Jobeinstieg auch ohne Lehre

Nürnberg · Erwachsene ohne Berufsausbildung können bei der Industrie- und Handelskammer einen Abschluss nachholen.

 Josef Schatz macht eine sogenannte Teilqualifizierung zum Industriemechaniker. Foto: Daniel Karmann/dpa

Josef Schatz macht eine sogenannte Teilqualifizierung zum Industriemechaniker. Foto: Daniel Karmann/dpa

Foto: Daniel Karmann/dpa

(dpa) Wenn Josef Schatz vom Beruf des Industriemechanikers spricht, kommt er ins Schwärmen: "Nicht nur etwas in Gang zu bringen, sondern auch die Prozesse dahinter zu begreifen, das begeistert mich. Ich will nichts anderes machen." Seit knapp zwei Jahren ist der 29-Jährige im Teilqualifizierungsprojekt der Industrie- und Handelskammer Nürnberg. Bei einem Bildungsträger lernt Schatz in theoretischen Lernmodulen und Betriebspraktika die Arbeit des Industriemechanikers kennen. Dafür drückt er täglich die Schulbank und hofft, auf diese Weise endlich einen Abschluss zu bekommen.

Seine berufliche Zukunft war für Josef Schatz lange unklar. Er absolvierte ein Berufsgrundbildungsjahr als Schreiner und als Zimmerer. Das handwerkliche Arbeiten lag ihm, doch ohne Führerschein und Auto konnte er die tägliche Strecke zu den Ausbildungsbetrieben nicht zurücklegen. Er ging zur Bundeswehr und begann danach eine Ausbildung zum Restaurantfachmann. Es folgten berufliche Eingliederungsmaßnahmen des Jobcenters. Eine Trainingsmaßnahme zum Altenpfleger und dann zum Industriemechaniker. Hat er die Teilqualifizierung beendet, möchte er Berufserfahrung sammeln, eventuell eine Weiterbildung machen und seinen eigenen Betrieb gründen.

Wie Josef Schatz haben rund 2100 Personen bis März 2016 eine IHK-Teilqualifizierung begonnen. Das geht aus einer Datenerhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) hervor. Am häufigsten waren Qualifizierungen zum Fachlagerist und Berufskraftfahrer vertreten, aber auch zum Verkäufer oder zur Servicekraft für Schutz und Sicherheit. Es sei eine Qualifizierung für Menschen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben", erklärt Markus Kiss vom DIHK. Die einzelnen Lernbausteine seien an klassische Ausbildungen angelehnt, meist aber deutlich kürzer. Auch Flüchtlingen wolle man damit eine Möglichkeit geben, in den Arbeitsmarkt einzusteigen, erklärt Markus Kiss. Man wolle die klassischen Ausbildungen nicht durchkreuzen. Die Teilqualifizierungen blieben eine Ausnahme, seien aber ein guter Weg, Menschen, die nicht so gut qualifiziert sind, fit zu machen und auf einen zukunftsträchtigen Berufsweg zu schicken, so Kiss.

Die Idee bei den Teilqualifizierungen besteht darin, dass Erwerbstätige nicht gleich eine zwei- oder dreijährige Ausbildung machen müssen. Sie absolvieren stattdessen jeweils einzelne Bausteine. Nach jedem Baustein erwerben sie ein Zertifikat. Bestehen Arbeitnehmer alle Bausteine, können sie sich zur sogenannten Externenprüfung anmelden. Die Teilqualifizierungen werden allerdings nur für einige bestimmte Ausbildungen angeboten.

Weitere Wege ins Berufsleben kennt Aneta Schikora, Pressereferentin der Bundesagentur für Arbeit. Junge Erwachsene, die eine berufliche Ausbildung nachholen wollen, könnten dies zum Beispiel auch mit dem Programm Zukunftsstarter tun. Die Ausbildungsinitiative der Bundesagentur für Arbeit richte sich insbesondere an Menschen zwischen 25 und 35 Jahren. Um finanziellen Pflichten und eventuell der Betreuung eigener Kinder gerecht zu werden, gebe es beispielsweise die Möglichkeit der Teilzeitausbildung oder einer finanziellen Unterstützung für bestandene Prüfungen, sagt Schikora.

Wer hingegen schon länger als gering qualifizierter Helfer in einem Betrieb arbeitet, kann sich womöglich im Unternehmen selbst weiterbilden. Kosten für Lehrgänge und Zuschüsse für Arbeitsausfälle im Rahmen der Ausbildung übernehme dann die Bundesagentur für Arbeit. "Das hat für beide Seiten Vorteile. Der Arbeitnehmer kann sich während der Beschäftigung qualifizieren, der Arbeitgeber bekommt im Idealfall eine Fachkraft, die schon eingearbeitet ist", sagt Schikora.

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Die zweite Chance zur Ausbildung (hei) Sogenannte Teilqualifizierungen richten sich an Erwachsene über 25 Jahren, die keine beziehungsweise eine veraltete Berufsausbildung abgeschlossen haben. Sie dienen der Eingliederung in den Arbeitsmarkt für arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen und können beim nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses helfen. Das Angebot der IHK gilt für bundesweit einheitliche Teilqualifikationen in verschiedenen Berufszweigen, etwa Maschinen- und Anlagenführer beziehungsweise Industriemechaniker und Verkäufer.

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