Serie Lebenswege Asante Sana: Ein Dank auf Kisuaheli

Püttlingen · Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Sr. Electa, geborene Hedwig Klara Schneider.

 Schwester Electa führte ein aufopferungsvolles Leben in der Kongregation der Missionsschwestern vom Kostbaren Blut.

Schwester Electa führte ein aufopferungsvolles Leben in der Kongregation der Missionsschwestern vom Kostbaren Blut.

Foto: unbekannt

Schwester Electa Schneider, geborene Hedwig Klara, wurde am 1. Juni 1933 in Püttlingen als drittes von sechs Kindern des Chemielaboranten Johann Schneider und der Hausfrau Luzia geboren. Am Gründonnerstag 2020 wurde Schwester Electa krank. „Eine Woche später wurde sie in aller Stille heimgeholt zum ewigen Osterfest. Wir wissen nicht sicher, was die eigentliche Todesursache war, denn ein Coronatest war negativ.“ Das schreibt ihr Mutterhaus, das Missionskloster „Heilig Bloed“ in Aarle-Rixtel/Niederlande, gestrafft im Nachruf.

Martha Noh, ihre Schwester, die in Püttlingen wohnt, vermutet aber eine Covid 19-Erkrankung, denn: „Drei Wochen vor ihrem Tod hat mir meine Schwester noch eine fröhliche Osterkarte geschrieben.“ Darin stand: „Dafür, dass ich 87 bin, geht es mir ziemlich gut.“ Wenn ein Mensch, sei er auch betagt, sozusagen aus heiterem Himmel verstirbt und dazu in der Ferne, ist das „ein eigenartiges Gefühl“, sagt die Schwester der Verstorbenen. „Ich habe ja den Tod meines Mannes, meiner Eltern und der Geschwister hautnah erlebt. Hier habe ich erst viel später kapiert, dass ich nie mehr mit ihr reden kann.“

Doch es bleiben Erinnerungen und die persönliche Geschichte von Electa: In den 50er-Jahren trat die damals 20-jährige Hedwig Klara in die Missionsschule Neuenbeken bei Paderborn und in die Kongregation vom Kostbaren Blut ein. Martha Noh, damals mit Mädchennamen Schneider, war als Nesthäkchen der Familie acht Jahre und erlebte die ältere Schwester in deren knappen Semesterferien relativ unvertraut. „Das Verhältnis zu ihr hat sich mit den Jahren stark verbessert, auch durch den regen Briefkontakt und ihre Besuche“, sagt sie.

Bis dahin war viel geschehen: 1960 legte Schwester Electa ihre Erste Profess, 1963 ihre Ewige Profess (Ordensgelübde) im Provinzhaus Riruta in Nairobi ab. Zwei Monate später erhält sie ihre Missionsbestimmung. Erstes Einsatzgebiet war die ostafrikanische Provinz. Sie arbeitete auf der Insel Pemba in Tansania vier Jahre als Volksschullehrerin. Dann vervollständigte sie ihre Ausbildung unter anderem mit dem Abschluss der Handelsschule, in der sie etwa Stenografie, Maschinenschreiben und englische Buchführung erlernte. Ihr liebstes Steckenpferd blieb die Sprache Kisuaheli: „Sie verwendete gerne Ausdrücke davon bis in ihr hohes Alter“, schreibt der Konvent im Nachruf. Dann arbeitete Schwester Electa in Afrika als Sekretärin, Oberin, Provinzassistentin, Korrespondentin und Administratorin beim Aufbau eines Krankenhauses in Turiani/Tansania. „Schwester Electa liebte ihre Arbeit, besonders auch, weil das Krankenhaus für viele arme Menschen sorgte, wie zum Beispiel für das Nomadenvolk, die Massai. Dabei war sie stets sanft, nachdenklich, mitfühlend. Es muss ihr wohl auch körperlich einiges abverlangt haben, immer wieder von dem kalten Kifungilo, das man die Schweiz Ostafrikas nennt und das über 2000 Meter hoch gelegen ist, in das feuchtheiße Tropenklima von Turiani zu wechseln“, ist im Nachruf zu lesen.

 Die Schwarzweißfotografie zeigt Schwester Electa am Tag ihrer Ersten Profess am 2. Februar 1960 einge- kleidet als „Braut Christi“.

Die Schwarzweißfotografie zeigt Schwester Electa am Tag ihrer Ersten Profess am 2. Februar 1960 einge- kleidet als „Braut Christi“.

Foto: unbekannt

Ihre Verbindung zur Heimat hat sie nie verloren. „Während ihrer Afrikazeit konnte sie ja nur alle zehn Jahre heim“, sagt Martha Noh. Ab 2003, als Electa ins holländische Mutterhaus zurückkehrte und dort viele Jahre die Aufgabe der Sekretärin des Hauses und der niederländischen Region übernahm, kam sie alle zwei Jahre nach Püttlingen. Während ihrer Missionstätigkeit gab es eine enge Verbindung zur Gemeinde St. Bonifatius Püttlingen. „Man kann der Kirchengemeinde nicht genug danken, die die Arbeit meiner Schwester tatkräftig mit Geld- und Sachspenden unterstützt hat“, sagt Noh. Klaus Brust, ehrenamtlich aktiv im Dienst der Kirchengemeinde, bestätigt: „Die Hilfe für Schwester Electa war für uns bereits 1982 Anlass, einen Adventsbasar rund um die Pfarrkirche zu eröffnen und ist bis zum heutigen Tag nicht abgerissen, nach ihrem beliebten Sinnspruch aus der Bibel: Verweigere dich nicht dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag!“

Der Konvent schildert Electa als Frau der Stille und des Gebetes. Ihre Schwester in Püttlingen ergänzt: „Sie hat immer gesagt: Man muss viel zum Heiligen Josef beten für eine gute Sterbestunde. Die hat sie sich mit ihrem aufopferungsvollen Leben auch verdient.“ Der Konvent beschließt den Nachruf mit „Asante Sana“, einem Dank auf Kisuaheli: „Wir kennen Schwester Electa als gediegene, fleißige, verlässliche, verständnisvolle, liebenswürdige und stets zum Helfen bereite Mitschwester. Sie hatte Sinn für Humor und lachte gerne. Zeitlebens war sie ihren Schulfreundinnen verbunden. Zu ihrer Familie unterhielt sie lebendigen Kontakt und eine liebevolle Beziehung. Wir werden sie sehr vermissen.“

Auf der Seite „Momente“ stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Online unter saarbruecker-­zeitung.de/lebenswege

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