Lebensweg: Uwe Elsen Sie gaben einander viel Sonnenschein

Heusweiler-Holz · Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Uwe Elsen.

  Für ihren Uwe ließ Anna Elsen nicht nur in traurigen Zeiten die Sonne aufgehen. Jetzt nahm ihn ihr der Tod zu früh.

Für ihren Uwe ließ Anna Elsen nicht nur in traurigen Zeiten die Sonne aufgehen. Jetzt nahm ihn ihr der Tod zu früh.

Foto: Familie Elsen

„Er fehlt – an allen Ecken und Enden“, sagt Anna Elsen mit Tränen in den Augen. Sie vermisst ihren verstorbenen Ehemann Uwe sehr und kann es immer noch nicht verstehen, wieso er so früh sterben musste. „Er war groß und stark, hat alles gemacht und überall geholfen“, sagt sie verzweifelt.

Uwe Elsen war am 24. Oktober 1958 in Magdeburg zur Welt gekommen. Von 1965 bis 1975 besuchte er die Polytechnische Oberschule – die zehnjährige Einheitsschule der DDR – und absolvierte anschließend eine Lehre als Maler, ehe er am 1. November 1977 zur Nationalen Volksarmee ging und Berufssoldat wurde.

Uwe Elsen hatte in der DDR geheiratet und mit seiner ersten Ehefrau Simone zwei Kinder bekommen: Mania (geboren 6. Mai 1985) und Fabian (20. Juli 1986). Als die Mauer fiel, zog die Familie in den Westen und wohnte im lothringischen Petite-Rosselle. Uwe Elsen fand eine Anstellung als Kraftfahrer bei der Saarlouiser Firma Licht, avancierte später zum Anlagenführer bei der Firma Chemegra in Dillingen. Dann traf ihn ein Schicksalsschlag: Seine Frau Simone starb mit 39 Jahren an Lungenkrebs.

Uwe Elsen suchte wieder Anschluss an das Leben, und da kam ihm ein Arbeitskollege, Helmut Scherer, zu Hilfe, der ihn mit Anna Liebl, geborene Marra, bekannt machte. Anna war am 1. November 1955 in Soverato (Kalabrien) zur Welt gekommen und mit ihren Eltern und den beiden Brüdern Francesco und Bruno 1962 nach Deutschland gezogen.

Seit 1969 wohnte Familie Marra in Heusweiler-Holz. 1978 heiratete Anna Marra, ließ sich aber zwei Jahre später wieder scheiden. „Erst mit Uwe kam die richtige Liebe“, erzählt sie. Damals hatte Helmut Scherer ihr gesagt, „er kennt da jemanden, dessen Frau vor ein paar Monaten gestorben sei. Der könne nicht alleine sein. Helmut fragte, ob ich ihn nicht mal kennenlernen wolle, mit dem könne man Pferde stehlen.“

Am 3. Oktober 2003 trafen sich die Zwei auf einem Fest der Heusweiler Karnevalsgesellschaft (HKG). „Er war mir direkt sympathisch und ich ihm auch. Und an Weihnachten 2003 sagte Uwe, er will für immer mit mir zusammen sein und sich mit mir verloben“, erinnert sich Anna Elsen. Im Januar 2004 zog er zu ihr nach Holz, am 9. Oktober 2004 wurde geheiratet: „Wir verstanden uns glänzend, konnten viel zusammen lachen und hatten die gleichen Interessen.“ Etwa die Fastnacht. Beide waren Mitglieder in der Karnevalsgesellschaft Hilaritas Holz und in der HKG. Klar, dass der „Anpacker“ Uwe alles Handwerkliche bei den Kappensitzungen erledigte wie den Auf- und den Abbau, die Transporte mit seinem Auto und Anhänger, und er saß an der Kasse. Mächtig stolz war er, als die Hilaritas ihn zum Senator ernannte. „Fasching hat ihm gefallen. Da lernte er viele Leute kennen, und alle sagten, was für ein liebenswerter Mensch er sei“, erzählt Anna. Doch nicht nur an Fastnacht hatten die beiden Spaß.

Sehr gerne fuhren sie nach Puttelange-aux-Lacs, wo Uwe ein Häuschen gekauft hatte, das er sanierte. „Wir sind alle zwei Wochen dorthin gefahren. Freitags los und montags wieder zurück, manchmal direkt von dort zur Arbeit“, erinnert sich Anna Elsen. Auch Urlaubsreisen machten die beiden gerne und oft. Alleine sechsmal waren sie in der Türkei, zweimal in Zypern, natürlich auch in Annas ursprünglicher Heimat Italien und im Fürstentum Monaco. Sie verweist darauf, dass Uwe in der DDR als Soldat ja nicht reisen konnte: „Deshalb hat er es jetzt so genossen. In einem Flugzeug hatte er noch nie gesessen, bevor er mich kennengelernt hatte. Einmal sagte er zu mir: Ach Anna, musste ich dich erst kennenlernen, um mal mit einem Flugzeug fliegen zu dürfen?“

Nur beim Fußball wurden sich Anna und Uwe Elsen nie einig. Anna drückte italienischen Teams die Daumen, Uwe deutschen. „Das gab oft Diskussionen, aber nie Streit. Feuer soll man nämlich nicht mit Feuer bekämpfen“, sagt Anna Elsen. Sie hat einen Sohn aus erster Ehe, Alexander, der ebenfalls einen Sohn hat, Ricardo. „Als Ricardo geboren wurde, war Uwe hin und weg. Er sagte, er sei zwar nicht sein richtiger Nonno (Opa), aber er würde Ricardo lieben wie sein eigenes Enkelkind.“ Alexander nannte Uwe Elsen „Papa Bär“, und Ricardo liebte seinen „Ersatznonno“ über alles, er war sein liebster Spielkamerad.

Als sich Anna und Uwe Elsen kennengelernt hatten, sagten Annas Brüder: „Jetzt hast du endlich mal jemanden, mit dem du durch dick und dünn gehen kannst.“ Bis zum Sommer 2018 pflegte Uwe die Gärten der Marra-Brüder – trotz seiner Leidensgeschichte, die 2015 begann. Damals wurde Uwe Elsen ein Geschwür aus dem Bauch entfernt. „Danach ging es bergab“, sagt Anna Elsen. Im Mai 2016 bekam er fünf Bypässe. Aber beide waren optimistisch, diese schwere Zeit zu überstehen.

Am 24. Oktober 2018 wurde Uwe Elsen 60. Er wünschte sich ein Oktoberfest. Mit Krachlederner und allem, was dazu gehört. Alle Freunde und Bekannte kamen. Im Nachhinein betrachtet war dies so etwas wie ein großer Abschied. Nur wenige Tage danach, am 5. November, musste Uwe Elsen erneut ins Krankenhaus: Verdacht auf Nierenversagen. Als Anna Elsen am Wochenende vom Krankenbesuch nach Hause zurückkehrte, war sie noch guter Dinge, doch montagsmorgens, am 12. November um 6.32 Uhr kam der schreckliche Anruf: Uwe Elsen war tot. „Als ich die Nachricht bekam, war ich wie in Trance“, sagt Anna Elsen und schluchzt. Am 22. November 2018 wurde Uwe Elsen auf dem Holzer Friedhof zu Grabe getragen.

Auf der Seite „Momente“ stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Online unter saarbruecker-­zeitung.de/lebenswege

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