„Die Musik war sein Leben“

Dudweiler · Gerhard Keller hatte ein ungewöhnliches Talent.

 Gerhard Keller

Gerhard Keller

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Dudweiler. Gerhard Keller, Jahrgang 1937, wuchs in Dudweiler auf. Er ist der ältere von zwei Brüdern. Seine Eltern, der Bäckermeister Wilhelm Keller und seine Frau Magdalena, stammen ursprünglich aus Steinwerden in der Pfalz. Sie waren in den 30er Jahren nach Dudweiler gekommen und betrieben hier die stadtbekannte Bäckerei Keller.

1943 wurde der kleine Gerhard eingeschult in die Volksschule in Dudweiler. Schon als Kind musste er im elterlichen Betrieb helfen. 1947 wechselte er auf das Realgymnasium in St. Ingbert, dann in das Internat der Benediktiner. Latein und die strenge Disziplin in einem Ordensinternat, das war irgendwie nicht seine Sache. Seine Liebe galt schon als kleiner Junge der Musik. Auch das Benediktiner- Internat verließ er vorzeitig. Er sollte in das elterliche Geschäft eintreten und begann eine Konditorlehre in der Konditorei Thome in Quierschied. Gesellenprüfung 1954.Von 1954 bis 1956 absolvierte er noch eine Bäckerlehre im elterlichen Betrieb in Dudweiler, die er als landesbester Bäckergeselle 1956 abschloss. Er schaffte es sozusagen neben der Arbeit als Bäckergeselle, noch an der Musikhochschule in Saarbrücken zu studieren. "Die Musik hat ihn in seinen Bann gezogen. Er hatte eine sehr schöne Tenorstimmer, wollte eigentlich Opernsänger werden, hatte auch im Chor des Saarbrücker Staatstheaters mit gesungen und hatte sogar ein paar kleine Soloauftritte.", erzählt seine Frau Brigitte. Die beiden hatten sich 1956 kennen gelernt: "Er hat mich vor einem Kino angesprochen, einfach gefragt: ,Willste mal mit mir e Gläsje trinke?'" Sie wollte. Die Hochzeit war am 12. 6. 1957, in der katholischen Kirche St. Marien in Dudweiler, in der er Messdiener war. "Es war eine Muss- Ehe, aber wir haben es nie bereut", erzählt sie lächelnd. "Wir waren beide gerade zwanzig Jahre alt geworden. Unser Sohn Michael war unterwegs. Er wurde am zweiten Weihnachtsfeiertag 1957 geboren."

Er musste sein Studium in Saarbrücken abbrechen. Die Arbeit im elterlichen Café Keller war anstrengend genug. Doch die Musik, vor allem der Chorgesang, bestimmten sein Leben nach der Arbeit in der Backstube. Ein Jahr nach der Hochzeit gründete er den Schubertchor, dem er bis zu seinem Tod verbunden blieb, als Sänger und später auch als Dirigent. 1962 legte er im Bäckerhandwerk die Meisterprüfung ab, leitete dann eine Bäckerei in Ensheim, die er sechs Jahre lang führte. Er kehrte nach Dudweiler zurück, übernahm von seinen Eltern das Café Keller, das bald einer der Mittelpunkte seines Lebens werden sollte. Das Café Keller war nicht nur eine gut geführte Konditorei und Café, es war auch bald unter Musikfreunden eine angesagte Adresse in Dudweiler. Und auch die Kirchenmusik war ihm weiter wichtig. Er leitete zeitweilig vier Kirchenchöre."

Wahrscheinlich war diese Doppelbelastung auch einer der Gründe für seinen ersten gesundheitlichen Rückschlag. 1970 wurde sein zweiter Sohn Andreas geboren. "Wenig später erlitt er seien ersten Herzinfarkt", erzählt seine Frau Brigitte. Sein Sohn Michael: "Nun musste er langsamer treten. Seinen Beruf als Konditor- und Bäckermeister konnte er nicht mehr ausüben. Er schulte um, wurde nun Versicherungskaufmann, und übernahm 1978 dann eine Generalagentur."

Sein ungewöhnliches musikalisches Talent, auch seine Begabung, auf Menschen zuzugehen, sprachen sich bald herum. Er wurde Dirigent verschiedener Chöre, natürlich auch "seines" Schubertchores. Sie hatten große Auftritte, auch in Wiesbaden im Kurhaus anlässlich eines Festes der Allianz-Versicherungen. Seine Frau Brigitte: "Er sang, spielte Klavier und Orgel und dirigierte. Ohne Musik konnte er nicht leben. Und stolz war er, als 1988 sein Enkelsohn Christof geboren wurde. Er war ein überzeugter Opa."

1996 wurde Gerhard Keller pensioniert. Nun konnte er sich noch intensiver um sein "wahres Leben, die Musik" kümmern. Vom Fachverband Deutscher Berufschorleiter e.V. wurde er zum Chormusikdirektor ernannt.

Längst war man in der Szene auf ihn aufmerksam geworden. Er dirigierte den Männergesangverein Jägersfreude, den Liederkranz Elversberg, den Männerchor Ludweiler sowie die Kirchenchöre Herrensohr, Scheidt und Riegelsberg. Der Schubertchor ernannte ihn zum Ehrenchorleiter. Und die saarländische Landesregierung zeichnete ihn mit der Verdienstmedaille des Saarlandes aus.

Der Herzinfarkt hatte Spätfolgen. Er musste am Herz operiert werden. Hinzu kamen Probleme mit der Niere und rheumatische Beschwerden. Seit Mitte 2011 lag er im Krankenhaus Dudweiler, wurde mehrfach operiert. Zu seinem 75. Geburtstag am 13. Januar 2012 sang der Schubertchor für ihn im Krankenhaus. Sein Sohn sagt: "Im letzten Gespräch, das ich mit ihm führte, gab er mir zu verstehen, dass sein Lebenswille nicht mehr reicht."

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