Lydia Brunas „Omas Geheimnis“ beim Filmfestival Max Ophüls Preis „Kinder sind das pfiffigste Publikum“

Saarbrücken · Eigentlich wollte sie ja Schauspielerin werden. Als Kind hatte Lydia Bruna „Frau Holle“ im Fernsehen geschaut und wollte fortan Rollen wie die der Goldmarie spielen; erst Jahre später, da war sie zwölf, kam sie nochmal ins Grübeln, als sie ein „Making of“ zu „Der Herr der Ringe“ sah.

 Die Regisseurin und Autorin Lydia Bruna.

Die Regisseurin und Autorin Lydia Bruna.

Foto: Clemens Majunke

„Erst da wurde mir klar, dass es ja gar nicht die Schauspieler sind, die den Film machen“, sagt Bruna, also nahm sie Regie und Schreiben in den Blick – und rief mit 14 einige Filmhochschulen an, die, man versteht es, ein wenig überrascht waren, aber ihr immerhin etwas Informationsmaterial in die Hüttersdorfer Heimat schickten.

Das hat wohl geholfen, denn heute ist Lydia Bruna Autorin, Regisseurin und zeigt einen Kurzfilm in der Kinderfilmreihe des Ophüls-Festivals: „Omas Geheimnis“, einen sonnigen und herzerwärmenden 15-Minüter über eine Enkelin, die sich Sorgen macht um die Großmutter, die ein merkwürdiges Gebaren an den Tag legt. Wird sie langsam dement? Und welche Rolle spielt die Zugstrecke hinterm Haus? So viel sei verraten: Man muss sich am Ende des Films keine Sorgen machen um die Oma.

 Bei den Dreharbeiten zu „Omas Geheimnis“ mit Runa Scholz (l.) und Timo Stwaski.

Bei den Dreharbeiten zu „Omas Geheimnis“ mit Runa Scholz (l.) und Timo Stwaski.

Foto: Sebastian Knöbber

Gedreht hat Bruna den Film im Auftrag des Saarländischen Rundfunks im Sommer 2019, unter anderem auf dem Lokfriedhof in Hermeskeil und an der Museumsbahn in Losheim, mit einem 20-köpfigen Team, an fünf Drehtagen. „Das klingt für 15 Minuten Film erstmal viel“, sagt die 28-Jährige, „es ist aber knapp.“ Denn bei der Arbeit mit Kindern gelten andere Gesetze als bei Erwachsenen. „Kinder dürfen nur sechs Stunden pro Tag am Drehort sein – und nur drei Stunden davon vor der Kamera.“ Ihre Hauptdarsteller in „Omas Geheimnis“, Runa Scholz und Timo Stwaski, waren gerade mal sieben und acht Jahre alt. Die Arbeit mit Kindern ist eine ganz andere als mit Erwachsenen, sagt die Regisseurin, „man muss hinein in ihre Welt, das Ganze muss für sie ein Spiel sein - zugleich muss man sie ernst nehmen, als vollwertiges Mitglied des Teams betrachten. Da sind manchmal wirklich kleine Künstler dabei.“ Mit am Set sind stets die Eltern oder Großeltern; deshalb, rät Bruna, sollte man sich beim Casting nicht nur die Kinder anschauen, sondern auch deren Verwandtschaft.

Es ist nicht Brunas erster Kinderfilm für den SR, sondern schon der vierte. 2016 bewarb sie sich dort mit Erfolg, als der Sender per Ausschreibung eine Idee für einen Kinderfilm suchte. Da war sie schon ausgebildete Regisseurin: Nach dem Abitur in Lebach hatte sie beim Freiwilligen Sozialen Jahr im St. Wendeler Adolf-Bender-Zentrum erste Erfahrungen mit Medienpädagogik und Filmschnitt gemacht, danach gab es neben Schauspielkursen bei „Acting and Arts“ in Saarbrücken zwei Großlektion in Sachen Organisation in Köln und Hamburg: als 2. Regieassistentin bei „Soko Köln“ des ZDF und beim „Großstadtrevier“ der ARD als Komparsen-Casterin und Postproduktions-Managerin. Eine hektische Zeit, wie Bruna sagt, „aber eine sehr gute Kinderstube bei gut eingespielten Teams“. Den Plan eines Regiestudiums hatte sie dabei immer im Hinterkopf, befeuert vom Wunsch, „Geschichten zu erzählen“. 2013 begann sie ein Studium der Filmregie an der Bournemouth Film School, direkt am Meer, bei der Bruna unter anderem eine Handvoll Kurzfilme drehte.

Warum eine englische Hochschule? „Filme in Deutsch haben durch die Sprache automatisch einen viel kleineren Markt als Filme in Englisch“, sagt Bruna; entsprechend würde sie auch gerne mal in England arbeiten. International waren ihre Kinderfilme „Flaschendrehen“ (ihre Gewinner-Idee beim SR), „Kleine Helden“ und „Isabels Schatz“ bereits zu sehen: bei Kinderfilmfestivals etwa in Neu Delhi und Venezuela – und im Fernsehen der beteiligten Länder des „EBU – Children’s Drama Exchange“, einem Fernseh-Austauschprogramm, für das jedes beteiligte Land einen Kinderfilm produziert und bei allen Partnern zeigt. „Man finanziert einen Film und bekommt dafür viele zurück“, er klärt Bruna. Mit dabei sind Deutschland (vertreten vom SR), Wales, Schottland, Irland, Bulgarien, Kroatien und Finnland.

 Bei den Dreharbeiten mit Timo Stwaski.

Bei den Dreharbeiten mit Timo Stwaski.

Foto: Sebastian Knöbber

„Omas Geheimnis“ wird nach der Uraufführung bei Ophüls in der ARD und auf Kika laufen, danach auf Festivalreise gehen – aber wohl nicht begleitet von der Regisseurin: „Kinderfilmfestivals haben meist kleine Budgets und können die Filmemacher nur selten einladen.“ Im Mai wird Bruna einen weiteren Kinderfilm für den SR drehen, danach hat sie ein Serienprojekt im Auge: „Roststadt“, einen geplanten Zehnteiler (à 23 Minuten), der nach einem Atomkrieg spielt. „Es gibt keine Häuser mehr, nur Slums, die aus Dingen des Alltags zusammengeschustert werden.“ Das klinge als Stoff für eine Kinderserie „schon etwas hart, es soll aber auch lustig werden“. Ein passender Drehort wäre das Weltkulturerbe Völklinger Hütte, aber erst einmal muss Bruna am Drehbuch weiterschreiben (die Stoffentwicklung fördern die Saarland Medien mit 5000 Euro). Das wird Bruna, die seit langem in Berlin lebt (ihre Schwester studiert Szenenbild im nahen Potsdam), vor allem in der alten Heimat Hüttersdorf tun, „dort schreibt es sich einfach besser“.

Zugleich plant sie ihren Debüt-Langfilm „Knock Knock“, eine Komödie – diesmal mit Erwachsenen, auch um einer Festlegung auf den Kinderfilm zu entgehen, wobei sie das Genre für oft unterschätzt hält. „Manchmal wird darauf herabgeschaut, weil es ja ‚nur‘ für Kinder ist“, sagt die Regisseurin, „aber Kinder sind das pfiffigste Publikum und das treueste – ihren Lieblingsfilm schauen die sich 500 Mal an“. Umso größer sei die Verantwortung für Filmemacher: „Manche Figuren und Geschichten begleiten einen jahrelang, manchmal ein Leben lang.“

Termin: Freitag, 15 Uhr, Kino Achteinhalb.

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