„Ein ungewöhnlicher Mann“

Wadgassen/Völklingen · Rüdiger Maul

 Rüdiger Maul

Rüdiger Maul

Foto: privat

Wadgassen/Völklingen. Rüdiger Maul wurde am 28. Juni 1940 in Erfurt in Thüringen geboren. Er hat zwei Schwestern. Renate, Jahrgang 1939, und Agnes, Jahrgang 1945. Der Vater Hermann Maul war ein katholischer Priester, der sich aber von der Kirche getrennt hatte und mit Elisabeth Mäurer, der Mutter der Kinder, in Erfurt lebte und dort bei der Post arbeitete. 1940 wurde der Vater nach Warschau versetzt. Die Familie zog 1943 zurück nach Erfurt. 1946 wurde Rüdiger in Erfurt eingeschult. Und 1949 übersiedelte die Familie nach Saarbrücken und der kleine Rüdiger wuchs bei seiner blinden Oma Sophie, die Halbjüdin war, in einer Zweizimmerwohnung auf. Er besuchte ab 1950 eine Mittelschule in Saarbrücken. Der Vater und die Mutter - die näheren Umstände sind nicht bekannt - ließen die drei Kinder in Saarbrücken zurück.

Der Vater ging in den Osten, die Mutter verschwand irgendwo im Westen Deutschlands. Die Kinder hatten nie wieder Kontakt zu ihren Eltern.

Rüdiger Maul, der ein erfolgreicher Geschäftsmann und Inhaber der angesehenen Werbeagentur acpress GmbH wurde, hat über diesen schlimmen Schnitt in seinem Leben nie viel gesprochen. Der einzige familiäre Kontakt der Kinder war die blinde Oma Sophie Mäurer.

Rüdiger Mauls Frau Karin, Rufname "Katchen", sein Freund Andreas Krüger, Petra Ihme, die geschäftsführende Gesellschafterin der Werbeagentur acpress, die er 1979 gründete und zum Erfolg führte, und ich sitzen im Eigenheim der Eheleute Maul in Völklingen zusammen und reden über einen ungewöhnlichen Mann, der am Schicksal seiner Mitmenschen Anteil nahm, der half, wo er konnte. "Und immer irgendwie gut gelaunt war", erzählt seine Frau Katchen.

Die Mittelschule hatte er mit 14 Jahren verlassen, eine Lehre als Dekorateur in Saarbrücken 1958 als Landessieger im alljährlichen Berufswettkampf abgeschlossen. Nun zeigte der 18-jährige, was er drauf hat, beruflich und überhaupt. Später hat er erzählt: "Ich ging durch die Saarbrücker Bahnhofstraße und fragte in allen Geschäften, ob sie nicht einen guten Dekorateur brauchten." Man brauchte. Er wurde eingestellt im damals bekannten Herrenausstattungsgeschäft Leimbach & Klein, als Chefdekorateur. Doch Rüdiger Maul war ein echtes Mehrfachtalent. Er konnte gute Texte schreiben, strategisch denken und planen, war ein guter Beobachter, konnte auf Menschen zugehen und sie überzeugen. 1972 wurde er Abteilungsleiter bei der Rechtsschutzversicherung VIA in Saarbrücken, verantwortlich für Marketing und Werbung. Bei VIA lernte er auch "Katchen" kennen. Er interessierte sich für Geschichte, für Musik, vor allem für Klassik, Mozart und Beethoven, war ein leidenschaftlicher Briefmarken- und Münzensammler.

1979 gründete er zusammen mit fünf Gesellschaftern die Werbeagentur acpress. Ehefrau "Katchen": "Es begann in einer Zwei- Zimmerwohnung in Saarlouis. Die Agentur wuchs schnell. Er war der alleinige Geschäftsführer, der Ideengeber, auch der Umsetzer. Ein Kontaktmensch. Vor allem Banken und Dienstleister wollten von den Ideen und der Kreativität der Agentur profitieren."

Die Beziehung zu ,,Katchen" wurde immer fester. Rüdiger Maul hatte einen Sohn aus erster Ehe, der 1960 geboren wurde. 1982 wurde die erste Ehe geschieden. Und Rüdiger Maul heiratete zum zweiten Mal in der Ludwigskirche in Saarbrücken seine Karin. "Gefeiert wurde im kleinen Kreis und eine Hochzeitsreise fiel aus". Die Hochzeitsreise wurde jedoch nachgeholt, mehrfach. Sein Freund Andreas Krüger reicht einen Zettel rüber, auf dem steht, wo das Ehepaar dann überall hinreiste: Moskau, New York, San Fransisco, mehrfach nach Spanien und Italien, dann nach Hawaii, Australien, Kanada, Ägypten, Dubai, und, und, und.

Die Agentur wuchs. Siebzehn Mitarbeiter arbeiteten für acpress. "Und weil wir keine eigenen Kinder hatten, sagte er immer wieder zu seinen Mitarbeitern: ,Ihr seid meine Kinder'. Petra Ihme, die Geschäftsführerin der Agentur, sagt: "Zu mir sagte er: ,Du, Ihme'.

Aber wenn es kritisch wurde: ,Frau Ihme'. Am 29. Juni 2012, einen Tag nach seinem 72. Geburtstag, hielt er vor Kunden, Freunden und Mitarbeitern seine "Abschiedsrede". Er sagte: "Man hat mich mit zahlreichen Eigenschaften bedacht. Als grollenden Donnergott, als bekloppten Sammler, als Pfennig fuchsenden Geizhals, auch als großzügigen Verschwender, immer als gefürchteten Umbauer, als pingeligen Pedanten, aber auch als fürsorglichen Patriarchen. Welches Attribut zutreffen mag, überlasse ich Ihrem Urteil."

Rüdiger Maul hatte seit einigen Jahren Herzprobleme. Er starb an den Folgen einer Bypassoperation in der SHG-Klinik in Völklingen.

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