Digitalisierung Der mühsame Weg zum virtuellen Campus

Saarbrücken · Nach dem Willen der Politik sollen die Saar-Uni und die Hochschule für Technik und Wirtschaft ihre digitalen Angebote ausbauen.

 Die elektronische Verwaltung ihres Studiums ist für Studenten der Saar-Uni derzeit noch umständlich.

Die elektronische Verwaltung ihres Studiums ist für Studenten der Saar-Uni derzeit noch umständlich.

Foto: Iris Maria Maurer

Übers Internet von überall auf Lerninhalte zugreifen können und die Studienverwaltung einfach per Mausklick organisieren, das ist die Vision von einer modernen Hochschule. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Um der Digitalisierung auf die Sprünge zu helfen, hat die saarländische Staatskanzlei jetzt erklärt, dass die Saar-Uni und die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) für dieses Haushaltsjahr noch insgesamt eine Million Euro aus Hochschulpaktmitteln des Bundes zur Verfügung gestellt bekommen, 700 000 Euro für die Uni, 300 000 für die HTW.

Im Gegenzug fordern CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag von den Hochschulen, dass sie „eine hochschulumfassende Digitalisierungsstrategie erarbeiten und umsetzen, die insbesondere Lehre, Weiterbildung, Forschung und Technologietransfer sowie Serviceangebote für Studierende umfasst“. Bis Ende des kommenden Wintersemesters sollen Konzepte erarbeitet und schrittweise umgesetzt werden.

Um dieses ambitionierte Programm erfüllen zu können, liegt noch jede Menge Arbeit vor den Verantwortlichen. „Die Saar-Uni hat viel aufzuholen“, sagt Katharina Waller, die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) der Universität des Saarlandes. „Es hakt überall. Das LSF“ – gemeint ist das internetbasierte Lern- und Studiensystem der Uni, über das unter anderem die Anmeldung zu Kursen organisiert wird – „hinkt beispielsweise immer wieder mit der Aktualisierung der Prüfungsordnungen hinterher.“ Das Hauptproblem sei, dass derzeit alles sehr dezentral eingerichtet ist. „Die Studierenden müssen sich gefühlt an 20 verschiedenen Plattformen anmelden.“

Auch die Möglichkeiten zum digitalen Lernen und deren Qualität seien von Fachbereich zu Fachbereich sehr unterschiedlich. Woran es fehle, sei zum einen ein Gesamtkonzept, zum anderen aber auch eine gesicherte und kontinuierliche Finanzierung. „Unsere Befürchtung ist, dass jetzt einzelne Projekte mit viel Tamtam gestartet werden und dann wieder im Sande verlaufen“, so Waller. Die Asta-Vorsitzende bemängelt etwa, dass die technische und personelle Ausstattung des Hochschul-IT-Zentrums (HIZ) der Saar-Uni nicht den Ansprüchen genügt, die an eine moderne, digital orientierte Universität gestellt werden müssen.

Wallers Diagnosen decken sich weitgehend mit der Selbsteinschätzung der Uni-Verwaltung. In Sachen E-Learning habe man „unzweifelhaft Nachholbedarf“, sagt Pressesprecher Thorsten Mohr. Zwar gebe es viele positive Einzelbeispiele in den verschiedenen Fachrichtungen, bislang fehle jedoch ein zentrales und flächendeckendes Management-System fürs digitale Lernen. Das sei der Grund, warum so viele unterschiedliche Lösungen entstanden seien. Um die Angebote zu vereinheitlichen und weiter auszubauen, werden hohe Investitionen notwendig sein.

Vor knapp zehn Jahren gab es bereits einen Versuch, eine zentrale Lernplattform an den saarländischen Hochschulen zu etablieren. Das Learning-Management-System Clix Campus wurde 2008 als Plattform für Lehr-, Lern- und Prüfungszwecke gestartet. 2014 lief der Vertrag zur externen technischen Betreuung und Wartung des Systems aus und wurde nicht verlängert. In der Praxis habe sich die Nutzung für die Universität insgesamt nicht im gewünschten Maße bewährt, kommentiert Pressesprecher Mohr. Unter dem größer werdenden Spardruck habe die Universität dann zunächst auf weitere E-Learning-Projekte verzichten müssen. „Mittlerweile haben sich die Rahmenbedingungen geändert, ebenso die technologischen Voraussetzungen, so dass es sinnvoll erscheint, jetzt einen neuen Anlauf zu nehmen“, so Mohr.

An der HTW ist Clix teilweise noch aktiv, aber ob das in Zukunft so bleiben wird, ist offen. „Als Austauschplattform nutzt jede Fakultät gefühlt ein anderes System, manche setzen auf Clix, andere auf Moodle“, sagt Patrick Nagel, der Vorsitzende des HTW-Asta. Die Hochschule sieht er beim E-Learning zwar auf einem guten Weg, allerdings sei das Angebot noch nicht breit genug, um für einen relevanten Teil der Studierenden von Nutzen zu sein. Defizite gebe es vor allem in der Studienverwaltung. „Eine elektronische Verwaltung des Studiums ist bis auf die Möglichkeit zur Noteneinsicht und zur Rückmeldung kaum vorhanden. Die Studierenden klagen beispielsweise seit Jahren, dass es nur vereinzelt möglich ist, den Klausurplan online einzusehen.“

Bei den digitalen Lernplattformen sieht auch HTW-Präsident Wolrad Rommel Handlungsbedarf. Andere Bundesländer seien in dieser Hinsicht deutlich weiter. Die HTW habe zwar bereits Kontakt zu Software-Firmen, aber auch hier stelle die Finanzierung eine hohe Hürde dar. Ziel sei es, mehrere Studiengänge auf „Blended Learning“ auszurichten, also auf die Verbindung von Präsenzveranstaltungen und E-Learning. Das soll auch die Internationalisierung der Hochschule vorantreiben. Außerdem strebe man Gespräche mit dem Bildungsministerium an, wie sich die Vermittlung von Grundfertigkeiten im Umgang mit digitalen Werkzeugen in das Angebot der Hochschule integrieren lassen könne.

Um die Studienverwaltung von der Anmeldung über die Organisation von Kursen bis hin zu Prüfungsverfahren zu digitalisieren, arbeiten vier saarländischen Hochschulen – neben HTW und Saar-Uni auch die Hochschule der Bildenden Künste und die Hochschule für Musik – an einem gemeinsamen Campus-Management-System, für dessen Entwicklung und Einführung das Land 7,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Nachdem die Planungsphase abgeschlossen wurde, läuft aktuell das Vergabeverfahren.

Auch die Pflege dieses Systems durch geeignetes Personal werde Folgekosten mit sich bringen, stellt HTW-Präsident Wolrad Rommel klar. „Digitalisierung bedeutet keinesfalls, dass damit alle Verwaltungskosten entfallen.“

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