Büffeln für den guten Zweck

Saarbrücken · Jura-Studenten der Saar-Uni wollen helfen. Mit ihrem Verein Refugee Law Clinic Saarbrücken bilden sie Studenten in Asylrecht aus. Das Ziel: Flüchtlinge mit kostenloser Rechtsberatung zu unterstützen. Zur Auftaktvorlesung kamen 120 Interessierte.

 Jurastudentin Jana Kirst (3.v.l.) mit Mitstreitern und interessierten Studenten bei der ersten Vorlesung der Refugee Law Clinic Saarbrücken. Dort sollen Saarbrücker Studenten zu qualifizierten Rechtsberatern für Flüchtlinge ausgebildet werden. Foto: Maurer

Jurastudentin Jana Kirst (3.v.l.) mit Mitstreitern und interessierten Studenten bei der ersten Vorlesung der Refugee Law Clinic Saarbrücken. Dort sollen Saarbrücker Studenten zu qualifizierten Rechtsberatern für Flüchtlinge ausgebildet werden. Foto: Maurer

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Der Vorlesungssaal im Europainstitut der Saar-Uni ist gerappelt voll. 120 Personen quetschen sich in den viel zu kleinen Raum. "Wenn die alle bleiben, haben wir ein verdammt gutes Team", sagt Louisa Hantsche von der Refugee Law Clinic Saarbrücken (RLCS). In dem gemeinnützigen Verein wollen Studenten Asylbewerbern eine kostenlose Rechtsberatung anbieten. Vorher aber müssen sie büffeln, denn auch für Saarbrücker Jurastudenten ist Asylrecht noch unbekanntes Terrain: Das Fachgebiet wird an der Saar-Uni nicht angeboten. Das soll die neue Vorlesungsreihe der RLCS ändern, bei der Experten Studenten auf ehrenamtlicher Basis ihr Fachwissen weitergeben.

Das deutsche Asylrecht mache es Laien nicht gerade leicht, sagt Referent Heinz-Peter Nobert. "Die Gerichte haben in den letzten Jahrzehnten eine sehr feinsinnige Definitionsvielfalt erbracht, wann jemand asylberechtigt ist, und wann nicht", sagt der Anwalt aus Saarlouis, der seit 20 Jahren Asylbewerber vor Gericht vertritt, Mitglied bei Pro Asyl, Amnesty International und im Saarländischen Flüchtlingsrat ist.

"Im Grunde kann jeder, der an der Vorlesung teilnimmt, am Ende am Beratungsprogramm für Flüchtlinge mitmachen", sagt Louisa Hantsche. "Aber natürlich ist das vor allem für Jurastudenten interessant."

Angestoßen hat die Initiative die 26-jährige Jana Kirst. "Ich hatte ehrenamtlich viel mit Flüchtlingen zu tun, und gerade in rechtlichen Fragen gab's da große Unsicherheit", erzählt die Jurastudentin. Auch die vielen ehrenamtlichen Helfer kannten sich meist nicht genügend aus, um helfen zu können. In diese Lücke will die Refugee Law Clinic springen. Den Anwalt ersetzen wollen die Studenten aber nicht, betont Kirst. "Wenn der Abschiebebescheid kommt, können wir auch nichts mehr tun, als an den Anwalt weiterzuvermitteln."

Doch der Bedarf an rechtlicher Unterstützung beginne viel früher, sagt Kirst. Etwa bei dem Brief, den der Flüchtling nicht versteht - und deshalb nicht beantwortet. Bei Formularen, Vorsprachen beim Ausländeramt, beim Jobcenter und anderen Behördengängen.

Über 60 Mitglieder hat der im Sommer gegründete Verein bereits, allein im Vorstand engagieren sich acht Studenten . Als Schirmherrn konnten sie nun sogar Bundesjustizminister Heiko Maaß (SPD ) gewinnen, berichtet Kirst. Und im Frühjahr erhielt das Projekt eine Förderung des Studierendenparlaments der Saar-Uni über 8000 Euro. "Dadurch haben wir ein kleines finanzielles Polster. Nur deshalb konnten wir das Programm so schnell umsetzen", sagt Vorstandsmitglied Nadja Kronenberger. Den Berg Arbeit, den das Projekt mit sich bringt, hat das Gründungsteam gut verteilt: Nadja Kronenberger kümmert sich um Spendenakquirierung, Louisa Hantsche macht Öffentlichkeitsarbeit, Max Karbach ist "Mädchen für alles". Viele von ihnen sind zwischen zehn und 20 Stunden pro Woche mit ihrem "Baby" beschäftigt, berichten die Studenten . Und ein sechsköpfiges Team hat sich in Eigenregie und mit Hilfe von Experten bereits ins Thema eingearbeitet.

Das ist gut, denn obwohl die Rechtsberatung noch gar nicht offiziell gestartet ist, laufen immer mehr Anfragen von Flüchtlingen ein, so Kirst. Zwar vermitteln die Studenten meist an Anwälte weiter, doch ihre ersten zwei Fälle hat die RLCS nun übernommen. "In einem geht's darum, die schwerkranken Eltern eines syrischen Flüchtlings hierherzuholen", verrät Kirst.

Doch nur um den guten Zweck geht es den Studenten nicht. "Ein Jurastudium ist extrem trocken", sagt Kirst. Da sei die Law Clinic eine tolle Chance, die Praxis kennenzulernen. "Es bringt enorm viel, das Wissen auf reale Fallbeispiele anzuwenden", sagt Kirst.

Auch beruflich hat ihr das Projekt die Richtung gewiesen: "Ich werde mich auf jeden Fall auf das Thema spezialisieren", sagt Kirst. "Und es in einen europarechtlichen Kontext stellen - wir brauchen dringend ein gemeinschaftliches Asylrecht in Europa."

Zum Thema:

Auf einen Blick:Neben der Refugee Law Clinic Saarbrücken gibt es in ganz Deutschland studentische Rechtsberatungen für Flüchtlinge, die sich in verschiedenen Planungsphasen befinden. Acht sind bereits aktiv, unter anderem an den Unis Trier und Köln. An der Saar-Uni werden ab Sommersemester Beratungen angeboten. liprlc-saar.de

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