Fast vervierfacht Immobilien-Zinsen steigen rasant – so viel mehr müssen Kreditnehmer jetzt zahlen

Die Inflation und hohe Baukosten sorgen dafür, dass der Traum vom Eigenheim für viele unerreichbar wird. Wer Bauherr werden oder eine Bestandsimmobilie kaufen will, muss nun die nächste Hiobsbotschaft verdauen.

Update vom 17. Oktober: Die Zinsen für Immobilien-Kredite sind nach Daten des Finanzierungsvermittlers Interhyp mit annähernd vier Prozent auf den höchsten Wert seit elf Jahren gestiegen. Demnach wurde ein zehnjähriges Standarddarlehen mit 3,98 Prozent verzinst, wie das Münchner Unternehmen mitteilte. Interhyp rechnet damit, dass die vier-Prozent-Schwelle demnächst überschritten wird.

„Dass die Zinsen zeitnah wieder spürbar sinken werden, ist unwahrscheinlich“, sagte Mirjam Mohr, die für das Privatkundengeschäft zuständige Vorständin. An der gesamtwirtschaftlichen Gemengelage aus gestiegener Inflation, gestraffter Geldpolitik der EZB und hohen Renditen für deutsche Staatsanleihen werde sich in den kommenden Wochen und Monaten vermutlich nichts ändern. „Deshalb erwarten wir weiterhin moderat steigende Zinsen.“

Immobilien: Zinsanstieg auf vier Prozent

Die rapide Verteuerung der Immobilienzinsen seit Jahresbeginn hat auch viele Fachleute in der Immobilienbranche überrascht – im Februar lag der Durchschnittszins für ein zehnjähriges Darlehen noch bei etwas über einem Prozent, im Juni bereits bei über drei Prozent. In der ersten Jahreshälfte war die Nachfrage nach Immobilienkrediten noch hoch, doch ist diese seit dem Sommer spürbar zurückgegangen.

Der Zinsanstieg der vergangenen Wochen von 3,5 auf 4 Prozent kann für Käufer bereits eine monatliche Mehrbelastung von deutlich über 100 Euro bedeuten. Laut Interhyp Rechenbeispiel liegt die monatliche Rate bei einem Kaufpreis von 400 000 Euro, 50 000 Euro Eigenkapital, Tilgung von zwei Prozent und einem Zinssatz von 3,5 Prozent bei 1 705 Euro. Bei einem Zinssatz von 4 Prozent sind es demnach bereits 1 860

Nach „Atempause“ – Experten rechnen mit steigenden Bauzinsen für Immobilien

Erstmeldung vom 13. September: Wer plant, sein Geld in einen Neubau zu investieren, hat es derzeit nicht leicht. Denn die Entwicklungen auf dem Immobilien-Markt sind derzeit ungünstig. Insbesondere die extrem gestiegenen Materialkosten machen das geplante Eigenheim für viele Familien zu einem unerschwinglichen Traum. Allein im Mai hat sich der Neubau gegenüber dem Vorjahr so stark wie seit 1970 nicht mehr verteuert.

Entlastung gab es zuletzt an anderer Stelle: Die Bauzinsen sind im Juli überraschend stark gesunken. Doch auch hier zeigt der Trend inzwischen wieder nach oben.

Rohstoffpreise für Neubau-Immobilien explodieren – das sind die Ursachen

Nach Angaben des Statistischen Amtes Saarland ist der Preisindex regelrecht explodiert. Im Saarland kostete der Neubau von Wohngebäuden im zweiten Quartal 2022 ganze 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits vor knapp einem Jahr eingesetzt hat.

Die massiv gestiegenen Materialpreise setzten die Bauunternehmen unter Druck. Erwartungsgemäß werden die Kosten an zukünftige Bauherren weitergegeben. Aber worauf sind die erheblich gestiegenen Rohstoffpreise wie etwa Holz, Stahl und Dämmstoffen zurückzuführen?

  • Langjährige Hochkonjunktur in der Baubranche: Im vergangenen Jahr gab es eine stark angestiegene Nachfrage nach Bauholz im In- und Ausland.
  • Im Sommer kam der niedrige Pegel durch die anhaltende Trockenheit hinzu. Dieser hat die Rhein-Schifffahrt und damit den Rohstofftransport eingeschränkt.
  • Durch den Krieg fielen die Ukraine und Russland als Lieferanten von jährlich fünf Millionen Tonnen Material aus.

Zinsen für Neubau-Immobilien steigen wieder nach „Atempause“

Abseits der hohen Materialkosten und der Folgen für den Bau steht vor allem die Bekämpfung der Inflation im Vordergrund. Am Donnerstag, 8. September, hat die Europäische Zentralbank die bislang größte Zinserhöhung ihrer Geschichte beschlossen. Damit steigt der Leitzins im Euroraum um 0,75 Prozentpunkte auf nun 1,25 Prozent. Das hat auch Folgen für den Immobilienmarkt.

Nachdem die Bauzinsen im Juli leicht zurückgegangen waren, rechnen die Experten der Zeitschrift „Finanztest“ (10/2022) damit, dass es sich bei der Abwärtsbewegung lediglich um eine „Atempause“ gehandelt hat. Denn ein Blick auf den Kapitalmarkt zeige, dass die Zinsen für Immobilien-Kredite bald weiter in die Höhe klettern könnten.

Energetische Sanierung eines Passivhaus der GSG Neunkirchen im Finkenweg 23​
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Die Verwandlung eines Hauses aus den 50er Jahren zum Passivhaus

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Foto: GSG Neunkirchen

Zins-Prognose: Darauf müssen sich Immobilien-Käufer einstellen

Wer seinen Immobilien-Kauf derzeit zu 80 Prozent finanzieren möchte, kann bei zehnjähriger Zinsbindung und dreiprozentiger Tilgung laut „Finanztest“ günstigstenfalls mit einem Bauzins von 2,49 Prozent (DTW) rechnen. Im Juli waren es noch 2,46 Prozent. Das günstigste Angebot bei 20-jähriger Zinsbindung liegt momentan bei 2,79 Prozent (Creditweb), und damit überraschend etwas unter dem günstigsten Vormonatsangebot (2,86).

Immobilien-Käufer müssen sich laut der Zeitschrift wohl längerfristig auf Zinssätze um drei Prozent und höher einstellen. Zwar sei das im langjährigen Vergleich noch immer günstig. Für viele Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer dürfte das angesichts hoher Immobilienpreise und explodierender Nebenkosten aber trotzdem nur ein schwacher Trost sein.

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