfreuden dazu.

Plantschen und Spielen macht einfach Spaß und gehört zu den Gartenfreuden dazu.

Foto: dpa/dpaweb/Z1022 Patrick Pleul

Das Amtsgericht München hat klargestellt, dass ein Garten nicht nur zum Anschauen da ist sondern auch zum darin Leben. Deshalb dürfe im Garten einer Wohnanlage auch ein Trampolin für Kinder aufgestellt werden.

Selbst wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vereinbart habe, dass die Gartenanteile der einzelnen Wohnungen nur als Ziergarten genutzt werden dürfen, hindere dies die Aufstellung eines Trampolins nicht. Die Klage einer Wohnungseigentümerin auf Entfernung des Trampolins aus dem Gartenanteil einer Nachbarfamilie wurde deshalb abgewiesen (Az.: 485 C 12677/17 WEG).

Im konkreten Fall geht es um eine Wohnanlage mit einigen Mehrfamilienhäusern. Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses 1. Sie hat diese Wohnung vermietet. Im Erdgeschoss des gegenüberliegenden Hauses 4 lebt besagte Familie in ihrer eigenen Wohnung.  Zwischen Haus 1 und Haus 4 liegt ein großer Spielplatz. Er grenzt an die Gartenanteile der Mitbewohner. Laut der gültigen Teilungserklärung ist die Nutzung dieser einzelnen Gartenanteile nur als „Terrasse“ oder „Ziergarten“ gestattet.

Die betroffene Familie hat in ihrem Gartenanteil hinter einer Hecke ein nicht fest mit dem Boden verbundenes Trampolin aufgestellt. Es ist insgesamt drei Meter hoch. Die Mieter und sonstigen Bewohner der Anlage haben damit offenbar keine Probleme. Aber der Ehemann der Klägerin – Rechtsanwalt von Beruf.

„Die Seite der Klägerin stört das Trampolin. Sie ist der Meinung, dass ein „Ziergarten“ dahingehend kultiviert sei, dass er ausschließlich schmücke und der optischen Erbauung diene. Das Trampolin werde als „schwarze Wand“ wahrgenommen und stelle eine ganz erhebliche optische Störung dar, die die Anlage „verschandele“. Der Ehemann der Klägerin, der sie als ihr Rechtsanwalt vertritt, trägt dazu im Einzelnen vor, dass er täglich an dem Garten vorbei gehe. Dabei fühle er sich von dem Trampolin gestört – auch wenn sich der Mieter ihrer Wohnung in Haus 1 und die übrigen Bewohner der Anlage nicht von dem Trampolin gestört fühlen.

Die betroffene Familie beruft sich darauf, dass der Begriff „Ziergarten“ als Gegensatz zu dem Begriff „Nutzgarten“ zu sehen sei. Ein „Nutzgarten“ diene demnach vorrangig dem Anbau und der Verwertung von Nutzpflanzen, ein „Ziergarten“ diene als Erholungs- und Spielfläche. Das  Aufstellen eines Trampolins als Spiel- und Sportgerät bewege sich in diesem Rahmen. Es handele sich um die normale und übliche Nutzung eines Gartens in der Wohnanlage für Familien, die um einen Kinderspielplatz als „Herzstück“ herum konzipiert worden sei.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der Familie Recht. Sie betonte, dass die Nutzung eines Ziergartens nicht auf das Anpflanzen „optisch erbaulicher“ und „schmückender“ Pflanzen begrenzt sei. In einem solchen Garten müssten Kinder auch spielen dürfen. Das gelte auch für das „Aufstellen eines Spielgerätes“. Es gehöre zum geordneten Zusammenleben in einer Wohnanlage, „dass spielende Kinder anderer“ und die dazu gehörenden größeren Spielgeräte, „soweit sie nicht übermäßig stören, hingenommen werden müssen“.

Mit Blick auf die konkrete Situation vor Ort betonte die Richterin außerdem, dass die Wohnanlage in dem Münchner Stadtteil von einem großen Kinderspielplatz geprägt sei, der in der „Blickachse“ zwischen der Wohnung der Klägerin und der Wohnung der Beklagten liege. Das Trampolin erscheine in diesem Umfeld zwar groß, aber nicht überdimensioniert. Es sei deshalb von der Klägerin hinzunehmen.

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