Corona und die Folgen Die dunklen Seiten des Homeoffice

Köln · Zunächst hochgelobt werden jetzt auch die Probleme des neuen Arbeitsmodells der Corona-Ära deutlich.

 Wer in Coronazeiten über Monate hinweg zu Hause an einem unzureichend ausgestatteten Arbeitsplatz sitzt, läuft Gefahr, dass Fehlhaltungen zu Schmerzen in Händen und Armen führen Eine Folge dieser einseitigen Belastungen kann ein sogenannter Mausarm sein, warnen Orthopäden.

Wer in Coronazeiten über Monate hinweg zu Hause an einem unzureichend ausgestatteten Arbeitsplatz sitzt, läuft Gefahr, dass Fehlhaltungen zu Schmerzen in Händen und Armen führen Eine Folge dieser einseitigen Belastungen kann ein sogenannter Mausarm sein, warnen Orthopäden.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

(byl) Für ein Viertel der Arbeitnehmer in Deutschland ist der Arbeitsweg in der Coronakrise auf wenige Meter geschrumpft. Ihr Arbeitsplatz liegt in den eigenen vier Wänden und Homeoffice liegt im Trend berichtet die Hans-Böckler-Stiftung. 24 Prozent der Erwerbstätigen arbeiteten derzeit vorwiegend oder ausschließlich von zu Hause aus. Das sei erfreulich und zur Covid-Prävention auch dringend notwendig, erklärt die gewerkschaftsnahe Stiftung.

Das zu Beginn der Corona-Pandemie hochgelobte Arbeitsmodell offenbare nun jedoch auch seine Schattenseiten, erklären Wissenschaftler der Rheinischen Fachhochschule Köln. In einer Umfrage unter Führungskräften kommen die Kölner Professoren Remo Laschet und Volker von Courbière und die Wirtschaftsmediatorin Bettina Janssen in einem Satz zusammengefasst zum Ergebnis: „Die Stimmung kippt.“ Die Menschen seien jetzt zwar technisch gut vernetzt, aber in ihren Ein-Personen-Büros menschlich isoliert. „Manch einem, der im Home-Office arbeitet, fällt inzwischen die Decke auf den Kopf“, erklärt Bettina Janssen. Die Gefahr der Vereinzelung sei groß, Frustration und Ärger beeinträchtigten Stimmung, Konzentration und Motivation. Nicht nur Kommunikationsprobleme führten zu Konflikten. Auch unzureichende technische Ausstattung, schlechte Internetverbindungen, familiäre Probleme durch zu kleine Wohnungen und die Erkenntnis, dass ein Arbeitsplatz in der Küche oder am Esstisch keine Langzeitlösung sein könne, ließen die Stimmung sinken.

Die International School of Management (Köln) spricht von Technostress, der direkt oder indirekt von digitaler Technologie ausgelöst werde. Als Auslöser kämen technische Pannen, Informationsüberlastung, aber auch die Überforderung der Mitarbeiter in Frage. Auch das Übermaß digitaler Kommunikation statt der gewohnten direkten Gespräche sei für viele  Menschen schwer zu ertragen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) betrachtet die Entwicklung zu mehr Heimarbeit mit Sorge. Auf Kritik der Orthopäden stößt dabei jedoch ein anderer Aspekt des Themas Homeoffice. Sie warnen vor besonderen Belastungen für Muskeln und Gelenke, die das in der Regel schlechter als der reguläre Arbeitsplatz ausgestattete Heimbüro bedeute.

Nach mehreren Wochen an einem solchen als Provisorium gedachten Arbeitsplatz verursache dann plötzlich jeder Mausklick Schmerzen. Die Symptome fassen die Mediziner unter dem Fachbegriff „Repetitive-Strain-Injury-Syndrom“ zusammen. Im Volksmund hat sich der Begriff Mausarm eingebürgert. „Im Homeoffice leidet nicht nur der Rücken, wir beobachten auch eine Zunahme von Hand- und Armbeschwerden“, sagt Dr. Eva-Maria Baur der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie (DGH). Das sei eine Folge sich wiederholender Bewegungen der Finger in unnatürlicher Körperhaltung. Komme Stress hinzu, verspanne sich die Hand weiter.

Die Beschwerden äußerten sich zuerst als leichtes Kribbeln oder Kraftverlust in Hand und Unterarm. Anfangs träten sie nur während der Arbeit mit der Computermaus und der Tastatur auf. Nach mehreren Monaten entwickelten sich Schmerzen, die nur bei längeren Pausen, wie zum Beispiel im Urlaub, abklingen. „Die Auswirkungen der stereotypen Bewegungen werden oft unterschätzt“, sagt Professor Dieter Wirtz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. Es lasse sich aber etwas dagegen tun. Die Vereinigung der Orthopäden schlägt Büroarbeitern, die zu Hause an einem provisorischen Arbeitsplatz tippen und klicken, drei Übungen vor.

Wichtig sei es, beim Schreiben mehrmals pro Stunde Pause einzulegen und Hände und Arme auszuschütteln. Eine weitere Übung besteht darin, eine Faust zu ballen und dabei den Daumen in die Faust zu nehmen. „Kurz halten und die Hand dann wieder öffnen und die Finger spreizen. Übung zehnmal wiederholen“, empfiehlt die DGOU. Auch kreisende Bewegungen mit den Händen, bei denen abwechselnd die Finger gespreizt und zur Faust geballt werden, seien hilfreich.

Im Homeoffice werde meist am Laptop gearbeitet, was zu einer schlechten Sitzhaltung führe. Denn beim Laptop mit seinem fest montierten Monitor liege entweder Tastatur oder Bildschirm auf der korrekten Arbeitshöhe. Wer länger im Homeoffice ausharren müsse, tue deshalb gut daran, eine externe Tastatur und Maus anzuschaffen. Noch besser sei ein externer Monitor.

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