Testverfahren Fragebögen können Berufswahl erleichtern

Stuttgart/Nürnberg · Orientierungstests sollen Schul- oder Hochschulabsolventen bei der Entscheidung helfen. Aber bringen sie einen echten Vorteil? Und wenn ja, wie erkennt man gute Angebote und Verfahren? Fachleute erklären, worauf es ankommt.

 Orientierungstests können Unentschiedenen helfen, die berufliche Zukunft zu gestalten.

Orientierungstests können Unentschiedenen helfen, die berufliche Zukunft zu gestalten.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

() „Sortiere folgende Tätigkeiten nach Interesse: Fahrzeuge bedienen, Informationen sorgfältig analysieren, Plakate und Flyer entwerfen, den Problemen anderer zuhören“. So oder so ähnlich lauten die Aufgabenstellungen bei Orientierungstests zur Berufswahl. Auf diese Weise sollen Schüler oder Studierende herausfinden, für welche Jobs sie geeignet sein könnten oder welche Aufgaben sich für ihren Persönlichkeitstyp anbieten.

Die eigenen Fähigkeiten, Ziele und Wünsche zu benennen, steht bei solchen Berufs- oder Persönlichkeitstests im Vordergrund. Es sollen auch Bereiche aufgedeckt werden, die für das Berufsleben später nicht infrage kommen. Am Ende steht das Ziel, die eigenen Stärken zu ermitteln. Oder vielleicht sogar eine Entscheidung zu treffen, ob eine Ausbildung oder ein Studium besser passt.

 Berufsorientierungs- und Persönlichkeitstests unterscheiden sich. Das Grundprinzip ersterer bestehe im Vergleich der Job-Anforderungen mit den Fähigkeiten und Interessen von Ratsuchenden, erklärt Heinz Schuler. Der emeritierte Professor der Personalpsychologie hat selbst lange zur Berufsberatung geforscht. Persönlichkeitstests nutze man hingegen, um festzustellen, ob Gewissenhaftigkeit oder Leistungsmotivation ausreichen, beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Bei der Berufsorientierung haben Persönlichkeitstests weit geringeren Nutzen als Fähigkeits- und Interessentests, sagt Schuler.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bietet gleich mehrere unterschiedliche Analyse-Werkzeuge an. Der Berufe Entdecker, der für Schüler von Klasse sieben bis zehn geeignet ist, fällt durch seine Optik auf: „Die Jugendlichen wählen Bilder intuitiv nach eigenen Interessen aus oder ab. Der Test soll ein erster Einstieg zu einer intensiveren Beschäftigung mit dem Thema ,Berufswahl’ sein“, erklärt Mark-Cliff Zofall, Bereichsleiter Berufsberatung bei der Arbeitsagentur. Alternativ dazu stellt die BA Interessierten das Selbsterkundungstool und den Berufswahltest zur Verfügung. Bei beiden Angeboten handelt es sich um Testverfahren, bei denen es in erster Linie um Selbsteinschätzungen in verschiedenen Gebieten geht. Am Ende werden die Antworten von Berufsberatern der BA ausgewertet. Sie geben dann spezifische Empfehlungen für Ausbildungsberufe oder Studiengänge.

„Für alle drei Tests müssen junge Menschen zuvor noch nicht wissen, was sie beruflich machen wollen. Auch wer bereits eine konkrete Vorstellung hat, kann mögliche Alternativen zu den bisherigen Überlegungen entdecken“, sagt Zofall. Nicht immer jedoch haben die Fragebögen ein konkretes Ergebnis. Je nach Testverfahren darf man konkrete Berufsvorschläge erwarten oder aber eine grobe Orientierung für eine möglicherweise passende Richtung, erklärt Angelika Gulder, Psychologin und Karriereberaterin.

Entscheidend sei daher, sich im Vorhinein klarzumachen, was Ziel und Absicht der Tests sind. Interessierte sollten sich beim Ausfüllen immer ehrlich positionieren und auch Schwächen eingestehen. Gulder empfiehlt, sich am besten mehrere Einschätzungen einzuholen. Am Ende fügten sich dann alle Ergebnisse in einem Gesamtbild zusammen.

Das Angebot an Berufsorientierungs- und Persönlichkeitstests, analog wie digital, ist umfassend. Viele Tests sind gratis. Kosten entstehen meist erst, wenn persönliche Beratungsleistungen ins Spiel kommen. Aber wann bringt mich ein Test wirklich weiter? Woher weiß ich, ob er seriös aufgebaut ist?

Für Persönlichkeitstests haben psychologische Fachverbände Kriterien zur Beurteilung geschaffen. „Für Laien ist die Qualität von Tests allerdings sehr schwer zu beurteilen“, sagt Schuler. Deswegen sei es kompliziert, die Nutzbarkeit pauschal zu bewerten. Bei Berufsorientierungstest komme es auf die sogenannte soziale Validität an – sprich das Maß, in dem der Test eine für die Teilnehmer informative und für ihre Entscheidung hilfreiche Situation schafft. „Die Ratsuchenden sollen nicht nur ein vergnügliches spielerisches Verfahren mit eventuellen geringem Bezug zu den Berufsanforderungen durchlaufen, sondern in die Lage gebracht werden, ein Studium oder eine Ausbildung zu wählen, die sie wirklich interessiert“, erklärt Schuler.

Ob ein Test eine Bedeutung für den weiteren Karriereweg hat, hänge auch damit zusammen, wie viel man hineininterpretiere und welche Aussagekraft dem Test beigemessen werde. Gute Tests könnten ganz wesentlich dazu beitragen, dass Menschen und Berufe gut zusammenpassen, wie durch die einschlägige Literatur belegt werde, so Schuler. Bei internetgestützten Orientierungstests sei die Evaluation aber grundsätzlich schwieriger, weil die Durchführung anonym erfolge.

Den einen, optimalen Zeitpunkt für die Anwendung eines Analyse-Werkzeug gibt es nicht. Manchmal ist ein solcher Test sinnvoll, um den ohnehin schon favorisierten Weg zu bestätigen. In anderen Fällen hilft ein Fragebogen, eine entscheidende Tendenz einzuschlagen. „Je jünger ein Mensch ist, desto wichtiger eine gut überlegte Weichenstellung, da die getroffene Entscheidung eine Richtung für den Rest des Lebens legen kann“, sagt Gulder.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort