In der Stadt Völklingen Kassiopeia bietet Kunst für jedes Kind

Völklingen · Pädagogin Anne Herzhauser und ihr Verein wecken in Völklingen die Kreativität bei vielen jungen Leuten.

 Anne Herzhauser hält in den Räumen von Kassiopeia auch jede Menge Lesefutter für die Kinder bereit.

Anne Herzhauser hält in den Räumen von Kassiopeia auch jede Menge Lesefutter für die Kinder bereit.

Foto: BeckerBredel

15 Uhr am Mittwochnachmittag: Anne Herzhauser muss sich sputen. Sie kommt gerade von der Gemeinschaftsschule in Saarbrücken, wo sie Biologie, Chemie und Bildende Kunst unterrichtet. Sie eilt in ein bunt bemaltes Gebäude in der Pfarrwiesstraße, einer ruhigen Nebenstraße im Völklinger Stadtteil Wehrden. Hier ist das Domizil der Kunstschule Kassiopeia, die um diese Zeit gerade die ersten jungen Besucher erwartet. Seit rund 25 Jahren sorgen die Kassiopeia-Mitarbeiter und der gleichnamige Trägerverein schon dafür, dass viele Kinder und Jugendliche in Völklingen in den Genuss von Kreativangeboten kommen.

Zum festen Besucherstamm von Kassiopeia in Wehrden zählen derzeit rund 180 junge Leute. In Gruppen widmen sie sich vielfältigen Beschäftigungen vom Malen über Steinbearbeitung, Ton- und Gipsarbeiten, Fotografieren, Kochen, Musik bis hin zum Tanz. Diese Gruppen umfassen maximal zehn Personen. Und im Zeitraum der Herbstferien geht es dann jeweils in die Vollen. Dann bietet Kassiopeia mit Unterstützung der Stadt (jährlich bisher rund 30 000 Euro) die „Phantastischen Begegnungen“ an. Mit dieser für die Teilnehmer kostenfreien Reihe erreicht Kassiopeia regelmäßig bis zu 1000 Kinder. In den Völklinger Schulen werden dann Workshops angeboten. Im vergangenen Herbst lautete das Thema beispielsweise „Die Magie der Wörter“. Die Jungen und Mädchen haben gebastelt, fotografiert, Trickfilme gedreht und gekocht. Die Ergebnisse wurden vor großem Publikum in der Kulturhalle Wehrden präsentiert.

Exakt sieben engagierte Menschen waren es, die seinerzeit zusammen mit der Vorsitzenden Anne Herzhauser Kassiopeia aus der Taufe hoben: „Eltern, Sozialpädagogen, Kunststudenten und ich.“  Herzhauser schildert ihren persönlichen Impuls folgendermaßen: Anfangs hatte sie an regulären Schulen als Lehrerin nur Zeitverträge. Deshalb half sie auch an einer privaten Kunstschule im Saarland aus. Dort erlebte sie, wie ein Kind zunächst aufblühte. Und dann die Kunstschule verlassen musste, weil die Eltern den Beitrag nicht mehr bezahlen konnten. Viele Bekannte, Freunde und Familienmitglieder hätten ihr dann gesagt, man solle eine solche Einrichtung in Völklingen eröffnen. Woraufhin sich die Frauen und Männer der ersten Stunde zusammenfanden mit dem festen Prinzip: „Wir werden kein Kind abweisen.“ Auch wenn die Eltern den Beitrag, bei Kassiopeia heutzutage maximal 25 Euro pro Monat, nicht selbst aufbringen können.

Patrik Bomba, wie Herzhauser von Anfang an dabei, empfängt an diesem Tag die ersten Kinder. Sie möchten zusammen ein Bild in Collage-Form gestalten. Anschließend wird eine Gruppe von Größeren im Nähatelier erwartet. Zeit für einen Rundgang auf dem Gelände von Kassiopeia: Im Hof gibt es einen Stall, in dem sich fünf Schafe blökend zu Wort melden. Ihre Wolle wird bei Kassiopeia eigenhändig verarbeitet – zum Beispiel zu kleinen Handtaschen oder Schmuckstücken aus Filz. Auch für die Betreuung der Kassiopeia-Schafherde ist Bomba, ein Mann mit vielen Begabungen, zuständig. Neben dem gelernten Diplom-Desiger sind im Kassiopeia-Team viele andere Talente versammelt. Nur einige Beispiele: Herzhauser hat von ihrer Tante auch Nähen gelernt. Im Kassiopeia-Nähatelier engagieren sich auch eine Schneiderin und eine Mode-Designerin. Auch auf eine Theaterpädagogin kann man zurückgreifen. Und Gernot Richter, als Vorleser in der Völklinger Stadtbilbiothek bekannt, kümmert sich um die Leseförderung.

„Kultur- und Kreativangebote müssen für alle Kinder kostenlos zugänglich sein“, lautet das Ziel von Kassiopeia und Herzhauser. Um dem möglichst nahe zu kommen, werden alle denkbaren Förderquellen angezapft. Alle Jahre wieder steht auch der Zuschuss der Stadt zur Debatte. Doch den hat der Stadtrat bisher trotz strikten Sparzwanges immer wieder bewilligt – wohl auch, weil viele Ratsmitglieder Kinder haben, die erzählen können, was sie selbst Schönes bei Kassiopeia erlebt haben.

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