„Die Familie war ihre Welt“

Freisen-Haupersweiler · Maria Cullmann aus Haupersweiler

 Maria Cullmann

Maria Cullmann

Foto: privat



Freisen-Haupersweiler. Maria Cullmann, Jahrgang 1925, wurde in Haupersweiler geboren und ist dort auch aufgewachsen. Sie hat drei Geschwister: Christina, Jahrgang 1920, Ludwina, Jahrgang 1923 und Herbert, Jahrgang 1927. Der Vater war Bergmann, arbeitete auf der Grube Reden, die Mutter versorgte den Haushalt und die kleine Nebenerwerbslandwirtschaft.

Die kleine Maria besuchte wie ihre Geschwister Dorfschule in Haupersweiler bis zur achten Klasse. Wir, ihre Tochter Sigrid und Ehemann Werner Schmitt, Tochter Jutta und Ehemann Oswin Welsch, Sohn Gerd Cullmann und Ehefrau Ingrid und ich, sitzen im Wohnzimmer des Hauses zusammen, das Maria Cullmann und ihr Ehemann Leo Cullmann in den frühen 50er Jahren in Eigenhilfe - oder wie man besser sagt, ,,auf saarländisch" - gebaut haben. Doch zunächst reden wir über die Kindheit und Jugend von Maria Cullmann, geborene Klein. 1940 - der Krieg hatte gerade begonnen - wurde die damals Vierzehnjährige zunächst zum Reichsarbeitsdienst eingezogen und später als Flakhelferin in Mannheim eingesetzt. Die Region Mannheim/Ludwigshafen war kriegswichtiges Industriegebiet und das Ziel alliierter Bombenangriffe. Nach Kriegsende arbeitete sie in Wiebelskirchen in der Gaststätte "Ratsschenke", war dort eine Art "Mädchen für alles", und sagte später, wie Tochter Jutta erzählt: "Dort habe ich den Papa kennen gelernt." Der Papa war Leo Cullmann, der als Metallarbeiter in Neunkirchen arbeitete, "auf Schicht", wie man damals sagte, "von morgens sechs Uhr bis 14 Uhr, und mittags von 14 bis 22 Uhr." Tochter Jutta sagt: "Sie haben am 6. Juli 1946 geheiratet. Das habe ich im Ehering abgelesen. Die kirchliche Trauung war in der katholischen Kirche St. Katharina im Nachbarort Oberkirchen." 1947 wurde Sohn Gerd, 1954 Tochter Sigrid und 1955 Tochter Jutta geboren. Die Kinder erzählen, dass "der Vater, wenn er nicht auf Schicht war, zu Hause bestimmt hat, und die Mutter hat vermittelnd gesagt: ,Ei jo.´ Sie hatte viel Verständnis für uns, hatte aber klare Regeln. Sie war überzeugte Christin, katholisch und sie sagte zu uns, dass wir keine Todsünde begehen sollten. Wir waren jeden Sonntag in der Kirche. Sie sagte, dass wir immer geradlinig durchs Leben gehen, und dass wir Eigenverantwortung übernehmen sollten. Und wir sollten einen Beruf lernen, das war wichtig", sagt Sohn Gerd, der eine Lehre als Werkzeugmacher abschloss. Tochter Sigrid absolvierte eine Lehre als Friseuse und Tochter Jutta lernte Schneiderin.

Haupersweiler ist ein Dorf mit 500 Einwohnern. Jeder kennt jeden. Man trifft sich in Vereinen. Maria Cullmann war Mitglied im Obst- und Gartenbauverein. Die Arbeit im Garten machte ihr Spaß und natürlich ernährte sie so auch die Familie mit eigenem frischen Obst und Gemüse. Und sie war im katholischen Frauenverein. Tochter Sigrid: "Die Familie war ihr Lebensinhalt. Toll waren die Familienfeste. Weihnachten waren wir alle zusammen. Sie konnte wunderbar kochen und backen." "Toll war ihr Käsekuchen", sagt Schwiegersohn Oswin Welsch. Tochter Sigrid: "Den Kuchen kriege ich heute noch nicht so hin wie sie." Und Sohn Gerd erzählt: "Die Geburtstage haben wir fröhlich gefeiert. Und sie wusste auch, was gut ist. Sie hat jeden Abend ein Glas Rotwein getrunken."

1980 starb ihr Mann. "Sein Herz blieb einfach stehen", sagt Tochter Sigrid. "Er hatte vorher schon einen Herzinfarkt. Er war kein gesunder Mann, hatte Kriegsverletzungen an Arm, Bauch und Brust. Er wurde 56 Jahre alt."

Maria Cullmann war 54 Jahre alt, als sie Witwe wurde. Sie hat nach einer Trauerzeit versucht, ihr Leben neu zu organisieren. Sie arbeitete weiter im Garten und im Haushalt, war für alle da. Aber sie fuhr auch mit dem Fahrrad, war unterwegs mit dem Musikverein und kümmerte sich um ihre Enkelsöhne, um Timo, der 1974, und um Christian, der 1978 geboren wurde. Enkelsohn Timo, der Krankenpfleger wurde und in Düsseldorf lebt, holte sie oft im Auto ab und brachte sie in seine Wohnung in Düsseldorf: "Sie war lebensbejahend, aber auf ihre kleine Welt eingeschworen."

Die kleine Welt? Das war ihre Familie, das war auch das Fernsehen: "Sie hat gerne politische Sendungen gesehen, wusste gut Bescheid, interessierte sich auch für Sport, für Fußball-Länderspiele." Enkelsohn Christian sagt: "Sie war die beste Oma, die man sich vorstellen konnte."

Bei einem Unfall - sie stürzte, als sie aus dem Auto ihrer Tochter Sigrid aussteigen wollte - verletzte sie sich. Sie lag im Krankenhaus. Eine Lungenentzündung kam hinzu. Tochter Sigrid erzählt: "Bei unserem letzten Besuch im Krankenhaus sagte sie: ,Es tut mir Leid, dass ich Euch jetzt verlassen muss.'"

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