Sydney - Singapur - Saarbrücken

Saarbrücken. Als Lichtkünstler und Bühnenbildner ist Ingo Bracke (38), der an der Saar-Kunsthochschule studierte, in Saarbrücken kein Unbekannter. Hier hat er beispielsweise den Innenhof der Stadtgalerie, das Rathaus und die Johanniskirche illuminiert. Für den Donlon-Ballettabend "Casa Azul" entwarf er das Bühnenbild

Saarbrücken. Als Lichtkünstler und Bühnenbildner ist Ingo Bracke (38), der an der Saar-Kunsthochschule studierte, in Saarbrücken kein Unbekannter. Hier hat er beispielsweise den Innenhof der Stadtgalerie, das Rathaus und die Johanniskirche illuminiert. Für den Donlon-Ballettabend "Casa Azul" entwarf er das Bühnenbild. Er inszenierte eine riesige Lichtinstallation an der Loreley, das Bach-Haus in Eisenach und viele andere Orte in Deutschland. Mittlerweile arbeitet er auf der ganzen Welt.Es war das Internationale Lichtfestival Smart Light in Sydney 2009, das Brackes Leben auf den Kopf stellte. In der australischen Metropole lernte er die Kuratorin und Gründerin des Festivals, Mary-Anne Kyriakou (37) kennen. Sie ist Komponistin und ebenfalls eine gefragte Lichtdesignerin. Und so fanden zwei energiegeladene, hochkreative Menschen zusammen, die eine Leidenschaft teilen: Mittels Licht urbane Landschaften in Szene setzen und (wieder) lebenswert machen.

Lichtkunst statt Lichtmüll

Lichtkunst hat nichts mit Energieverschwendung zu tun, im Gegenteil. Zentrales Anliegen bei den Lichtinstallationen ist es, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. "Wir ermitteln für jedes Kunstwerk den energetischen Fußabdruck. Es geht neben dem künstlerischen Aspekt darum, neue energiesparende LED-Technologie so effizient wie nur möglich einzusetzen und der zunehmenden Lichtverschmutzung entgegenzuwirken", erklärt Mary-Anne Kyriakou. Einen pechschwarzen Nachthimmel könnten viele nur noch selten oder nie erleben, vor allem in den Großstädten. Das führe dazu, dass sich die Menschen ihrer natürlichen Umgebung zunehmend entfremdeten. Mit gutem Lichtdesign könne man den öffentlichen Raum revitalisieren, ja neu erfinden, ohne erst die Architektur verändern zu müssen. Unwirtliche Lebensräume würden so wieder zurückerobert. Das könne auch in Saarbrücken und in der Region funktionieren. Ein Saarschleifen-Licht-Projekt liegt bereits in Brackes Schublade. Die Vision der beiden Künstler: Ein Lichtfestival in der Großregion, von dem die Städte nicht nur künstlerisch, sondern auch ökonomisch profitieren.

Mary-Anne Kyriakou weiß, wovon sie spricht. Sie hat nicht nur zwei große internationale Lichtfestivals in ihrer Heimatstadt Sydney organisiert, die mit einem weitgehend von privaten Sponsoren finanzierten Budget von jeweils umgerechnet zwei Millionen Euro rund 500 000 Besucher in die Innenstadt brachten. Die Gäste gaben wiederum umgerechnet zehn Millionen Euro während des Festivals in der Stadt aus, habe man errechnet. Die umtriebige Künstlerin und Kuratorin konnte mit ihrer innovativen, ökologisch-ethisch motivierten Festival-Idee, die visionäres Energie-Sparen mit ambitionierter Licht- und Klangkunst verbindet, auch die Stadtverwaltung von Singapur überzeugen, für die sie 2010 ebenfalls ein großes Festival organisierte. Zudem gibt es Anfragen chinesischer Mega-Cities.

Intuition und Konzept

In seinen Arbeiten verbindet Bracke häufig literarische und musikalische Motive des 19. und 20. Jahrhunderts mit modernster Lichttechnik. So entstehen poetisch-ästhetische Installationen, die Mensch und Natur neu in Beziehung zueinander setzen und immer auch die Geschichte des Ortes miteinbeziehen.

Während Ingo Bracke sich auf der Zeitachse gerne rückwärts bewegt, bezeichnet sich Mary-Anne Kyriakou als "Utopistin". Ihre Vision: Die Versöhnung des Menschen mit der Natur - mit Hilfe neuester Technologie. Anders als ihr Partner, der eher intuitiv arbeite, gehe sie rational und konzeptionell ans Werk. Auch beim Komponieren. In Saarbrücken konnte man im Rahmen der von Bracke am Eurobahnhof inszenierten Performance "Cronos" für die Saarbrücker Sommermusik einen Teil von Kyriakous Komposition "Enharmonic Moon" hören, die in Sydney im Juni als große interaktive Licht-und Klanginstallation zu erleben war. Jeder der acht Mondphasen hat die Künstlerin einen Ton zugeordnet, die Komposition umfasst 365 Tage. Betrachter können mit Hilfe ihres Handys die an ihrem Geburtstag vorherrschende Mondphase berechnen und den ihr entsprechenden Klang hören und sehen. Bis vor ein paar Tagen war die Installation im Museum Ludwig in Koblenz während der Langen Museumsnacht zu erleben.

Zurzeit ist das Paar in Europa unterwegs, unter anderem auf Wohnungssuche in Berlin. Dort wird ihr Büro Kybra demnächst drei S-Bahn-Brücken zwischen Bahnhof Zoo und Savigny Platz illuminieren.

 Altes Gebäude in neuem Licht: 2009 illuminierte Ingo Bracke das Saarbrücker Rathaus.

Altes Gebäude in neuem Licht: 2009 illuminierte Ingo Bracke das Saarbrücker Rathaus.

 Ingo Bracke und Mary-Anne Kyriakou beim Lichtfestival in Singapur (2010). Fotos: SZ/Bracke

Ingo Bracke und Mary-Anne Kyriakou beim Lichtfestival in Singapur (2010). Fotos: SZ/Bracke

 Mary-Anne Kyriakous Licht-Klang-Installation Enharmonic Moon in Sydney (Juni 2011).

Mary-Anne Kyriakous Licht-Klang-Installation Enharmonic Moon in Sydney (Juni 2011).

Eindrücke von den Lichtfestivals in Sydney unter: www.smartlight.sydney.com und www.vivid.sydney.com

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