Studie zeigt Potenzial von See-Windstrom

Berlin · Aktuell ist Offshore-Windstrom eine teure Angelegenheit. Doch der Strom von der See könnte deutlich billiger werden, zeigt eine aktuelle Studie. Vorausgesetzt, dass der Ausbau weiter vorangetrieben wird.

Der Ausbau der Windstromerzeugung auf Nord- und Ostsee stockt und bekommt inzwischen auch politisch Gegenwind. Weil Windstrom an Land billiger sei, solle man die Projekte verlangsamen oder stoppen, verlangen Grüne oder auch der Bundesverband Verbraucherzentralen. Die Offshore-Branche argumentiert mit einer gestern vorgestellten Studie genau andersherum: Wenn es mit dem Ausbau endlich vorangehe, werde auch der Erzeugungspreis deutlich sinken.

Das Baseler Prognos-Institut hat mit der Stuttgarter Fichtner-Gruppe erstmals die Kostensenkungspotenziale für Anlagen auf den deutschen Meeren untersucht. Derzeit kostet eine Kilowattstunde See-Windstrom in der Herstellung je nach Entfernung des Windparks von der Küste zwischen 12,8 und 14,8 Cent. Das könne in den nächsten zehn Jahren bei landnahen Windfeldern auf 8,2 Cent sinken, bei ferneren auf 9,0 Cent, so das Ergebnis der Berechnungen. Eine Verringerung um 32 bis 39 Prozent. Mit diesen Preisen (nach heutigem Geldwert) läge der See-Strom nur noch knapp über dem normalen Windstrom (laut einer Studie des Fraunhofer Instituts von 2012 sechs bis acht Cent) und deutlich unter der Photovoltaik (13 bis 14 Cent). Hinzu kommt, dass die Windräder sich auf hoher See stetiger drehen als an Land. Kohle- und Gasstrom liegen mit drei bis vier Cent je Kilowattstunde allerdings deutlich niedriger.

Derzeit sind nur 400 Megawatt auf Nord- und Ostsee in Betrieb. Zum Vergleich: An Land drehen sich Windräder mit über 30 000 Megawatt Leistung. Das Ausbauziel der Bundesregierung für die Seeanlagen, 10 000 Megawatt bis 2020, gilt selbst der Branche inzwischen als illusorisch. Zwar sind 3000 Megawatt in der Bauphase, aber darüber hinaus warten viele Investoren die weitere Entwicklung ab. Der Präsident der von der Industrie getragenen "Stiftung Offshore", Jens Eckhoff, forderte gestern, nach der Bundestagswahl Klarheit zu schaffen. Die Industrie brauche einen Plan, "wie es weitergeht mit der Energiewende und im Offshore-Bereich". Die Studie sei ein Angebot zur Versachlichung der Diskussion.

Tatsächlich mahnen die Autoren nicht nur die Politik, "stabile Rahmenbedingungen zu schaffen". Auch die Industrie könne zur Kostensenkung beitragen, etwa indem die Anlagen technisch optimiert werden, aber auch durch eine leistungsfähigere Installationslogistik und standardisierte Wartungskonzepte. "Alle müssen ihre Hausaufgaben machen", hieß es. Auch eine Vergrößerung der Turbinen von vier Megawatt Leistung auf sechs bis acht Megawatt werde zur Ersparnis beitragen. Fast ein Zehntel der erwarteten Kostensenkungen aber soll aus einem Bereich kommen, der ganz anders geartet ist: die Finanzierung. Denn die Offshore-Energie ist sehr kapitalintensiv. Ein großes Windrad kostet rund 16 Millionen Euro, ein Feld mehr als eine Milliarde. Und der Planungs- und Bauzeitraum, in denen kein Geld verdient wird, ist mit sechs Jahren gegenüber der Betriebszeit von 20 bis 25 Jahren relativ lang. Derzeit belasten Risikoaufschläge die Rechnungen. Mit steigender Projekterfahrung und Routine könnten diese Finanzierungskosten sinken, schreiben die Autoren - aber eben nur, wenn der Ausbau vorangeht.

offshore-stiftung.com

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