Seltener Ausbildungsberuf Auf der Jagd nach Krabbeltieren

Oberursel/Essen · Vor dem Besuch von Ungeziefer ist niemand gefeit. Schädlingsbekämpfer schützen Menschen, Tiere, Pflanzen und Gebäude vor Parasiten aller Art. Ein Beruf für Unerschrockene mit Fachwissen und Kommunikationstalent.

  Luis Blumenstein, der sich im dritten Jahr seiner Ausbildung zum Schädlingsbekämpfer befindet, befreit die Küche ­eines Restaurants von Schaben.

Luis Blumenstein, der sich im dritten Jahr seiner Ausbildung zum Schädlingsbekämpfer befindet, befreit die Küche ­eines Restaurants von Schaben.

Foto: dpa-tmn/Frank Rumpenhorst

Wenn Luis Blumenstein und seine Kollegen gerufen werden, müssen sie Detektivarbeit leisten. Schaben in der Küche, Motten im Mehl oder Wanzen im Bett: Es gibt viele Orte, an denen Schädlinge ihr Unwesen treiben können. Blumenstein macht bei der Vogt + Sommer GmbH im hessischen Oberursel eine Ausbildung zum Schädlingsbekämpfer und ist in solchen Fällen zur Stelle. Zuerst werde die Stärke des Befalls überprüft und dann entschieden, wie vorgegangen wird, erzählt der 27-Jährige. „Das ist ein hochinteressanter Beruf.“ So gehörten zum Beispiel Taubenabwehr sowie Holz- und Pflanzenschutz zum weiten Aufgabenfeld der Fachkräfte.

Bei der Bekämpfung von Schädlingen spielt der Umweltschutz eine große Rolle. Bärbel Holl vom Verein zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung sagt: „Wir überlegen: Welches Mittel brauche ich wirklich, um das Problem zu lösen?“ Das bedeutet: Giftige Stoffe werden nur eingesetzt, wenn es unbedingt nötig ist.

Mitbringen sollten angehende Schädlingsbekämpfer großes Interesse Themen aus Biologie und Chemie, sagt Christine Schröder, Leiterin des Bildungsgangs Schädlingsbekämpfer am Hans-Schwier-Berufskolleg in Gelsenkirchen. „Man sollte keine Scheu und keinen großen Ekel vor Krabbeltieren haben.“ Im ersten Lehrjahr stehen Arbeitsschutz, Gesundheits- und Vorratsschutz sowie die biologischen Grundlagen im Mittelpunkt. Hier geht es laut Christine Schröder vor allem um Gesundheitsschädlinge wie Schaben und Schadnager. Im zweiten Lehrjahr werde der Holz- und Bautenschutz vertieft.

„Einen großen Platz nehmen Tauben, Käfer und Motten sowie Krankheiten ein, die von den verschiedenen Schädlingen übertragen werden können“, erklärt Schröder. Ebenso stehe Pflanzenschutz auf dem Stundenplan. Angehende Schädlingsbekämpfer trainieren zudem die Kommunikation mit Kunden. Wichtig bei der Beratung seien Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen, sagt Bärbel Holl. Schädlingsbefall sei für viele ein sensibles Thema.

Es sei spannend, Bereiche zu sehen, in die man sonst keinen Einblick habe, findet Luis Blumenstein. „Man kann hinter die Kulissen gucken.“ Schädlingsbekämpfer werden dabei mit menschlich Schicksalen konfrontiert – etwa in verwahrlosten Häusern oder bei Tatortreinigungen. „Man kommt manchmal in Wohnungen, in denen Zustände herrschen, die einen betroffen machen“, sagt Blumenstein.

Bei ihrer Arbeit müssten Schädlingsbekämpfern stets strategisch vorgehen, erklärt Christine Schröder. Sie müssten herausfinden, um welche Organismen es sich handele, wo sie sich aufhielten und wie man sich vor ihnen schützen könne. Berührungsängste hat Luis Blumenstein dabei keine. „Ich bin ja mit dem Beruf groß geworden“, erklärt er. Der Betrieb, in dem er seine Ausbildung macht, wird in dritter Generation von seinem Onkel geführt. Dort wolle er auch künftig arbeiten.

Ungeziefer hätten nicht immer mit Dreck zu tun, erklärt Schröder – und schon gar nichts mit sozialem Status. „Dem Schädling ist es egal, ob Schnellimbiss oder 5-Sterne-Hotel, alle kann es treffen.“ Aus diesem Grund suchen viele Betriebe Fachpersonal.

Eine Berufsschule für die dreijährige Ausbildung gibt es neben Gelsenkirchen noch in Berlin. Viele Schädlingsbekämpfer machten sich nach der Ausbildung selbstständig, berichtet Schröder.

(dpa)
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