„Der Glaube gab ihm Kraft“

St. Ingbert · Otto Schmid

 Otto Schmid

Otto Schmid

Foto: privat

Otto Schmid, Jahrgang 1930, wuchs in Rottenburg am Neckar auf. Sein Vater Robert Schmid war Dreher, die Mutter war Hausfrau und betreute die Kinder. Otto Schmid hat drei Brüder; Robert, Jahrgang 1927, Hermann, Jahrgang 1931, und Ernst, Jahrgang, 1945. Kurz vor Kriegsende - er war Mitglied der Hitlerjugend und trug eine braune HJ-Uniform - wurde er von französischen Soldaten gefangen genommen: Ein 14jähriger Schüler wurde Kriegsgefangner. 1945 wurde er aus der Gefangenschaft entlassen. Was nun? Es gab wenig zu essen, und das wenige nur auf Lebensmittelkarten.

Otto, damals 16 Jahre alt, arbeitete zunächst als Hilfslokführer, absolvierte dann eine Lehre als Werkzeugmacher und arbeitete dann von 1951 als Werkzeugmacher in Stuttgart. Als er einen Jugendfreund in Stuttgart besuchen wollte, traf er dort seine spätere Ehefrau Doris. Sie war seine große Liebe. Er studierte inzwischen Maschinenbau, machte 1955 sein Examen als Ingenieur. Und dann heirateten sie in der St. Nikolaus- Kirche in Stuttgart. Die Braut ganz in Weiß, er im feinen dunklen Anzug.

Ehefrau Doris, Jahrgang 1933, erzählt: "Der katholische Glauben war ihm wichtig. Und auch mir. Das war unser Lebensgerüst." Er arbeitete zunächst bei einer Automobil- Zulieferfirma in Altbach bei Stuttgart, dann ab 1960 als Betriebsleiter einer Gießerei in Stuttgart, und 1965 warb ihn die Automobil-Zulieferfirma, für die er schon gearbeitet hatte, ab und beauftragte ihn mit dem Aufbau eines Werkes im Saarland. 1967 siedelte dann die ganze Familie um nach St. Ingbert ins eigene "Häusle". 1957 waren Tochter Marion, 1960 Tochter Karin und 1964 Sohn Thomas geboren worden.

Otto Schmid war als Betriebsleiter erfolgreich. Und er war ein engagierter verständnisvoller, aber auch konsequenter Vater. Er forderte, er half , und er hatte Verständnis. In den Ferien fuhr die Familie in den Urlaub, nach Jesolo nach Italien, wie Tausende deutscher Familien damals, später auch nach Spanien - im VW-Käfer. Drei Kinder, zwei Erwachsene und dazu das Reisegepäck. Ehefrau Karin versorgte den Haushalt und die Kinder.

Der Betriebsleiter und Ingenieur Otto Schmid stellte arbeitslose Bergleute ein, half ihnen und motivierte sie. "Seine Lebensphilosophie", so hat es seine Tochter Karin aufgeschrieben, "bestand nicht nur aus Schaffen, sondern auch aus dem Leben mit und für seine Mitarbeiter. Er gründete einen Werkschor, in dem er mitsang. Er förderte den Werksfußballclub und eine Tennisgemeinschaft." Das gute Betriebsklima war ihm wichtig.

Als seine Tochter Marion nach einer Urlaubsreise ihren indischen Freund Mohan, der kein Wort Deutsch sprach, mitbrachte und dann heiratete, half er. Er stellte ihn ein. Und hieß ihn willkommen in der Großfamilie Schmid. Otto Schmid und seine Frau waren engagierte Großeltern von neun Enkeln und einem Urenkel. Auf drei DIN-A-4-Seiten, auf denen Tochter Karin für unser Gespräch das Leben ihres Vaters aufschrieb, liest man vor allem auch über seine Überzeugung und seinen Glauben: "Jedes Mal, wenn er große und bewegende Entscheidungen zu treffen hatte, betete er zum Heiligen Geist, dem er stets vertraute."

1985 dann ein Schicksalsschlag. Tochter Marion kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Tochter Karin: "Da erlebte ich eine Veränderung an ihm und meiner Mutter. Die Familien wurde nun immer mehr der Mittelpunkt seiner Lebens. Er unternahm mit seiner Frau, aber auch mit seinen Kindern und Enkelkindern, große und weite Reisen. Er öffnete damit seinen Lieben die Tore der Welt."

1987 musste er sich einer Herzoperation unterziehen. Sieben Bypässe wurden ihm gelegt. 1989 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 1990 wurde er pensioniert. Er ging wandern, fuhr mit dem Fahrrad, auch weite Strecken, besuchte an der Saarbrücker Universität Lesungen über Psychologie, Philosophie, las viel, sah sich im Fernsehen politische Sendungen und die Sportschau an, vor allem wenn sein Verein - er war immer noch ein Fan des VfB Stuttgart - ein Spiel hatte.

Ehefrau Doris erzählt: "2005 erkrankte er an Demenz, nun ging vieles langsamer und war anstrengender. Ab 2009 musste er häuslich betreut werden Aber er war immer noch interessiert an kulturellen Ereignissen." Tochter Karin hat aufgeschrieben, wie er starb: "Am 31. Januar 2014 besuchten wir gemeinsam das Konzert eines Kosakenchores in der katholischen Kirche in Niederwürzbach. Das Konzert endete mit dem Schlusslied ,Guten Abend, gute Nacht´. Auf der nächtlichen Heimfahrt unter klarem Sternenhimmel ist er an der Schulter meiner Mutter eingeschlafen - für immer."

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