Ludwigspark – Die Geschichte eines Stadions Der Fußball-Regisseur und seine Spielstätte

Saarbrücken · Stadt und Land sanieren das Saarbrücker Ludwigsparkstadion bundesligatauglich. Zeit, um auf die Geschichte des Stadions zurückzublicken. In Teil vier unserer Serie erzählen wir von einem großen Parkfreund, von Hermann Neuberger.

Im Büro von Hermann Neuberger im Saarbrücker Totohaus liefen alle Fäden zusammen. FOTO: HARTUNG

Im Büro von Hermann Neuberger im Saarbrücker Totohaus liefen alle Fäden zusammen. FOTO: HARTUNG

Herman, the German" ist kein Filmtitel, sondern ein 1919 in Fenne bei Völklingen geborener Saarländer. Im Saarbrücker Arbeiterviertel Malstatt wächst er auf, reift zum "Molschder Bub" heran. Später will er Regisseur werden. Oder Fußballer. Hermann Neuberger kickt für den FV Saarbrücken. Im Ludwigspark, dieser idyllisch gelegenen Naturarena. Er ist Mittelläufer, sein Vater Lehrer. Germanistik und Theaterwissenschaft will Hermann studieren, um seinem Traum von der Bühne näher zu kommen. Doch der 2. Weltkrieg zerbombt seine Hoffnungen jäh. Von Saarbrücken aus muss er nach Afrika, später nach Italien. Er kämpft und kehrt im November 1945 aus englischer Kriegsgefangenschaft zurück ins Saarland. Hermann Neuberger ist 26 Jahre alt, kriegserprobt, Dienstgrad Hauptmann.

Seine Heimatstadt liegt im Argen, der Ludwigspark unter 350 000 Kubikmetern Kriegsschutt begraben. Der FV Saarbrücken heißt nun 1. FC Saarbrücken . Neuberger ist bei der Neugründung dabei, engagiert sich als Pressewart. Sein Beruf: Journalist. Er verfolgt die FCS-Spiele als Redakteur des "Sport-Echos" am Kieselhumes. Doch er will mehr. Er will, dass die Blau-Schwarzen ihre Spielkunst wieder im Ludwigspark inszenieren. Bis zu 100 Millionen Francs soll der Wiederaufbau an gleicher Stelle kosten. Eine Finanzierung gibt es nicht. Dennoch fangen die Mitglieder an, beseitigen die gröbsten Trümmer. Die zweitgrößte Zahl an Arbeitsstunden verbucht: Hermann Neuberger.

Er versucht auch auf der Funktionärsbühne, Geld für den Park einzuspielen. 1946 begründet er den Landessportverband für das Saarland (LSVS) mit, zwei Jahre später den Saarländischen Fußballbund (SFB). 1950 führt er den SFB als Präsident in die Fifa. 1952 wird der FCS deutscher Vizemeister, und die Landesregierung finanziert den Neubau des Parks. Als das Stadion im August 1953 fertig ist, sitzt Neuberger bei den Saar-Länderspielen gegen Norwegen (0:0), Deutschland (1:3), Uruguay (1:7) und Jugoslawien (1:6) in der Loge.

1956, nach der "kleinen Wiedervereinigung" des Saarlandes mit der Bundesrepublik, ist Neuberger im Saarland ein mächtiger Mann. Er wird Direktor von Saarland-Sporttoto (1961 bis 1984), ist Präsident des LSVS und des neuen Saarländischen Fußballverbandes (SFV). Nun will er auch beim DFB eine wichtige Rolle spielen. Seinen Weg dorthin plant er vom Saarbrücker "Haus des Sports" aus. Direkt am Saarufer gelegen. Mit Blick auf die Flutlichtmasten des Parks.

Darin spielen Anfang der 1960er Jahre Vertragsspieler, keine Profis. Die sind verboten. Fünf regionale Oberligen gibt es, 74 Vereine kämpfen darin um die Startplätze für die Endrunden um die deutsche Meisterschaft. Inoffiziell ist viel Handgeld unterwegs. Neuberger ist das ein Dorn im Auge. Bereits 1955 fordert er die Einführung einer Profi-Liga. "Unerlässlich" sei sie. Er kämpft gegen große Widerstände. Am 28. Juli 1962 im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle bekommt er sie endlich. Neuberger redet beim Bundestag auf die Delegierten ein, plädiert vehement für Lizenzspieler in einer Bundesliga, um den "Zustand der Anarchie" zu beseitigen. "Die kluge Rede von Hermann Neuberger zündete", schreibt das "Sport Magazin" zwei Tage später. Die Delegierten stimmen mit 103:26 Stimmen. Für Neuberger, für die Bundesliga.

16 Clubs sollen in der ersten Saison 1963/1964 dabei sein. Neuberger sitzt in der Kommission, die die Clubs aus 44 Vereinen auswählt. Im Januar 1963 tagt das Gremium in der DFB-Zentrale in der Frankfurter Zeppelinstraße. Am Ende steht eine Liste mit den ersten neun Namen. Darauf auch der 1. FC Saarbrücken . Kaiserslautern, Neunkirchen und Pirmasens nicht. Erst im Mai nominiert die Kommission den FCK als Meister der Oberliga Südwest, Vizemeister Neunkirchen und den Dritten Pirmasens nicht. Der FCS wird Fünfter, ist aber gesetzt. Offiziell nicht wegen Neuberger. Er darf gar nicht über Saarbrücken abstimmen. Offiziell ist der Ludwigspark ein Grund für die Entscheidung pro FCS. "In Saarbrücken ist das Stadion größer", erklärt Neuberger. Daher gehöre der FCS als Gründungsmitglied in die erste Liga.

Kaum zehn Jahre später besetzt Neuberger wieder eine Hauptrolle mit dem Ludwigspark. 1974 geht es um die neue zweigeteilte 2. Liga. Diesmal liegt der SV Alsenborn sportlich vor dem FCS, hat drei Mal in Folge die Meisterschaft gewonnen. Das Problem? Alsenborn hat kein Stadion, kein Geld, nur Erfolg. Der FCS hat Geld, Neuberger, weniger Erfolg und den Ludwigspark. Ein Schiedsgericht spricht Alsenborn den Startplatz zu. Der FCS klagt, bekommt in zweiter Instanz recht, weil diese die Infrastruktur mitbewertet. Der Ludwigspark rettet dem FCS die Liga. Neuberger gibt während der Diskussionen seine Regieanweisungen: "In Alsenborn fehlt alles, Stadion, Flutlicht und Publikum, in Saarbrücken ist alles da."

Auch das Machtzentrum des deutschen Fußballs. Das liegt seinerzeit im "Haus des Sports" in der Saarbrücker Saaruferstraße. Neuberger sitzt dort als DFB- und Fifa-Vizepräsident und als Leiter des WM-Organisationsteams für die WM 1974 in Deutschland. Die Fußball-Welt nennt ihn "Hermann, the German". Die Fifa ernennt ihn zum Präsidenten aller OKs bis zur WM 1990. Für 1974 will er den Ludwigspark zum WM-Spielort machen. Neben München, Hamburg, Frankfurt. Doch diese "Hermanns-Schlacht" verliert er. Nicht gegen den DFB oder die Fifa, gegen Saar-Innenminister Ludwig Schnur: "Hermann, lass das - es wird zu teuer!", sagt er. Es sollten Neubergers letzte Theaterstücke für sein Stadion und seinen Verein gewesen sein. Zumindest will er, dass es den Anschein hat. Als er 1976 DFB-Präsident wird, zieht Neuberger sich beim FCS auf den Ehrenmitglieds-Status zurück und bittet den Club: "Macht nichts, was so aussehen könnte, als hätte ich das getan." In den 80ern holt Neuberger noch zwei Länderspiele in seinen Park, gegen Albanien (2:1) und Malta (6:0), und Wolfgang Niersbach als Pressechef 1988 zum DFB. 1990 führt er zwei deutsche Fußballverbände zusammen, 1992 fällt Neubergers letzter Vorhang in der Uni-Klinik in Homburg.

Nach seinem Tod setzt sich der FCS dafür ein, den Park nach Neuberger zu benennen. Der DFB will die Nationalmannschaft zu einem Benefizspiel vorbeischicken. Zu Gunsten von "Asylanten". Die Stadt lehnt den Namenswechsel ab, findet auch, dass die 150 000 D-Mark, die der DFB für das Spiel anbietet, zu wenig sind. Der Verband sagt ab. "Würdeloses Verhalten" wirft Egidius Braun , Neubergers Nachfolger, der Stadt vor. Eine Hermann-Neuberger Sportschule gibt es heute in Saarbrücken, finanziert aus dem Sportachtel. Auch so eine Idee von Neuberger. Ein Hermann-Neuberger-Stadion gibt es seit 1994 in Völklingen. Weit weg von jenem Ort, der eine Hauptrolle in "Hermann, the German's Leben" spielte. Weit weg vom Ludwigspark.

Tausende Erinnerungen sind mit dem Ludwigsparkstadion verbunden. Wenn Sie Fotos und Geschichten zum Park haben, schicken Sie sie uns per E-Mail an sport@sz-sb.de unter dem Betreff "Ludwigspark". Wir veröffentlichen sie im Internet.

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