Ausbildung Vom Tankwart zum Verkäufer

Berlin/Schöneiche · Einst waren viele Tankstellen auch Werkstätten, heute sind sie eher kleine Supermärkte. Das ändert auch die Arbeit. Den Tankwart, der auch am Auto herumschrauben kann, gibt es kaum noch. Andere Fähigkeiten sind gefragt.

 Die Kundenfrequenz ist an Tankstellen oft deutlich höher als sonst im Einzelhandel.

Die Kundenfrequenz ist an Tankstellen oft deutlich höher als sonst im Einzelhandel.

Foto: dpa-tmn/Robert Günther

() Was gehört zur Tankstelle? Zapfsäulen, eine Waschanlage, Druckluft und Staubsauger – und ein Tankwart? Zumindest letzteres stimmt nur noch in Einzelfällen. Denn den Job gibt es zwar noch, sogar als Ausbildungsberuf. Noch einen echten Tankwart zu finden, wird jedoch zunehmend schwierig. Schließlich ist der Job nicht nur alt – die Ausbildungsordnung stammt von 1952 – sondern inzwischen auch veraltet.

„Das kommt aus einer Zeit, als der Tankwart eher noch eine Servicekraft mit handwerklichen Schwerpunkten war“, sagt Simon Grupe, Ausbildungsexperte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Doch diese Zeiten seien vorbei. Vor allem weil sich das Bild der Tankstelle verändert habe: „Früher hatten ganz viele zum Beispiel eine Mini-Werkstatt dabei“, erzählt Elmar Kühn, Geschäftsführer des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen UNITI. „Das gibt es heute kaum noch.“

Tankstellenpächter dagegen richten ihr Hauptaugenmerk verstärkt auf den Verkauf von Essen und Getränken, Zeitschriften oder Autozubehör. Wer an der Tankstelle arbeitet oder lernt, ist deshalb heute oft kein Tankwart mehr, sondern eher normaler Kaufmann. So wie Paul Hintze. Der 20-Jährige steht kurz vor dem Ende seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann an der HEM Tankstelle im brandenburgischen Schöneiche bei Berlin. „Der Großteil meiner Arbeit ist schon an der Kasse“, erzählt er. „Dazu muss man Regale auffüllen und auch mal was nachbestellen, Ware annehmen und das Außengelände sauber halten. Man muss auch viel putzen, gerade im Lebensmittelbereich.“

Ganz normale Verkäufer sind Tankstellen-Mitarbeiter aber trotzdem nicht. Der Job hat schon ein paar Besonderheiten: „Die Kundenfrequenz ist sehr hoch, es geht oft sehr schnell, mit immer neuen Herausforderungen“, erklärt Kühn. Hinzu kommt, dass viele Tankstellen rund um die Uhr und auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet sind. Schichtdienst gehört also zum Alltag. Ansonsten gibt es aber viele Parallelen zwischen den Kaufleuten.

Und auch zu den Anforderungen an seine Azubis sagt Elmar Kühn nichts anderes als seine Kollegen aus dem Einzelhandel. Ein bestimmter Schulabschluss etwa ist nicht nötig: Laut Bundesagentur für Arbeit haben viele Verkäufer und Kaufleute zwar die Mittlere Reife, Azubis mit Hauptschul- oder ganz ohne Abschluss gibt es aber auch. Wichtiger sind Kühn andere Punkte: „Die Azubis an Tankstellen müssen vor allem Spaß an der Sache mitbringen.“

Den hat Paul Hintze auf jeden Fall – vor allem dann, wenn er Kunden mit guter Beratung direkt weiterhelfen kann, wie er sagt. Es kann sogar sein, dass sich daraus sogar eine Zukunft für den Nischenjob Tankwart ableiten lässt: „Wir haben eine steigende Zahl an Kunden, die auf guten Service Wert legen, und auch immer mehr ältere Kunden, die vielleicht sogar darauf angewiesen sind“, sagt Kühn. Eine moderne Form des Tankwarts könnte die Antwort auf diesen Bedarf sein. Mit dem Start einer neuen Ausbildung rechnet Grupe aber frühestens im Sommer 2020.

Paul Hintze wird seine Ausbildung dann längst abgeschlossen haben, eventuell aber noch immer in Schöneiche arbeiten, weil er sich dort wohl fühlt. Möglich wären aber auch andere Karriereschritte. „Als ehemaliger Azubi an einer Tankstelle habe ich ideale Voraussetzungen, um zum Stationsleiter oder Pächter aufzusteigen“, sagt Verbandschef Kühn.

(dpa)
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