Süße Tigerenten und blutrünstige Bibel-Motive

Saarlouis. Es könnte fast eine Szene aus einer Zeichnung sein: Der berühmte Janosch, braungebrannt, in legerer Kleidung mit Schirmmütze inmitten von Anzug tragenden Politikern, Gästen, Journalisten, die allesamt um ihn herumschwirren, auf ihn einreden und blitzen, während er sich hinter dem Goldenen Buch der Stadt verschanzt und Frösche malt

 Janosch in der Galerie Palz vor einem seiner Werke. Foto: Seeber

Janosch in der Galerie Palz vor einem seiner Werke. Foto: Seeber

Saarlouis. Es könnte fast eine Szene aus einer Zeichnung sein: Der berühmte Janosch, braungebrannt, in legerer Kleidung mit Schirmmütze inmitten von Anzug tragenden Politikern, Gästen, Journalisten, die allesamt um ihn herumschwirren, auf ihn einreden und blitzen, während er sich hinter dem Goldenen Buch der Stadt verschanzt und Frösche malt. Natürlich gibt es Reden und schöne Worte, auch von dem 77-Jährigen wird das erwartet. "Es gibt nichts zu sagen" sagt er. Prätentiöse Künstlerattitüde? Könnte man meinen. Eher aber ein Mensch, der einfach besser in den Schaukelstuhl im Haus von Tiger und kleinem Bär passt als in einen Rathausempfang.

Weshalb auch fast alle Janosch-Ausstellungen in Abwesenheit des Künstlers eröffnet werden. Dem Galeristen Michael Palz ist es in anderthalbjähriger Anbahnungsarbeit gelungen, nicht nur rund 70 Arbeiten, Radierungen, Aquarelle und Acrylgemälde der letzten fünf Jahre für die Schau zu sichern, sondern Janosch selbst nach Saarlouis zu locken.

Im Hauptraum hängen die Janoschs, wie sie Millionen Kinder kennen und lieben: Tiger und kleiner Bär erleben ihre Abenteuer. Dahinter ein neunteiliger Zyklus, "von dem ich noch kein einziges verkauft habe", wie Janosch ein wenig enttäuscht bemerkt. Es sind Illustrationen von Bibelzitaten, in denen es zum Teil heiß hergeht: Ehebruch, Sodomie, Gewalt. "Die Zeichnungen sind blutrünstig und gemein, weil ich bildnerisch darstellen wollte, was an Ermordung und Vernichtung unter dem Vorwand des Willen Gottes sich in der Bibel findet", erklärt er, der sich als Rebell und Ketzer bezeichnet. Das spiegeln auch weitere Arbeiten mit ironisch-sarkastischem Blick auf die Gesellschaft. Wie die Zoo-Szene, bei der ein Elefant seinen Rüssel unter einen Frauenrock schiebt. Schlüpfrig ist das auf den ersten Blick, der Text erzählt mehr: "Ein alter Elefant im Zoo berührte eine Frau dort wo. Das ließ die Frau erzittern, nun sitzt er hinter Gittern." Wer sich nicht den Regeln anpasst, wird eingesperrt. Janosch thematisiert seinen Protest gegen Verlage, durch deren Praktiken er um Urheberrechte gebracht worden sei, spricht vom "Drama des Lebens". Irgendwie will das nicht so recht zum Kinder-Janosch voll Wärme und Freundschaft passen. Aber auch nur auf den ersten Blick. "Es geht darum, einen Ausweg zu zeigen", sagt Janosch. Existentialistisches "Gradselääds"? "Genau", meint er, mit Existentialisten habe er in den 50ern in Paris "abgehangen."

Bis 15. Mai in der Galerie Palz, Lisdorfer Straße 9. Für die Schau hat Janosch drei Radierungen zum Thema Saarlouis gestaltet.

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