Astronomen finden einen Planeten-Embryo

Viele Sterne besitzen Planetensysteme. Wie sie sich entwickeln, konnten die Astronomen allerdings bisher nicht so recht erklären. Nun haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie ein solches System im frühesten Entwicklungsstadium entdeckt. Und damit ist nun eine wesentliche Frage geklärt.

Heidelberg. Wie entsteht ein Sonnensystem? Dafür gibt es eine auf den ersten Blick einfache Erklärung. Am Anfang steht eine gewaltige Zusammenballung aus Staub und Gas. Unter dem Einfluss ihrer eigenen Gravitation beginnt sie sich zusammenzuziehen. So bildet sich ein dichter, heißer Kern von Wasserstoffgas, in dem schließlich die Kernfusion zündet. Diese Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium ist die Energiequelle der jungen Sterne.

Nachdem die Fusion in Gang gekommen ist, sind junge Sterne noch von einer Wolke aus Gas und Staub umhüllt. Aus ihr bildet sich schließlich eine sogenannte protoplanetare Scheibe, in der die Planeten heranwachsen. Doch so einleuchtend das klingt, es gibt einen Haken. Denn der Prozess der Planetenentstehung verläuft langsam. Aus Staub entstehen Sandkörner, die zu Kieseln verklumpen, aus denen Felsen werden, die Asteroiden und Kometen formen, die sich schließlich zu Planeten vereinen. Doch diese Zeit lässt der junge Stern den Planeten nicht. Er bläst mit seiner starken Strahlung den Raum frei von jeglicher Materie.

Nach zehn Millionen Jahren, so das Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie, müssten Gas und Staub der Scheibe verschwunden sein. Wie sollen sich da Planeten bilden? Darauf liefern nun Beobachtungen des Radioteleskops VLA in New Mexico erste Hinweise, so das Astronomie-Institut. Die Forscher haben Strömungsmuster in der Staubscheibe eines Sterns entdeckt. Eine gute Analogie dafür sei ein langsam strömender Fluss, auf dem Zweige und Blätter treiben. Solches Treibgut könne sich an Wasserwirbeln konzentrieren.

Riesiges Ringsystem

Wenn ähnliche Strömungsmuster in der Staubscheibe eines Sterns entstehen, könne dort die Planetenentwicklung viel rascher in Gang kommen als in Gebieten mit homogen verteilter Materie. Hubert Klahr, Leiter der Arbeitsgruppe Planeten- und Sternentstehung: "Jetzt lassen sich Details erstmals direkt beobachten: dichte Staubringe, in denen sich klumpige Fragmente bilden."

Die Astronomen nahmen einen HL Tauri genannten Stern unter die Lupe, der extrem jung ist. Der 460 Lichtjahre entfernte Himmelskörper ist maximal ein bis zwei Millionen Jahre alt und steckt noch weitgehend in seiner Hülle.

Die Astronomen nutzten bei ihren Beobachtungen Radiowellen im Millimeterbereich. Sie setzen dabei auf eine Interferometrie genannte Technik, bei der Daten von 66 Radioantennen zu einem Bild zusammenfasst werden, das dem entspricht, das ein einzelnes Teleskop mit einer kilometergroßen Antenne liefern würde. Das Auflösungsvermögen über diese Distanz ist jedoch dürftig. Es liegt zwischen 3,5 und zehn Astronomischen Einheiten. Mit diesem Fachausdruck wird Abstand der Erde von der Sonne bezeichnet (150 Millionen Kilometer).

Die Fotos zeigen riesige Ringe um die junge Sonne HL Tauri, die denen des Planeten Saturn gleichen. An Stellen, wo in den Ringen Lücken klaffen, könnten bereits fertig entwickelte Planeten um diese Sonne kreisen, so die Astronomen . Sie wären in der Scheibe entstanden und hätten Gas und Staub entlang ihrer Bahnen weitgehend aufgesammelt.

Die spannendste Beobachtung sei dabei ein heller Fleck in der Scheibe, der auf eine Staubkonzentration zwischen drei und acht Erdmassen hindeute. Die Astronomen betrachten dieses Objekt als einen möglichen Planetenembryo im frühesten Stadium seiner Entwicklung. Das Objekt könnte bereits genügend Materie enthalten, um sich zu einem Planeten wie unsere Erde oder auch zu einem Neptun zu entwickeln.

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