Stress mit der Familie

Saarbrücken. Adrians Leben ändert sich vollkommen, als er ein kleines Brüderchen bekommt. Tobias hat das Down-Syndrom, die Familie ist damit einigermaßen überfordert. Die sorglosen Zeiten sind vorbei. Inzwischen ist Tobias 17, Adrian studiert Geschichte

Saarbrücken. Adrians Leben ändert sich vollkommen, als er ein kleines Brüderchen bekommt. Tobias hat das Down-Syndrom, die Familie ist damit einigermaßen überfordert. Die sorglosen Zeiten sind vorbei. Inzwischen ist Tobias 17, Adrian studiert Geschichte. Alle scheinen sich arrangiert zu haben, doch die Beziehung zwischen Adrian und den Eltern ist merklich angespannt, obwohl er sich sehr um Tobias kümmert und für den Jüngeren der beste Bruder der Welt ist. Nur Adrians durchgeknallter anarchischer Künstlerfreund Otto durchschaut, wie eingeengt sich sein Freund fühlt. Immer noch scheint Adrian den Eltern nachzutragen, dass seine eigene Kindheit so plötzlich zu Ende war, wo sich alle Hilfe auf Tobias konzentrierte. "Großer Bruder, kleiner Bruder", das neue Jugendbuch des in Oslo gebürtigen Autors Sverre Henmo, ist das feinfühlige, ruhige Porträt einer Familie, die vor unerwartete Herausforderungen gestellt, ihr Bestes gibt, oft aber einfach überängstlich reagiert. Lesenswert.

Sverre Henmo: Großer Bruder, kleiner Bruder. Hanser, ab 14 J., 220 S., 14,90 Euro

Wenn man auf einer Farm für irgendwas immer Zeit haben muss, und zwar täglich, sind das ja wohl die Tiere. Kühe melken sich nun mal nicht selber und Ställe werden nicht einfach so wieder sauber. Weshalb die 15-jährige DJ auch kräftig mithilft, damit bei ihr zuhause in Wisconsin alles seinen gewohnten Gang geht und der deutsche Titel von Catherine Gilbert Murdocks neuem Jugendbuch "Keine Zeit für Kühe" zwischen beliebig und lieblos schwankt. Im Original heißt es "The Off Season", denn neben jeder Menge Farmproblemen geht es vor allem um Sport. DJ spielt Basketball und enthusiastisch Football in einem Jungen-Team, ist groß, muskulös und irgendwie anders. Sie will unbedingt studieren, doch das ginge nur mit einem Sportstipendium. Als sich ihr ebenfalls Football spielender Bruder Win an der Wirbelsäule schwer verletzt, beweist DJ wie sehr sich ihre Familie auf sie verlassen kann. Hier lohnt es sich, ein Buch nicht nach dem nichts sagenden Cover zu beurteilen. Gilbert schildert nachvollziehbar das Auf und Ab in einem kleinen Farmbetrieb, familiären Zusammenhalt und Nachbarschaftshilfe. Und vor allem, wie ein schüchternes, unsicheres Mädchen lernt, langsam zu ihren Stärken zu finden.

Catherine Gilbert Murdock: Keine Zeit für Kühe. Carlsen, ab 14 J., 287 S., 14 €

Ab und an kommt man nicht umhin aus der seit Jahren beständig anbrandenden Flut der Fantasy-Romane einen heraus zu picken, um zu schauen, wohin die Reise geht. Wie etwa Benjamin J. Myers Reihen-Auftakt "The Bad Tuesdays. 1. Die verbogene Symmetrie". Der bemüht einmal mehr das beliebte Waisenkind-Motiv. Hier nennt man sie Kanalratten, da sie auf einem heruntergekommenen, in Dickenssche Düsternis getauchten Kaigelände ihr Dasein fristen. Die Kinder stehlen, um zu überleben, niemand würde die elfjährige Chess und ihre beiden Brüder Box und Splinter vermissen, würden sie verschwinden. Umso seltsamer, dass plötzlich Gestalten auftauchen, die sich sehr für die Geschwister interessieren, speziell für Chess, die offenbar zu Besonderem befähigt ist. Mit dem Straßenleben hat es ein Ende, denn neben der einen, den Kindern bekannten Welt gibt es viele weitere mit Menschen verschlingenden Saugwürmern, lebenden Computerhirnen und wirbelnden Durchlässen. Obwohl das Buch spannend ist: sich seitenlang mit der kindlichen Unschuld zu befassen, die sich leidensbereit auf den Weg bis zum Happy End macht, ist der Mühe nicht wert.

Benjamin J. Myers: The Bad Tuesdays: 1. Die verbogene Symmetrie. Freies Geisterleben, ab 14 J., 350 S., 16,90 €. (Im März erscheint Bd. 2)

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