Die Expertenantwort Warum leidet der Wald unter dem Klimawandel?

Serie · Unsere Wälder sind auf steigende Temperaturen nicht vorbereitet. Weshalb das so ist, erklären unsere Experten.

Bereits jetzt müssen überall in Deutschland Fichten gefällt werden, weil sie von Borkenkäfern befallen sind. Der Schädling profitiert vom Klimawandel.

Bereits jetzt müssen überall in Deutschland Fichten gefällt werden, weil sie von Borkenkäfern befallen sind. Der Schädling profitiert vom Klimawandel.

Foto: dpa/Peter Zschunke

An dieser Stelle beantworten die Wissenschaftler von Scientists for Future (S4F) Saar Fragen rund um die Klimakrise.

Die Welt wird immer wärmer. Aber Pflanzen mögen doch eigentlich Wärme. Warum leiden dann unsere deutschen Wälder darunter?

S4F: „Der Klimawandel führt zu veränderten Niederschlagsverhältnissen und zu vermehrt auftretenden heftigen Stürmen in Mitteleuropa. Die Winter werden regenreicher, die Sommer leiden unter langen Hitze-und Dürreperioden. Steigende Temperaturen bewirken verstärkte Verdunstung und Austrocknung der Böden. Durch die Trockenheit steigt die Waldbrandgefahr [1].

Diese Veränderungen treffen in unseren Breiten auf Wälder, deren wichtigste Bäume oft Fichten-Gewächse sind. Diese rasch wachsenden Bäume wurden seit Entwicklung der Forstwirtschaft zu Beginn des 18. Jahrhunderts bewusst gepflanzt, um den Holzbedarf für den Bergbau zu decken. Nach dem 2. Weltkrieg wurden ebenfalls bevorzugt Fichten angebaut für den Bedarf der Industrie. Die so entstandenen Wälder waren nicht natürlich: Ein Viertel der Bäume waren flachwurzelnde Fichten, die eigentlich angesiedelt sind in hohen Breiten (beispielsweise Norwegen) oder in höheren, kühleren Gebirgslandschaften [2].

Diese fichtenreichen Wälder sind also in Mitteleuropa ein Erbe der industriellen Geschichte. Angesichts ihrer natürlichen Herkunft aus hohen Breiten reagieren die Fichten sehr empfindlich auf Hitze, Wasserknappheit und Dürre. Wenn der Boden zu trocken ist, kann der Baum nicht mehr den klebrigen Harz produzieren, der ihn vor Insektenbefall, insbesondere Borkenkäfern, schützt. Wenn der Boden bis in zwei Meter Tiefe austrocknet, stirbt der Baum, und Borkenkäfer greifen ihn an. In einer Saison kann ein Borkenkäfer hunderte von Nachkommen produzieren. Entsprechend rasch verläuft das Sterben der Fichten. Die Bäume sind nicht mehr grün, sondern werden allmählich grau-braun, bis sie den Halt im Boden verlieren. Heftige Stürme werfen die sterbenden Bäume um. Dürre hat große Mengen von Totholz, stehend oder am Boden liegend, zur Folge – Nahrung für die sich rasch und großflächig ausbreitenden Waldbrände [1].

Laubbäume sind ebenfalls wegen steigender Temperaturen zunehmend gefährdet, vor allem durch Schädlingsbefall und Krankheitserreger, die zur völligen Entlaubung der Bäume führen können.

Der Wald speichert CO2, was nun zunehmend zurück in die Atmosphäre gelangt. Holz ist zudem als nachhaltiger Baustoff von großer Bedeutung, da bei der Produktion von Stahl und Beton große Mengen CO2 entstehen. Die Folgen des Waldsterbens sind für das Klima und die Wirtschaft daher gewaltig [2].“

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Quellen:

[1] Constance I. Millar and Nathan L. Stephenson, Temperate forest health in an era of emerging megadisturbance

Science • 21 Aug 2015 • Vol 349, Issue 6250 • pp. 823-826

[2] Gabriel Popkin, The forest fight. Science 2.dec. 2021, vol.374, issue 6572, pp 1184- 1189

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