Ludwigspark - Die Geschichte eines Stadions Auf dem Schutt des 2. Weltkriegs
Saarbrücken · Stadt und Land sanieren das Saarbrücker Ludwigsparkstadion bundesligatauglich. Zeit, um auf die Geschichte des Stadions zurückzublicken. In Teil drei unserer Serie erzählen wir vom Bau des Parks.

Alle Fotos auf dieser Seite stammen aus dem Saarbrücker Stadtarchiv: Dieses zeigt die Trümmerbahn am Ludwigsberg. Fotos: Stadtarchiv Saarbrücken

1953 wurde die Haupttribüne gebaut.

Die ersten Zuschauer.

Ein Blick von der neuen Haupttribüne übers Marathontor hinweg in Richtung Saarbrücken.
Die "alte Dampfeisenbahn" stampft zum ersten Mal kurz nach dem 2. Weltkrieg durch Saarbrücken . Als Trümmerbahn. Auf schmalspurigen Gleisen zieht sie Loren, die mit Kriegsschutt aus der Stadt beladen ist. Raus aus der Stadt zu den Ablageplätzen ins Meerwiesertal, an den Osthafen oder in den Ludwigspark tuckert sie über provisorische Gleise. Vorbei an der Johanneskirche, durch die zerbombte Bahnhofstraße, durch die Mainzer Straße. Sie hat viel zu schleppen. In bis zu zwei Millionen Kubikmeter Schutt hat der Krieg die Stadt pulverisiert. Das erste Flächenbombardement traf Saarbrücken im Juli 1942, das letzte 1945. Die Bomben töten 1234 Menschen und zerstören 11 000 Häuser. Nur noch 17 000 Einwohner zählt die Stadt, als die Amerikaner am 21. März 1945 die "Festung" Saarbrücken erobern. Vor dem Krieg waren es etwa 130 000.
Doch die Menschen kehren nach und nach zurück. Von der Flucht, aus dem Krieg, aus der Gefangenschaft, auch aus den Konzentrationslagern der Nazis. Am 1. Dezember zählt Saarbrücken 75 000 Einwohner. Mehr als drei Jahre sollten sie brauchen, alle Trümmer mit der alten Dampfeisenbahn aus der Stadt zu schaffen. Dabei landen etwa 350 000 Kubikmeter Schutt im Ludwigspark, begraben dort die alte Spielstätte des FV Saarbrücken unter sich. Der Nachfolgeverein 1. FC Saarbrücken spielt daher in der Nachkriegszeit zunächst auf dem Saarbrücker Kieselhumes.
Zwar beginnt der FCS bereits 1948 mit der Planung einer neuen Arena, doch die Kosten werden auf bis zu 100 Millionen Francs geschätzt, und das Geld ist nicht da. Bis der FCS im Frühjahr 1952 die Endrunde um die deutsche Meisterschaft erreicht. Spätestens da erkennt die saarländische Regierung den Wert des Fußballs.
Das Saarland ist damals ein Mini-Staat unter einem französischen Protektorat, die Unabhängigkeit des Landes ist Ziel der Politik. Und dabei scheint der 1. FC Saarbrücken "der beste Außenminister des Saarlandes" zu sein, wie der damalige FCS-Stürmer Herbert Binkert feststellt. Mit Aufsehen erregenden Auslandsreisen setzt er das Saarland auf die Landkarte des europäischen Fußballs. So gewinnt die Saarbrücker Mannschaft 1951 gegen Real Madrid im Chamartín-Stadion (das heutige Bernabeu) mit 4:0.
Doch die Sensationen haben eine Schattenseite: 1948 haben sich alle saarländischen Vereine aus dem deutschen Spielbetrieb zurückgezogen. Saarbrücken gewinnt außer Konkurrenz die Meisterschaft in der zweiten französischen Liga. Doch 1949 scheitert ein Übertritt der Saarländer in den Französischen Fußball-Verband (FFF). Plötzlich steht der FCS nicht nur ohne Stadion da. Es gibt für ihn auch keine angemessene Liga. Deshalb findet bis auf weiteres ein Freundschaftsspiel nach dem anderen statt.
Zur Saison 1951/1952 kehren die Blau-Schwarzen gemeinsam mit Borussia Neunkirchen in den Fußball der Bundesrepublik zurück. Ein Politikum. Denn: Nun kann eine Mannschaft aus dem abtrünnigen Saarland theoretisch deutscher Meister werden. Und der FCS ist bald nah dran an der Meisterschale. Statt einer Bundesliga gibt es in dieser Zeit fünf regionale Oberligen, eine im Südwesten. Dort holt Saarbrücken souverän den Titel, qualifiziert sich damit als eine von nur acht Mannschaften für die Endrunde um die deutsche Meisterschaft.
Zwar verliert der FCS am 22. Juni 1952 schließlich das Endspiel um die deutsche Meisterschaft gegen den VfB Stuttgart unglücklich mit 2:3, er gewinnt dafür aber die Landesregierung für den Ludwigspark. Sie entschließt sich, den unterfinanzierten Stadionbau großzügig zu unterstützen - wohl auch vor dem Hintergrund, dass dort die Spiele der saarländischen Nationalelf stattfinden sollen, die bisher auf dem Saarbrücker Kieselhumes über die Bühne gehen. Der FCS stellt einen großen Teil der saarländischen Mannschaft. Helmut Schön ist seit 1952 ihr Trainer. Genau der Dresdner, der im Jahr 1956 Sepp Herbergers Assistent und 18 Jahre später Beckenbauer, Maier und Müller zum WM-Titel lotsen wird.
Schon im Dezember 1949 hatte sich Kultusminister Emil Straus im Ministerrat für den Ludwigspark stark gemacht, um dem FCS zu einer Anleihe zu verhelfen. "Das Saarland benötigt eine nach den international gültigen Regeln erbaute sportliche Kampfstätte. Auch zu Repräsentationszwecken", argumentierte er. Doch erst mit der Teilnahme des Clubs an der deutschen Endrunde kommt wieder so richtig Bewegung in den Stadionbau: Die Saarbrücker Zeitung berichtet vor dem ersten Endrundenspiel von einem Darlehen über 50 Millionen Francs für die Fertigstellung des Ludwigsparks. Angeblich stellt Ministerpräsident Johannes Hoffmann nach der Vize-Meisterschaft sogar 70 Millionen zur Verfügung.
Es ist Geld, das benötigt wird: Das Stadion wird teuer, viel teurer als anfangs kalkuliert, denn der Bau fällt nun größer aus, er soll am Ende nicht weniger als 50 000 Zuschauer fassen. Die Baukosten belaufen sich nach Vereinsangaben auf rund 195 Millionen Francs. Das entspricht etwa 5,3 Millionen Euro. Weil der Finanzierungsbedarf so hoch ist, hat der FCS das Bauprojekt 1952 aus der Hand gegeben. Als Bauherrin fungiert nun die Stadt Saarbrücken , doch das Stadion bleibt eine Herzensangelegenheit des Vereins.
Für den im Arbeiterstadtteil Malstatt verwurzelten Club ist der gewählte Standort im Ludwigspark historisch bedeutsam, er spielt dort seit 1919. "Hier auf diesem Boden rollte fast die ganze Vereinsgeschichte der Malstatter ab. Sieg und Niederlage, Freud und Leid haben uns fest mit dem Ludwigspark verbunden", sagt FCS-Präsident Hans Helmer anlässlich der Stadioneröffnung am 2. August 1953. Sie fällt nicht zufällig mit den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Vereins zusammen. Dadurch steht auch der zur Eröffnung ausgetragene Leichtathletik-Länderkampf zwischen dem Saarland und der Schweiz im Schatten eines Freundschaftsspiels der Blau-Schwarzen gegen DFB-Pokalsieger Rot-Weiß Essen (3:1). Am nächsten Tag titelt die Saarbrücker Zeitung: "Saarbrücken hat seinen Ludwigspark wieder". Seit 1985 hat der Park auch eine Anzeigentafel. Und seither fährt sie wieder vor jedem Spiel. Diesmal aber in gelben Pixeln: die alte Dampfeisenbahn.