Studie: Kohle weltweit am meisten gefragt Stromversorger fordern Ausgleich für unrentable Kraftwerke

Berlin. Immer mehr Staaten setzen bei ihrer Stromproduktion auf Wasserkraft, Biomasse, Solar- und Windenergie. Das hat eine Auswertung weltweiter Kraftwerksdaten für die vierte Auflage der Studie "Energierevolution" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace ergeben

Berlin. Immer mehr Staaten setzen bei ihrer Stromproduktion auf Wasserkraft, Biomasse, Solar- und Windenergie. Das hat eine Auswertung weltweiter Kraftwerksdaten für die vierte Auflage der Studie "Energierevolution" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace ergeben. Allerdings bleibe Kohle mit insgesamt 475 000 Megawatt an installierter Leistung seit 1990 weiter der dominante Energieträger.Wie die Studie weiter ergab, wurden allerdings im vergangenen Jahr erstmals mehr Ökoenergie-Anlagen gebaut als Kohlekraftwerke. Insgesamt sind seit 1990 durch den Neubau entsprechender Kapazitäten 430 000 Megawatt Leistung installiert worden. Das entspricht rund 400 Atomkraftwerken. Allerdings liefern Sonne und Wind nicht kontinuierlich Strom. Nach Rückschlüssen von Greenpeace ist ein Rückgang der Nutzung von Kohle und Öl im Energiesektor Voraussetzung für die Rettung des Erdklimas.

Der Studie zufolge haben 118 Länder inzwischen Ausbauziele für erneuerbare Energien. Die Auswertung der Studie zeigt, dass bei den Ausbauzahlen nicht nur in Deutschland Ausbaupläne in den letzten Jahren sogar teils noch massiv übertroffen worden sind.

Demnach wurden 2011 weltweit mehr Wind- und Solarparks, Wasserkraftwerke und Biomasseanlagen (Anteil: 39 Prozent) als Kohlekraftwerke (34 Prozent) neu gebaut. Von 1990 bis 2012 habe es einen grundlegenden Wandel gegeben. So ging der Anteil der Kernenergie an neu installierten Kapazitäten auf nur noch drei Prozent zurück. "Atom spielt bei Neubauprojekten keine Rolle mehr", sagte Greenpeace-Experte Sven Teske, der die Studie koordiniert hat.

Gleichzeitig "kommen die erneuerbaren Energien in die Wirtschaftlichkeit", so Teske. China zum Beispiel habe ein fast identisches Einspeisegesetz für erneuerbare Energien wie Deutschland, zum 1. Juli trete auch in Japan ein Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft. Das Land ist seit der Katastrophe von Fukushima deutlich atomkritischer geworden.

Allein 2011 installierte China demnach Windparks mit 18 000 Megawatt Leistung. Da es hier wegen der Bevölkerungszahl von mehr als 1,3 Milliarden Menschen einen großen Energiehunger gibt, ist China zugleich verantwortlich dafür, dass Kohle als Energieträger noch eine dominante Rolle hat. 30 Prozent der neuen Kraftwerke seit 1990 sind Kohlekraftwerke. Da in den nächsten Jahren die Kraftwerksparks in den Industrieländern erneuert und in Schwellen- und Entwicklungsländern die Kapazitäten massiv ausgebaut werden müssen, setzt Greenpeace große Hoffnungen in einen weiteren Zubau an erneuerbaren Energien. Durch die Ausbeutung riesiger neuer Gasvorkommen etwa in den USA haben Gaskraftwerke weiterhin einen ebenfalls hohen Anteil. Laut Studie könnte der Stromanteil erneuerbarer Energien weltweit bis 2020 auf 37 Prozent steigen, heute können rund 20 Prozent gedeckt werden. Teske betonte, ein weiterhin so dynamischer Ausbau der erneuerbaren Energien könne Kohle und Gas mittelfristig stark zurückdrängen. Bis 2020 wird mit dem Zubau von bis zu 475 000 Megawatt gerechnet, heißt es in der Studie. Die Zahl der Beschäftigten im Bereich erneuerbare Energien könnte auf bis zu knapp 13 Millionen Menschen steigen.

Der Studie zufolge könnte bis 2050 rund 60 Prozent des Stroms weltweit von Solaranlagen und Windrädern erzeugt werden, zusammen mit Wasser, Biomasse und anderen erneuerbaren Energien wird das Potenzial sogar auf 94 Prozent geschätzt. Allerdings müsste zunächst das Speicherproblem gelöst werden, damit Strom auch zur Verfügung steht, wenn kein Wind und keine Sonne scheint. Deutschland und Norwegen planen ein großes Seekabel, damit überschüssiger Ökostrom aus Deutschland in norwegischen Pumpspeicherkraftwerken gespeichert und bei Bedarf wieder nach Deutschland geleitet werden kann. dpa

Hamburg. Deutsche Stromkonzerne dringen im Zusammenhang mit der Energiewende auf Entschädigungen für den Weiterbetrieb unrentabler Kraftwerke und für Verspätungen beim Netzausbau. Prinzipiell sei es richtig, im Interesse der Versorgungssicherheit alte, unrentable Kraftwerke am Netz zu halten, sagte der designierte RWE-Chef Peter Terium dem "Spiegel". Die Betreiber "müssten allerdings eine angemessene Vergütung für den Betrieb dieser unrentablen Reserve Kraftwerke erhalten".

Unterdessen prüft die Bundesnetzagentur laut "Wirtschaftswoche" bereits Entschädigungszahlungen an den Versorger E.on für den Weiterbetrieb unrentabler Gaskraftwerke. Die Agentur kläre bei zur Schließung vorgesehenen E.on-Anlagen, "ob es sich um Kraftwerke handelt, die für die Netzsicherheit zwingend erforderlich sind", sagte der Chef der Netzagentur, Jochen Homann. Falls sie am Netz bleiben müssten, "wird man sich einer Frage nach einer angemessenen Entschädigung nicht verschließen können." Energieversorger dürften aber nicht ermuntert werden, "in Erwartung einer Entschädigung Kraftwerksstilllegungen anzukündigen", sagte Homann weiter. E.on hatte die Agentur bereits über die beabsichtigte Schließung dreier unrentabler Gaskraftwerke in Süddeutschland informiert. Der designierte RWE-Chef Terium forderte zudem Gespräche über einen wirtschaftlichen Ausgleich für den verspäteten Netzanschluss von Offshore-Windparks. Ohne solche Gespräche "werden die deutschen Offshore-Planungen bis zum Jahr 2020 nicht mehr erfüllbar sein", fügte Terium hinzu, der ab 1. Juli zum neuen RWE-Chef bestellt ist. dapd

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