Uni oder Ausbildung? Studie: Eingeschlagener Bildungsweg lässt sich anpassen
Gütersloh · Uni oder Lehre: Ist das eine Entscheidung ohne Umkehroption? Und ist man nach einem Abbruch immer gescheitert? Eine Studie nimmt Mythen rund um Studium und Ausbildung unter die Lupe.
Geht es um ihre berufliche Zukunft, haben junge Menschen oft vor allem eines: die Qual der Wahl. Abi oder nicht? Ausbildung oder Studium? Und dann: welche oder welches? Schließlich gibt es über 300 anerkannte Ausbildungsberufe und mehr als 9 000 Bachelor-Studiengänge in Deutschland.
Eine Sorge, die manche dann umtreiben dürfte: dass der berufliche Weg nach der Schule ein für alle Mal festgelegt wird.
Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und die Bertelsmann Stiftung gehen zumindest davon aus, dass das eine gängige Annahme ist - und haben sich in einem gemeinsamen Faktencheck zur nachschulischen Bildung mit diesem und anderen sogenannten Mythen beschäftigt. Ihre Antwort: „Stimmt nicht.“
Wer sich nach der Schule für eine berufliche Ausbildung entscheide, lege sich damit ebenso wenig für alle Zeiten fest, wie Menschen, die nach dem Abitur ein Studium beginnen. „Es ist immer möglich, den eingeschlagenen Bildungsweg später an veränderte Zielvorstellungen anzupassen“, heißt es in der Studie.
Studium nach der Ausbildung
Schließlich muss man etwa nicht unbedingt Abi machen, um später studieren zu können. Auch der Abschluss einer beruflichen Aufstiegsfortbildung wie etwa zum Meister, Fachwirt oder Techniker verleihe eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung, die ohne Einschränkung bei der Studienfachwahl für das Studium berechtigt.
Und mit abgeschlossener Berufsausbildung und einschlägiger Berufserfahrung erwerbe man eine fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung - auch wenn, abhängig vom Bundesland, zusätzlich etwa eine Eignungsprüfung oder ein Beratungsgespräch erforderlich sein können.
Zudem gibt es mittlerweile auch drei Bundesländer - Berlin, Hessen und Rheinland-Pfalz - in denen ein Studium direkt nach der Ausbildung aufgenommen werden kann, heißt es in der Studie. Informationen zu den verschiedenen Möglichkeiten finden Studieninteressierte, die kein Abitur haben, auf der Webseite „studieren-ohne-abitur.de“ des CHE.
Abgebrochenes Studium: Leistung anerkennen lassen
Stellt sich die Entscheidung im Verlauf der Ausbildung als falsch heraus, geben die Studienautoren ebenfalls Entwarnung. Realisiere jemand zum Beispiel im Lauf des Studiums, dass er oder sie in einer beruflichen Ausbildung besser aufgehoben sei, könne eine Umorientierung durchaus sinnvoll sein.
Mittlerweile gibt es den Studienautoren zufolge auch spezielle Beratungsangebote für solche „Gleiswechsel“. Und in vielen Fällen sei es möglich, sich passende Vorleistungen etwa aus einem abgebrochenen Studium in anderen Bildungsgängen anerkennen zu lassen.
Für ehemalige Studierende mit Abitur bestehe sogar die Möglichkeit einer verkürzten Berufsausbildung. Das erleichtere den Umstieg.
Ob ein Ausbildungsabbruch problematisch werde, hänge der Studie zufolge davon ab, was im Anschluss passiert: Und das sei in den meisten Fällen eine neue Ausbildung in einem anderen Betrieb oder in einem anderen Beruf - oder auch der Wechsel in ein Studium. Nur fünf Prozent der Ausbildungsabbrecher würden sich demnach dauerhaft von der Berufsausbildung abwenden.
Studium und Ausbildung verbinden
Und auch mit einer weiteren Annahme, die den Autoren zufolge verbreitet ist, räumen sie auf: „Entweder Studium oder Ausbildung - man muss sich entscheiden.“ Das sei nicht der Fall. Schließlich gebe es längst Mischformen, heißt es in der Studie. Das duale Studium etwa, das berufliche und akademische Bildung kombiniert.
Immer mehr Betriebe bieten demnach Ausbildungsplätze für ein duales Studium an, das Wissenschaftlichkeit und Praxisbezug zusammenbringt. 2012 beteiligten sich der Studie nach insgesamt 45 600 Unternehmen daran. Bis 2022 sei diese Zahl auf 56 900 Ausbildungsbetriebe angestiegen.
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