Serie Museen im Saarland Als der Bäcker noch neben dem Ofen schlief

Das Bäckerei-Museum in Ottweiler gibt es seit 2012. Es zeigt mehr als 250 Exponate, rund 1000 hat es insgesamt in seinen Archiven.

Wenn Claudia und Roland Schaefer über das Bäckereimuseum sprechen, dann wird die Begeisterung für das alte Handwerk in jedem Satz spürbar. Zugleich ist da aber auch ein bisschen Wehmut – denn, das Handwerk, sagt Claudia Schaefer, eigentlich gelernte Krankenschwester und durch die Liebe zu ihrem Mann vor über 40 Jahren zur Bäckerei gekommen, „stirbt langsam, aber sicher, aus“. Dabei, auch das zeigt der Blick in das Museum mitten in der Ottweiler Altstadt, das am 23. Juni 2012 eröffnet wurde, hat sich gerade die Arbeit des Bäckers in den vergangenen 100 Jahren sehr stark verändert.

Ein Bild in der Backstube lässt erahnen, wie es um 1920 in der „stromlosen Backstube“ zuging. „Die Bäckereien sind ganz ohne Strom ausgekommen, selbst im Ofen stand eine Kerze, damit der Bäcker was sehen konnte“, erzählt Roland Schaefer. Er stammt zwar nicht aus der „ersten Bäckerei am Platze in Ottweiler“, blickt aber auf eine über Generationen vererbte Bäckergeschichte zurück. „Vieles kenne ich aus den Erzählungen meines Großvaters“, sagt er. Damals hatte die Bäckerei ihren Sitz in Niedersalbach bei Heusweiler. Für Roland Schaefer, der in Frankreich geboren wurde und mit sechs Jahren ins Saarland kam, gab es bei der Berufswahl keinen Zweifel: das Bäckerhandwerk. Der Liebe wegen, verrät er, hat er sich nach vielen gemeinsamen Jahren in Hirzweiler, mit seiner Claudia, die aus Ottweiler stammt, in der Residenzstadt privat niedergelassen. Dass beide im Museum wohnen, daran hätten sie beim Kauf des Anwesens im Jahr 1998 nicht im Entferntesten gedacht. Viele Jahre war Schaefer Innungsmeister, auch als die Innung ihren 100. Geburtstag feierte. „Wir hatten die Idee, eine kleine Ausstellung zu der Historie des Handwerks zusammenzustellen, sind dabei auf Bruno Stock aus Wiebelskirchen gestoßen“, erinnert er sich. Stock hatte in seinem Privathaus sehr viele Exponate zum Thema Bäckerhandwerk angesammelt, war über 40 Jahre lang auf Flohmärkten unterwegs. „Seine Frau Agnes hat ihn damals dazu ermutigt, die Sachen hier in einem Museum zu zeigen“, erzählt Schaefer.

Das denkmalgeschützte Haus aus dem Jahr 1764 im Altstadtensemble unmittelbar unter dem Wehrturm gelegen, war das perfekte Gebäude für das Museum. Einige Jahre hat es gedauert, bis schließlich aus der Bierlaune ein Museum wurde. Leider, sagt Schaefer, hat Bruno Stock die Eröffnung 2012 nicht mehr miterlebt, verstarb ganz plötzlich und unerwartet. Das Museum, betont Roland Schaefer, ist privat, es steckt viel Liebe, aber auch viel Arbeit in der Dauerausstellung mit mehr als 250 Exponaten – rund 1000 verwahrt Familie Schaefer insgesamt. Das älteste davon ist ein handschriftlicher Meisterbrief aus dem Jahr 1770.

Ganz so alt sind die ersten Ausstechformen, die in unterschiedlichen Größen in den Vitrinen gezeigt werden, nicht. „Besonders alt ist der Motiv-Stempel mit der Inschrift ‚INRI’“, erklärt Claudia Schaefer. Die Vitrine steht direkt hinter dem Laden, in dem es auch heute noch frisches Brot, Brötchen und Kuchen zu kaufen gibt. „Hier war früher die Konditorei, wir haben sogar noch einen ganz alten Schrank“, erklärt Roland Schaefer. Die große Backstube, die dahinter liegt, offenbart die Geschichte, die das Bäckerhandwerk durchlaufen hat. Mehrere Rühr- und Knetmaschinen, dazu unterschiedliche Teigteiler zeigen, wie ab den 1920er Jahren gearbeitet wurde. Über eine Treppe gelangt der Besucher ins erste Obergeschoss, hier fällt sofort die Sackausklopfmaschine ins Auge. „Damals wurden die Jutesäcke nicht gewaschen, sondern ausgeklopft. Das war aus hygienischen Gründen sehr wichtig“, erklärt Claudia Schaefer. Sie mag es besonders gern, wenn Schulklassen das Museum erkunden. In beiden Ausstellungsräumen gibt es unzähliges zu entdecken, Ehepaar Schaefer gibt gerne Auskunft, hat viel zu erzählen. „Ich habe bewusst nicht auf eine Chronologie bei der Anordnung geachtet, sondern möchte an den Maschinen und Exponaten erklären, wie der Bäcker vor 100, vor 70 oder vor 50 Jahren gearbeitet hat.“

Viele Exponate sind aus Holz – wie etwa die alten Backmulden, die von Küfern (Fassmacher) hergestellt wurden. Längst nicht alles, verrät Schaefer, ist aus edlem Eichenholz, oftmals wurden, aufgrund von Geldknappheit, auch Weichhölzer verarbeitet. Besonders für die Kinder ein Höhepunkt bei der Führung ist das kleine Schlafgemach gleich neben dem Ofen. „Hier hat der Bäcker die Nacht zugebracht, wenn er Sauerteig angesetzt hatte“, erklärt Roland Schaefer. Heute, so betont er, hat die Technik längst Einzug gehalten, auch in sein Unternehmen – und das ist auch gut so.

Mit der Zeit gehen und doch im Museum die alten Traditionen ehren – vielleicht auch ein bisschen Entschleunigung für die Produktion im Jahr 2019 mitnehmen, das ist den Schaefers gelungen. Aktuell wird im Museum im Obergeschoss gearbeitet, die Decke muss saniert werden. Doch eine Besichtigung nach Voranmeldung ist möglich. Im kommenden Jahr, das verrät Claudia Schaefer, wird sich das Paar aus dem Unternehmen ein Stück zurückziehen, an den Sohn übergeben – und auch er, betont sie, wird nicht nur die Bäckerei dann in der vierten Generation, sondern auch das Museum am Leben erhalten.

Infos bei Bäckereimuseum Ottweiler, Rathaus-Bäckerei, Rathausplatz 12, 66564 Ottweiler, Tel. (0 68 24) 22 28

Alle Serienteile zu den Museen im Saarland finden sich im Internet:

 Alte Ausstechformen gibt es zu bewundern.

Alte Ausstechformen gibt es zu bewundern.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Die Doppelläufige Rühr- und Knetmaschine ist aus dem Jahr 1935.

Die Doppelläufige Rühr- und Knetmaschine ist aus dem Jahr 1935.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Ein Teigteiler, der ganz ohne Strom funktionierte.

Ein Teigteiler, der ganz ohne Strom funktionierte.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Alte Teigrollen, Urkunden und Teigteiler.

Alte Teigrollen, Urkunden und Teigteiler.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Bei der Teigzubereitung schlief der Bäcker in der Backstube.

Bei der Teigzubereitung schlief der Bäcker in der Backstube.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Das älteste Exponat: Ein Meisterbrief aus dem Jahr 1770.

Das älteste Exponat: Ein Meisterbrief aus dem Jahr 1770.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Vieles gibt es in den Vitrinen zu entdecken.

Vieles gibt es in den Vitrinen zu entdecken.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Vieles gibt es in den Vitrinen zu entdecken.

Vieles gibt es in den Vitrinen zu entdecken.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Vieles gibt es in den Vitrinen zu entdecken.

Vieles gibt es in den Vitrinen zu entdecken.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Kunstvoll gestalteter Meisterbrief.

Kunstvoll gestalteter Meisterbrief.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Das Wappen der Bäckereien.

Das Wappen der Bäckereien.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Eine alte Kasse fand ebenfalls eine neue Bleibe.

Eine alte Kasse fand ebenfalls eine neue Bleibe.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Vieles ist original erhalten in der Rathaus-Bäckerei, die das Museum beheimatet.

Vieles ist original erhalten in der Rathaus-Bäckerei, die das Museum beheimatet.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Roland Schaefer hat das Fahrrad liebevoll restauriert.

Roland Schaefer hat das Fahrrad liebevoll restauriert.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
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