„De Papa“ war der Mittelpunkt

Eppelborn-Wiesbach · Hans Erhard Ruschel.

 Hans Erhard Ruschel

Hans Erhard Ruschel

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Eppelborn-Wiesbach. Hans Erhard Ruschel, Jahrgang 1942, ist das jüngste von drei Geschwistern. Er hat einen älteren Bruder, Herbert, und eine ältere Schwester, die auf den Namen Ottilie getauft wurde. Sein Vater Johann Ruschel war Bergmann, seine Mutter Helene Ruschel versorgte die Kinder und die Nebenerwerbslandwirtschaft.

Der kleine Hans Erhard besuchte die Volksschule in Wiesbach und begann 1957 eine Lehre als Bergmann in der Grube Göttelborn. Im selben Jahr kam sein Vater unter Tage auf der Grube Göttelborn bei einem Grubenunglück ums Leben. Der Tod des Vaters hatte den Bergmannslehrling erschüttert. Aber andre Ausbildungsmöglichkeiten gab es damals nicht sehr viele. Er setzte seine Lehre fort, bestand 1959 seine Prüfung, erhielt den Knappenbrief.

Der Bergmann Hans Erhard und Christa, seine spätere Frau, die als Haushaltshilfe arbeitete, lernten sich 1962 kennen. Die Hochzeit war - die Braut ist evangelisch, er katholisch - in der katholischen Kirche von Tholey: "Es war eine kleine Hochzeit. Ich ging als Braut nicht in Weiß. Und viele Gäste hatten wir auch nicht. Wir hatten ja kein Geld." Sir zogen ins Obergeschoss des elterlichen Wohnhauses des jungen Ehemannes. 1963 bestand er die Hauerprüfung und 1967 qualifizierte er sich weiter und bestand dann eine Prüfung als Lokomotivführer für akkubetriebene Grubenlokomotiven. 1964 wurde Sohn Christian, und 1972 Tochter Silke geboren. Im selben Jahr begann er mit dem Zweit-Job, der sein Leben bestimmen sollte. Er erwarb den "Beförderungsschein" und "fuhr Taxi, wenn er nicht auf Schicht war. Das machte ihm mehr Spaß als die Arbeit unter Tage." Und es brachte auch noch zusätzliches Geld in die Familienkasse.

Die Doppelbelastung - Bergmann unter Tage und als Taxifahrer unterwegs - forderte ihren Tribut. "1980 hatte er einen Bandscheibenvorfall", erzählt seine Frau. "Er musste operiert werden und musste nicht mehr unter Tage arbeiten. Er fuhr einen Kleinbus für Saarberg, arbeitete als Einkäufer für die Ingenieurschule. Er organisierte seine Bus-Touren selbst. Autofahren war sein Hobby, nun war es sein Beruf." Mit dem Auto fuhr die Familie auch in Urlaub, anfangs mit einem Renault und einem Zelt nach Südfrankreich "in die Nähe von Nizza auf einen Campingplatz", erzählt Tochter Silke. "Später hatten wir einen Campinganhänger, damit sind wir wieder nach Südfrankreich, aber auch nach Bayern. Es waren sehr schöne Urlaubsfahrten."

Die Familie hielt zusammen. Und Hans Erhard Ruschel, "de Papa", war der Mittelpunkt."

1991 stand die Firma, für die er Taxi fuhr, zum Verkauf. Tochter Silke: "Die hatten zwei alte Autos und die Taxilizenz. Mein Vater hatte die Idee, die Firma zu kaufen. Und weil er als Angestellter von Saarberg nicht gleichzeitig Taxiunternehmer sein konnte, fragt er mich: ,Willst Du das nicht machen?´ Ich war 18 Jahre alt. Ich war verlobt. Am 9. März 1991 heirateten mein Verlobter Stefan Willie und ich. Wir kauften die Taxi- Firma. Und so wurde ich Chefin des Taxiunternehmens Ruschel- Willie. 1991 wurde unser Vater pensioniert. Und seitdem fuhr er nur noch. Er war immer unterwegs. Das Taxi-Unternehmen "Ruschel-Willie" war angesehen, nicht zuletzt wegen der Zuverlässigkeit des Seniorchefs Hans Erhard Ruschel und gefragt, vor allem auch bei Kranken, die zu einer Therapie oder Behandlung fahren mussten: "Das war nach und nach unser wichtigster Geschäftszweig", sagt Tochter Silke, die Geschäftsführerin. Und auch ihr Mann Stefan fährt Taxi.

Inzwischen war der Seniorchef Großvater geworden. 1992 wurde Maik und 1996 Lisa Marie geboren, beides Kinder von Silke und Stefan Willie. Und auch Silkes Bruder Christian war inzwischen Vater geworden: "Vier weitere Enkel aus der Familie meines Bruders kommen hinzu. Unser Papa war ein toller Opa. Er hat seine Enkel gerne mitgenommen, wenn er zur Tankstelle fuhr. Dann bekamen die auch ein Eis."

Hans Erhard Ruschel war eigentlich nie krank, erzählt seine Frau. "Wenn er was hatte, dann ist er zum Arzt gegangen. Und danach ist er gleich wieder Taxi gefahren." Im April 2011 hatte er plötzlich Schluckbeschwerden. Der Hausarzt schickte ihn zur Untersuchung in die Uni-Klinik in Homburg. Und dort stellten die Ärzte die schlimme Diagnose Speiseröhrenkrebs."

Chemotherapien half nicht mehr. Die Metastasen hatten sich weiter verbreitet auf Lunge, Leber, Nieren. Seine Frau sagt leise: "Er hat es gewusst, wie schlecht es um ihn steht. Er wollte nicht im Krankenhaus bleiben. In der Nacht, in der er starb, ist er einfach eingeschlafen. Er hatte keine Schmerzen."

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