Studie rehabilitiert Toyota

New York. Eigentlich wäre eine dicke Entschuldigung fällig. US-amerikanische Politiker und Medien haben Toyota über Monate verfolgt. Fast täglich prasselten neue Vorwürfe auf das Unternehmen ein: Die Japaner sollten am Tod vieler Menschen Schuld sein, weil sie technische Defekte verschwiegen hätten. Die Nation hatte ihren Feind

New York. Eigentlich wäre eine dicke Entschuldigung fällig. US-amerikanische Politiker und Medien haben Toyota über Monate verfolgt. Fast täglich prasselten neue Vorwürfe auf das Unternehmen ein: Die Japaner sollten am Tod vieler Menschen Schuld sein, weil sie technische Defekte verschwiegen hätten. Die Nation hatte ihren Feind. Die Verkäufe brachen ein, Toyota erlebte die schwerste Krise der Unternehmensgeschichte. Nun stellt sich heraus, dass es die Fahrer waren, die ihre Autos nicht unter Kontrolle hatten. Toyota trifft nach einer Regierungsstudie an den meisten Unfällen überhaupt keine Schuld. Doch das öffentliche Amerika nimmt davon kaum Notiz. Die Nachricht findet sich, wenn überhaupt, auf den hinteren Seiten der Zeitungen. Als Toyota am Pranger stand, landete das Unternehmen fast täglich auf den Titelseiten. Konzernchef Akio Toyoda persönlich musste sich öffentlich demütigen lassen. Politiker griffen den Enkel des Konzerngründers bei einer Anhörung vor dem US-Kongress scharf an - mit vielen herzzerreißenden Geschichten von Toten und Verletzten und wenig handfesten Beweisen. Die Kongressabgeordneten nutzen die Anhörungen als Bühne zur Selbstdarstellung, schließlich ging das Drama live auf Sendung und vor den Bildschirmen saßen die Wähler. Verkehrsminister Ray LaHood setzte sich an die Spitze der Toyota-Jäger - und lenkte davon ab, dass die ihm unterstellte Verkehrssicherheitsbehörde nur zögerlich auf die Unfallberichte bei Toyota reagiert hatte. Denn es gab sie tatsächlich, die klemmenden Gaspedale und rutschenden Fußmatten und die Unfälle. Das streitet selbst Toyota nicht ab und rief deshalb rund acht Millionen Wagen weltweit zurück, die meisten davon in den Vereinigten Staaten. In den meisten Fällen allerdings, so die Studie, machten die Menschen die tödlichen Fehler. Die Auswertung von 58 Unfalldatenschreibern zeigt, dass die Fahrer in mindestens 35 Unfällen überhaupt nicht auf die Bremse getreten hatten; in anderen Fällen bremsten sie nur halbherzig oder schlicht zu spät. Der japanische Hersteller leidet noch immer unter den Folgen der öffentlichen Hatz. Obwohl der Automarkt allgemein boomt, lagen die Toyota-Verkäufe in den USA im Juli drei Prozent unter denen des Vorjahresmonats. Seine über Jahre erkämpfte Stellung als drittgrößter Autoverkäufer in den USA hat Toyota an Ford verloren. Mehrere Studien bescheinigen den Wagen noch immer eine anhaltend gute Qualität. Anscheinend sind die US-Autofahrer die einzigen, die ihre Toyotas nicht im Griff haben. Meinung

Zu früh verbeugt

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger Akio Toyoda hat sich zu früh verbeugt - und damit die Verantwortung für die Pannenserie übernommen. Die wird er jetzt trotz der Untersuchungsergebnisse nicht ganz los. Denn letztlich hat Toyota damit mögliche Fabrikationsfehler eingeräumt.Toyoda selbst ist daraus kein Vorwurf zu machen. Angesichts zahlreicher Todesfälle blieb ihm kaum etwas anderes übrig, als Autos zurückzurufen und präventiv die Verantwortung für die Pannen zu übernehmen - alles andere wäre zynisch gewesen.Jetzt muss das Unternehmen aktiv versuchen, Vertrauen in den USA zurückzugewinnen. Das wird eine schwierige Aufgabe. Denn die Medien, die so dankbar die Pannen ausgeschlachtet haben, lassen Toyota jetzt im Regen stehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort