Streit um Mindestlohn schwelt weiter

Berlin · Wenn Schüler, Studenten und Rentner mit ihren Nebenjobs vom Mindestlohn ausgenommen werden, betrifft das rund zwei Millionen Menschen. Das geht aus einer Bundestags-Anfrage der Grünen hervor.

Die von Unionspolitikern und Arbeitgebern geforderten Ausnahmen beim geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde würden rund zwei Millionen Schüler, Studenten und Rentner betreffen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

Demnach waren laut Bundesregierung im Jahr 2012 rund 570 000 Schüler, 843 000 Studenten und 527 000 Rentner erwerbstätig. Union und Arbeitgeber fordern für diese Gruppen Ausnahmen vom flächendeckenden Mindestlohn. Darüber hinaus auch für Saisonarbeiter. Informationen zu deren Anzahl liegen der Bundesregierung aber nicht vor.

Pothmer sagte unserer Zeitung, sollten die Ausnahmen Realität werden, "ist der Mindestlohn durchlöchert wie ein Schweizer Käse und in seiner gesamten Konstruktion gefährdet". Es stelle sich die Frage, ob Union und SPD unterschiedliche Koalitionsverträge unterschrieben hätten, wenn Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) den gesetzlichen Mindestlohn garantiere und die Union zeitgleich immer neue Ausnahmen fordere. Außerdem werde das Lohnprinzip in Frage gestellt: "Es zählt nicht die Leistung, sondern es muss nachgewiesen werden, dass man den Lohn auch benötigt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten", kritisierte Pothmer.

Unterdessen geht die politische Diskussion um den Mindestlohn in der großen Koalition weiter. So fordert die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner Ausnahmen. "Die SPD sollte offen sein für handfeste und überzeugende Argumente", sagte Klöckner, die auch stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende ist, der Zeitung "Die Welt". Es gelte die Absprache, dass der Mindestlohn eingeführt werde, aber bei der pragmatischen Umsetzung müsse man flexibel bleiben. Klöckner unterstützte damit neben dem CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs eine entsprechende Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer. Dieser hatte Ausnahmen verlangt. Für Saisonarbeiter, Praktikanten oder Ehrenamtliche könne die Regelung nicht gelten. Auch bei der Beschäftigung von Rentnern solle eine Ausnahme gemacht werden.

Union und SPD haben sich auf die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro je Stunde zum 1. Januar 2015 verständigt. Ab 2017 soll er "uneingeschränkt" gelten. Die SPD besteht weiterhin auf einen Mindestlohn ohne zusätzliche Ausnahmen. SPD-Chef Sigmar Gabriel verwies auf die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. "Schon erledigen sich einige sehr überflüssige Debatten", sagte der Vizekanzler der "Welt". Als Ausnahmen von einem gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro nannte Gabriel Auszubildende und Schülerpraktikanten, "weil es sich dabei ja nicht um reguläre Arbeitsverträge handelt".

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