Lebensweg Erich Decker Seine ersten Geschenke hat sie noch

Riegelsberg · Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Erich Decker.

 Das Hochzeitsfoto von 1970 – Brunhilde Schneider-Decker und Erich Decker haben es in einem Fotostudio aufnehmen lassen.

Das Hochzeitsfoto von 1970 – Brunhilde Schneider-Decker und Erich Decker haben es in einem Fotostudio aufnehmen lassen.

Foto: Familie Schneider-Decker/Fotostudio Hirsch Heusweiler

(dg) „Er war ein lieber, guter Mann“, sagt Brunhilde Schneider-Decker über ihren Ehemann Erich Decker, der nur wenige Monate vor seinem 80. Geburtstag verstorben ist. Erich Decker kam am 20. Juli 1939 in Merchweiler als zweites Kind des Schreiners Julius Decker und dessen Ehefrau, der Wirtin Else Decker, geborene Scheidel, zur Welt. Er hatte eine zwei Jahre ältere Schwester Gertrud (verheiratete Marcinkowski), die heute noch in Saarbrücken lebt.

Erich Decker wuchs in Heiligenwald auf, wo er zur Schule ging und seine Liebe zum Fußball entdeckte. Von klein auf jagte er dem runden Leder nach. Zuerst beim SC Heiligenwald, dann in der Jugend des 1. FC Saarbrücken und später beim ATSV Saarbrücken. Nach seiner Aktivenzeit trainierte er die Jugend des ATSV und die 1. Mannschaft des SV Hirzweiler. Zudem spielte er noch viele Jahre in der Hobbymannschaft der Saartoto-Gesellschaft. Nach seiner Schulzeit hatte Erich Decker 1954 bei der Saarbrücker Bruch-Brauerei eine Lehre begonnen und als Brauer und Mälzer erfolgreich abgeschlossen. Bis zu seiner Pensionierung 1999 blieb er der Brauerei treu.

Am 27. September 1966 hatte er beim Saarbrücker Oktoberfest in einem Festzelt am alten Hafen die damals 18-jährige Brunhilde Schneider aus Riegelsberg kennengelernt, die dort mit ihrem Vater Emil und ihrer Mutter Gretel einen schönen Abend verbringen wollte. Auch Erich Decker hatte das vor. „Erich hatte freitags immer seinen Herrentag und war einen Trinken gegangen“, erzählt Brunhilde Schneider-Decker. Das Schicksal wollte es, dass er direkt neben Brunhildes Vater einen freien Platz fand und mit Emil Schneider ins Gespräch kam. „Er erzählte meinem Vater, dass er solo sei, aber gerne eine Freundin hätte. Aber es dürfe kein Mädchen aus der Stadt sein, die wären ihm zu aufgetakelt“, erzählt Brunhilde schmunzelnd. Sie selbst saß ein paar Meter weiter und flirtete gerade mit einem anderen jungen Mann. Aber sie war Erich längst aufgefallen, und er fragte ihren Vater, „wer das Mädchen da hinten sei“. „Meine Tochter!“, sagte Emil Schneider und Erich Decker antwortete: „Die gefällt mir!“, erzählt Brunhilde weiter.

Erich rief Brunhilde zu sich und ließ nicht mehr locker. Er fuhr Brunhilde, ihren Vater und ihre Mutter sogar mit seinem Auto nach Hause, und Brunhilde war nicht nur von ihrem Kavalier, sondern auch von dessen Auto begeistert. „Ein roter Karmann Ghia, mit offenem Verdeck!“, schwärmt sie noch heute. Jedenfalls wurde es ein langer Abend. Erst am Samstagmorgen, gegen fünf Uhr, verabschiedete sich Erich, nicht ohne zu versprechen, dass er wiederkommen werde und Brunhilde zum Essen mit nach Saarbrücken nehmen wolle. „Ich dachte nicht, dass er wiederkommt, aber dann kam tatsächlich der rote Karmann Ghia die Überhofer Straße runter. Ich bekomme heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke“, erzählt Brunhilde.

Es wurde ein schöner Abend in der Winterbergalm, und am Sonntag begleitete sie Erich zum Fußballspiel, wo er sie als seine Freundin vorstellte. Drei unvergessliche Tage im September 1966 also! Und bereits zwei Monate später sprach Erich Decker von Heirat. Noch zögerte Brunhilde: „Ich sagte, du kennst mich doch noch gar nicht richtig.“ Doch als Erich sie an Weihnachten mit Geschenken überhäufte, wusste Brunhilde, dass er es ernst meint. Die Geschenke von dieser ersten gemeinsamen Weihnacht hütet sie noch heute wie einen Schatz.

Am 20. März 1970 wurde in der katholischen Kirche St. Matthias kirchlich geheiratet, Erich Decker zog zu Brunhilde in deren Elternhaus in der Überhofer Straße, die Ehe blieb kinderlos.

Die große Leidenschaft Erich Deckers war neben Fußball das Reisen. Brunhilde Schneider-Decker erinnert sich an viele wunderschöne Urlaube mit Reisen nach Mallorca, Gran Canaria, Madeira, Tunesien und Griechenland. „Allein auf der Insel Rhodos waren wir zehn Mal“, erzählt sie. Zu Brunhildes 60. Geburtstag am 30. Dezember 2007 schenkte Erich seiner Frau eine dreiwöchige Kalifornienrundfahrt. „Wir waren in Los Angeles und Santa Barbara, machten einen Abstecher nach Santa Fe in New Mexico und in den Grand Canyon in Arizona – es war ein Traum“, schwärmt sie noch heute. Es war ihre letzte große Auslandsreise, denn nur zwei Jahre später diagnostizierten die Ärzte bei Erich Decker Prostatakrebs. Es folgte eine jahrelange Tour durch viele Krankenhäuser. Im Herbst 2018 verschlechterte sich Erich Deckers Zustand zusehends. „Er konnte nichts mehr essen, hatte richtig Ekel davor“, sagt seine Ehefrau. Medikamente und Chemo-Therapie lehnte Erich Decker ab, so dass es am Ende sehr schnell ging.

„Am 26. März dieses Jahres, einem Dienstag, kam er in ein Pflegeheim auf dem Rastpfuhl, dort starb er nur einen Tag später, am 27. März um 12.30 Uhr“, sagte Brunhilde Schneider-Decker. Bestattet wurde ihr Ehemann auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof an der Goldenen Bremm. „Es war eine sehr schöne Beerdigung, alle seine Verwandten, Freunde, ehemaligen Arbeitskollegen und Fußballkameraden waren da“, erinnert sich Brunhilde Schneider-Decker.

Und die ehemaligen Fußballkameraden von der Toto-Gesellschaft wollen ihrem Erich am 20. Juli – seinem 80. Geburtstag – eine besondere posthume Ehre erweisen und im Naturfreunde Haus Kirscheck eine Gedenkfeier veranstalten.

Auf der Seite „Momente“ stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Online unter saarbruecker-­zeitung.de/lebenswege

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