Serie Lebenswege „Was wäre das Leben ohne Spinat?“
St Ingbert · Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Hans Oberhauser.
„Mein Mann war für mich wie ein Sechser mit Zusatzzahl“, sagt Christa Oberhauser über ihren vor sieben Jahren verstorbenen Ehemann Hans. Sie beschreibt ihn als einen Menschen, der sich durch seine ruhige, bescheidene, aber auch spitzbübische Art ausgezeichnet hat und den alle mochten.
Hans Oberhauser kam am 12. Oktober 1937 in St. Ingbert als zweiter Sohn des Ingenieurs Johann Oberhauser und dessen Ehefrau Alma, geborene Jung, zur Welt. Er hatte noch einen drei Jahre älteren Bruder, Horst, der 1989 durch einen Unfall ums Leben kam. Erst im Alter von acht Jahren wurde Hans in Rohrbach eingeschult – ein Jahr später als vorgesehen. „Er hat immer gesagt, er sei so zart und zierlich gewesen, dass man ihn noch ein Jahr ‚hüppen‘ ließ“, erzählt Christa Oberhauser.
Aufgrund seiner schulischen Leistungen übersprang Hans dann eine Klasse und wechselte 1948 auf das staatliche Gymnasium St. Ingbert, das er 1954 mit der Mittleren Reife verließ und dann drei Jahre lang die staatliche Wirtschaftsschule in Saarbrücken besuchte. 1959 machte er sein Abitur und studierte bis 1964 an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes in Saarbrücken Betriebswirtschaft. Die Uni schloss er als Diplom-Kaufmann ab, seine Diplom-Arbeit trug den Titel „Der Einfluss der Besteuerung auf die Betriebskonzentration“.
Der Berufsweg von Hans Oberhauser führte von 1964 bis 1972 über die Braun Boverie Companie Saarbrücken, von 1972 bis 1982 über die RVS Versicherungen Saarbrücken (später von Hanse Merkur übernommen) und von 1982 bis 1989 über die Saar Leasing AG Saarbrücken, wo er Leiter des Innendienstes war. Als diese ihren Firmensitz nach München verlegte, wollte Hans Oberhauser nicht mit in die bayrische Metropole gehen und nahm zwei Jahre Arbeitslosigkeit in Kauf, ehe er 1991 bei der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Saar-Universität eine neue Anstellung fand und 1997 in den vorgezogenen Ruhestand ging. „Es hat ihm gereicht. Er wollte jetzt sein Leben genießen, und als ich ihm geholfen hatte sein Büro auszuräumen und wir die Uni durch das große Tor verließen, lief im Autoradio das Lied ‚Time to say goodbye‘ – wie passend!“, erzählt Ehefrau Christa.
Sie stammt aus Gersweiler und hieß mit Mädchennamen Hönig. Hans Oberhauser lernte sie 1978 bei der Hanse Merkur-Versicherung kennen, wo er ihr Chef war. Von Verliebtheit war anfangs nichts zu spüren, im Gegenteil. „Er war ziemlich streng zu mir, aber als ich 1980 im Krankenhaus lag, besuchte er mich am Krankenbett und verabredete sich an Gründonnerstag 1980 erstmals mit mir zu einem privaten Treffen“, erinnert sich Christa Oberhauser. Die Art und Weise, wie er dieses Treffen organisierte, war typisch für Hans Oberhauser. „Er rief mich an und fragte ‚Essen Sie gerne Spinat?‘ Ich sagte übertrieben betont ‚Natürlich!“, und so lud er mich zum Essen ein. Jahre später, als Hans seinen Bruder Horst in Spanien besuchte, schrieb er Christa von dort eine Ansichtskarte und darauf stand nur ein Satz: „Was wäre das Leben ohne Spinat?“
Sechs Jahre waren die beiden ein Paar, ehe am 3. Oktober 1986 im Saarbrücker Rathaus geheiratet wurde. Auch der Heiratsantrag war ein typischer „Oberhauser“, wie Christa erzählt: „Ein paar Wochen zuvor sagte er beiläufig zu mir: ‚Übrigens, der Otto hat geheiratet, dann könnten wir doch auch heiraten gehen.‘“ Und als man am Tag der Hochzeit die Ringe tauschte, musste Christa Oberhauser feststellen, dass im Innern der Ringe nicht das Hochzeitsdatum eingraviert war, sondern der erste Tag ihrer Hochzeitsreise.
Das junge Ehepaar lebte im Elternhaus von Hans Oberhauser, in der Rohrbacher Detzelstraße. Die Ehe blieb kinderlos, da Christa Oberhauser nach einer schweren Krebserkrankung und einer Total-OP keine Kinder mehr gebären konnte. „Diese OP und mein einjähriges Leiden haben Hans sehr zugesetzt. Er hatte große Angst, dass ich sterbe und ihn allein zurücklasse. Als ich alles überstanden hatte, musste nicht er mich, sondern ich ihn wieder aufbauen“, sagt Ehefrau Christa. Sie erinnert sich an viele schöne Ehejahre: „Wir haben ja unglaublich viel zusammen gemacht. Alleine drei Mal im Jahr fuhren wir in Urlaub, immer in die Sonne, meistens nach Menton an der Côte d’Azur. Dort waren wir bestimmt 50- bis 60-mal“, berichtet Christa Oberhauser. Aber es ging auch nach Südfrankreich, auf die Kanaren, nach Tunesien, in die Türkei, Portugal oder Italien.
Im Urlaub frönte Hans Oberhauser seinen vielen Hobbys: Er fotografierte leidenschaftlich gerne, probierte und sammelte erlesene Weine und zeichnete mit seinem nahezu fotografischen Gedächtnis Hunderte von beeindruckenden Landschaftsaquarellen, die heute noch das Wohnhaus von Christa Oberhauser schmücken. „In jedem Urlaub malte er mindestens drei Bilder von unseren Urlaubsorten“, sagt Christa Oberhauser. Im Alter von 70 Jahren jedoch begann Hans Oberhauser körperlich abzubauen. „An seinem 75. Geburtstag waren wir wieder in Menton. Es ging ihm da sehr schlecht, und es war unser letzter Urlaub“, sagt Christ Oberhauser. Es folgten drei schwere Jahre mit Aufenthalten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, ehe Hans Oberhauser am 14. Mai 2015 an einer Lungenembolie starb und am 26. Mai 2015 in Rohrbach zu Grabe getragen wurde. Ihre Zeit mit Hans Oberhauser fasst Ehefrau Christa so zusammen: „Wir hatten 37 Jahre wunderschöne Jahre. Unsere Ehe war bunt und aufregend, und Hans war meine große Liebe.“
Auf der Seite „Momente“ stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Online unter saarbruecker-zeitung.de/lebenswege