Gesundes Gehirn Körperliche Aktivität erhält die geistige Fitness

Dresden · Sportliche Betätigung kurbelt die Bildung neuer Gehirnzellen an, geistige Aktivität erhält sie am Leben.

 Im Bild sind neue, orange eingefärbte Gehirnnervenzellen einer Maus zu sehen. Auch bei Menschen, die körperlich aktiv sind, bilden sich im Gehirn neue Nervenzellen.

Im Bild sind neue, orange eingefärbte Gehirnnervenzellen einer Maus zu sehen. Auch bei Menschen, die körperlich aktiv sind, bilden sich im Gehirn neue Nervenzellen.

Foto: Kempermann/Gerd Kempermann

() Noch gibt es keine Studien, in denen untersucht wurde, wie sich eine Kombination von körperlicher und geistiger Aktivität auf die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns auswirkt. Eine Gruppe von Forschern aus Deutschland, der Schweiz, den USA und Großbritannien konnte jedoch in Versuchen mit Mäusen zeigen, dass sich körperliche und geistige Aktivitäten in ihrer positiven Wirkung auf das Gehirn summieren.

Aus diesen Beobachtungen ist die Theorie der „neurogenen Reserve“ entstanden. Sie besagt, dass durch regelmäßige körperliche Bewegung und geistige Aktivität im Gehirn sogar neue Zellen gebildet und mit bereits bestehenden Zellen vernetzt werden. Wer schon in frühen Jahren körperlich und geistig rege ist, legt sich im Gehirn regelrecht eine Reserve an Nervenzellen an. Auf diese kann er bei geistigen Herausforderungen im höheren Lebensalter zurückgreifen. Sogar die Auswirkungen einer Demenzerkrankung könnten dadurch deutlich gemindert werden.

In der Wissenschaft galt es vor wenigen Jahren noch als unmöglich, dass sich im Gehirn von Erwachsenen noch neue Nervenzellen bilden können. Nachdem Versuchen mit Ratten und Mäusen gezeigt hatten, dass in den Gehirnen erwachsener Tiere neue Nervenzellen auftauchen, schauten die Forscher auch bei Menschen genauer hin.

In den Experimenten mit Tieren hatte sich herausgestellt, dass neue Hirnzellen nur in einer abwechslungsreichen Umgebung sprießen – wenn den Nagern große Käfige, Spielzeug und Tunnelröhren, die immer wieder neu angeordnet werden, zur Verfügung stehen und wenn sie mit vielen Artgenossen zusammen sind.

Der Dresdner Hirnforscher Professor Gerd Kempermann entdeckte, dass in Gehirnen von Mäusen besonders viele neue Nervenzellen auftauchen, wenn die Tiere vorher körperlich aktiv waren. Bei einem gemächlichen, reizlosen Lebenswandel bildeten sich hingegen keine neuen Hirnzellen.

Im Gehirn des Menschen wurden 1995 in der Region, die als „Tor zum Gedächtnis“ bezeichnet wird, Stammzellen entdeckt. Die Rede ist vom Hippocampus, der für die Verarbeitung der Informationen zuständig ist, die unsere Sinne und unsere Erinnerungsspeicher liefern. Aus diesen Stammzellen bilden sich neue Nervenzellen. Bei Versuchen mit Mäusen hatte man entdeckt, dass bei Tieren im Laufrad die Teilungsaktivität von Stammzellen im Gehirn massiv erhöht ist. Heute geht man davon aus, dass auch beim Menschen körperliche Bewegung die Hirn-Stammzellen dazu bringt, sich vermehrt zu teilen. Geistige Aktivität, und sei sie noch so anstrengend, bringt keine neuen Nervenzellen hervor. Ausschlaggebend ist körperliche Aktivität.

Angestrengtes Denken ist aber unbedingt erforderlich, damit die neu gebildeten Zellen überleben. Nur wenn sie genutzt werden, bauen sie sich dauerhaft ins bereits bestehende Nervennetz ein. „Körperliche Aktivität kurbelt die Bildung neuer Gehirnzellen an, geistige Aktivität erhält sie am Leben“, sagt Gerd Kempermann.

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