„Eine ungewöhnliche Frau“

Ottweiler · Christel Waltzinger

 Christel Waltzinger

Christel Waltzinger

Foto: privat

Christel Waltzinger, geb. Steppat, wurde am 12. Januar 1929 in Königsberg in Ostpreußen geboren. Sie hat zwei jüngere Brüder. Hans wurde 1932, Horst 1935 geboren. Der Vater Gerhard war Verwaltungsangestellter, die Mutter Meta versorgte die Kinder und den Haushalt.

1937 - inzwischen war der Vater zur Wehrmacht eingezogen worden und arbeitete mit einer Pioniereinheit am Westwall - übersiedelte die Familie ins damalige Saargebiet und lebte in Niederlinxweiler. Nähere Einzelheiten über die Aufgaben des Vaters sind nicht bekannt.

Die kleine Christel besuchte in Niederlinxweiler die Grundschule. Sie war musikalisch begabt, wäre gerne Musiklehrerin geworden, besuchte von 1943 bis 1945 ein Lehrerseminar in Speyer. Doch aus ihrem Berufswunsch wurde nichts. Ihre Kinder, Sohn Hans Joachim, Jahrgang 1956, von Beruf Betriebswirt, Sohn Andreas, Jahrgang 1958, von Beruf Architekt, seine Frau Heike, Tochter Martina, Lehrerin, Jahrgang 1962, und ihr Ehemann Wolfgang, Bergbauingenieur, und ich sitzen im Familienhaus in Ottweiler zusammen und die Familie erzählt aus dem Leben einer ungewöhnlichen, hilfsbereiten Frau und Mutter.

Die Familie erlebte den Krieg im damaligen Saargebiet. Jeden Tag Bombenangriffe. Kriegsende 1945. Not und Elend überall. Den Berufwunsch Musiklehrerin kann sie nicht realisieren. Sie arbeitet erst bei einem Bauern, hilft dann im Haushalt einer Frauenärztin, bei der sie schließlich als Arzthelferin in der Praxis angestellt wird, obwohl sie keine entsprechende Ausbildung absolviert hat. "Man war mit ihr zufrieden. Sie war sehr angesehen. Sie war eine hübsche junge Frau", erzählt Hans Joachim. Ihre Tochter Martina sagt: "Sie hatte Ausstrahlung. Ihr großes Hobby war die Musik. Sie spielte Klavier: Beethoven und Chopin. 1953 heiratete sie einen Verwaltungsangestellten. Die Ehe wurde 1954 geschieden."

Sohn Joachim: "Sie hat nie viel über diese Ehe erzählt. 1955 lernte sie in einem Café in Saarbrücken Helmut, ihren späteren Mann, kennen. Sie heirateten am 21. Juli 1955. Sie war überzeugte protestantische Christin. Christliche Werte wie Nächstenliebe, Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft waren ihr wichtig. Die Braut trug zur Hochzeit ein schwarzes Kostüm. Die Hochzeitsreise ging nach Koblenz. Sie mussten sparen."

Das junge Paar zog mit den beiden kleinen Söhnen Hans Joachim und Andreas in eine Wohnung in einem Reihenhaus, das die Großmutter gebaut hatte. Das Haus wurde bald zu eng. Die junge Familie entschloss sich, ein eigenes Haus zu bauen. 1967 zog die Familie ein. Mutter Christel versorgte den Haushalt und die Kinder und arbeitete im Akkord in einer Fabrik. Sohn Andreas: "Das Haus musste finanziert werden. Sie arbeitete zwanzig Jahre in der Fabrik." Tochter Martina: "Als sie wieder arbeiten gehen musste, wollte sie eigentlich den Beruf der Krankenschwester erlernen. Die Arbeit mit Menschen machte ihr Freude. Aber die Oberschwester im Krankenhaus hat ihr das ausgeredet und wollte ihre Bewerbung nicht annehmen. Sie wäre eine tolle Pflegerin geworden. Sie war die beste Mutter, die man sich wünschen kann. Sie verwöhnte uns. Nie gab es ein böses Wort. Immer war sie für uns da. Sie war morgens die erste und abends die letzte. Unser Vater war ein CDUMitglied. Und wir waren nicht immer seiner Meinung, nicht nur, wenn es um Politik ging. Und dann war da noch die Musik, ihr großes Hobby. Sie konnte wunderbar Klavier spielen. Sie spielte auf einem ,Waltzinger´-Klavier. Ihr Schwiegervater war Klavierbauer. Er hatte es gebaut."

1988 hörte sie auf zu arbeiten. Das Haus war finanziert. 1996 wurde ihr Sohn Hans Joachim Vater. Enkelsohn Philippe wurde geboren. Die Beziehung ging auseinander. Oma Christel kümmerte sich um ihren Enkel Phillippe, wann immer er zu ihr kam. Sie nannte ihn: "Mein goldiger Goldfasan!" Sohn Hans-Joachim: "In den 80er Jahren wollte sie unabhängiger werden. Sie ging in eine Fahrschule, machte ihren Führerschein, lernte englisch. Sie kümmerte sich um den großen Garten hinter dem Haus."

Sohn Andreas: "Seit den 80er Jahren hatte sie Bandscheibenschmerzen. Die schwere Akkordarbeit hatte Folgen. Aber ihr Optimismus blieb." Auch ihr Ehemann hatte inzwischen gesundheitliche Probleme. Er war ein Dialysepatient, starb am 10. Juni 2010. Und auch Ehefrau Christel musste immer öfter ins Krankenhaus wegen ihrer schweren Gefäßverkalkungen. Sohn Hans Joachim erzählt: "Wenige Tage vor ihrem Tod lag sie wieder im Krankenhaus in Ottweiler. Sie sagte: ,Ich will nach Hause.´ Sie ließ nicht locker. Wir holten sie. Wir waren bei ihr. Als sie starb, hielten mein Bruder Andreas und ich je eine Hand von ihr."

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