Strom aus heißer Luft

Saarbrücken · Mit Stromerzeugung aus Abwärme will die Firma Devetec aus Saarbrücken die Energiewende voranbringen. Das 18-Mann-Unternehmen entwickelt energiesparende Motoren für Industrie-Anlagen.

 Joachim Meyer (l) und Michael Schmidt präsentieren einen Versuchsmotor. Foto: Oliver Dietze

Joachim Meyer (l) und Michael Schmidt präsentieren einen Versuchsmotor. Foto: Oliver Dietze

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Das Problem, aus dem die Firma Devetec Kapital schlagen will, ist heiße Luft. Gemeint ist die Abwärme, die bei technischen Prozessen ungenutzt in die Umwelt entweicht - ob aus dem Auto-Auspuff oder dem Stahlwerk-Schornstein. "Wir haben eine Technik entwickelt, die diese Energiemenge auffängt und als Strom nutzbar macht", sagt Michael Schmidt, technischer Geschäftsführer des Unternehmens im Saarbrücker IT-Park. Mit der Technik, die Energie und damit Kosten sparen soll, zielt Devetec auf Kunden aus der Schwerindustrie, bei der viel Abwärme anfällt. "Wir leisten einen innovativen Beitrag zur Energiewende", sagt Schmidt.

Kernprodukt der Firma, das derzeit in vier Anlagen deutschlandweit getestet wird, ist ein sogenannter ORC-Kolbenmotor, der auf Ethanol-Alkohol-Basis arbeitet. Dabei funktioniert der ORC-Motor wie eine Dampfmaschine, hat aber den Vorteil, dass durch den Ethanol-Einsatz Wärme bereits ab Temperaturen von 250 Grad genutzt werden kann.

Für ihre Entwicklung ist die Start-up-Firma, die im Jahr 2000 aus der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) des Saarlandes hervorging, mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Querdenker-Award für innovative Technologien.

Auf die Ehre soll jetzt das Geschäft folgen. Für den "nächsten Wachstumsschritt" sucht Devetec nun Investoren. Denn die 18-Mitarbeiter-Firma, die im laufenden Geschäftsjahr rund 1,3 Millionen Euro umsetzt, hat große Pläne. "2015 sind die Motoren nach allen Tests marktreif", sagt der kaufmännische Geschäftsführer Joachim Meyer. Weil in diesem Jahr die Forschungsmittel auslaufen, braucht Devetec eine Anschlussfinanzierung für den Markteintritt: "2016 soll die Firma durch den Verkauf der Motoren profitabel sein. Und 2018 könnten wir bei einem Umsatz von 35 Millionen stehen", sagt Meyer. Für das Turbo-Wachstum müssten die Geschäfte indes richtig gut laufen. Aber es gebe Grund zum Optimismus, sagt Meyer. Auch, weil Devetec nicht nur im Anlagenbau aktiv ist. Für einen "namhaften Automobil-Hersteller" forscht das Team an einer Technik, die Auspuff-Abwärme in Antriebsenergie umsetzt. Das senkt den CO{-2}-Ausstoß und spart gleichzeitig Kraftstoff.

"Wir haben angefangen mit einem Kapital von 25 000 Euro und einer Idee", sagt Schmidt. "Heute wird die Firma auf einen Wert von zehn Millionen Euro geschätzt." Schmidt würde sich ein Engagement deutscher und saarländischer Investoren wünschen. Das größte Interesse an der Saarbrücker Technologie komme aber aus China. Für seinen enormen Energie-Bedarf suche das Reich der Mitte kostengünstige und umweltschonende Technik. "In der politischen Debatte liegt der Fokus hier gerade auf Photovoltaik und Windkraft. Über effiziente Technologien bei Wärme und Strom spricht niemand", beklagt Schmidt. Doch genau in diese (Markt-) Lücke will Devetec stoßen. Mit der "Industriewärme-Verstromung" ließen sich "80 Prozent der Abwärme eines Industriebetriebs wieder nutzbar machen", rechnet er vor - 20 Prozent als Strom, der Rest als Heiz-Energie. "Das spart Geld". Die Technik bewähre sich bereits, unter anderem am Pilot-Standort im Kraftwerk Fenne. Im Frühjahr geht bereits die fünfte Anlage in einem Stahlwerk in Baden in Betrieb. In fünf Jahren, so das Devetec-Ziel, sollen mindestens 19 Motoren verkauft sein - und aus heißer Luft Strom erzeugen.

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