Streik lähmt Frankfurter Flughafen Bei Streiks keine Entschädigung

Frankfurt. Ein Streik von 200 Mitarbeitern hat gestern den Flugverkehr am Drehkreuz Frankfurt behindert und dürfte auch heute Passagiere auf eine Geduldsprobe stellen. Dann will die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) von 8 bis 22 Uhr doppelt so lange streiken wie gestern. Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben für heute bereits 250 Inlands- und Europaflüge gestrichen

Frankfurt. Ein Streik von 200 Mitarbeitern hat gestern den Flugverkehr am Drehkreuz Frankfurt behindert und dürfte auch heute Passagiere auf eine Geduldsprobe stellen. Dann will die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) von 8 bis 22 Uhr doppelt so lange streiken wie gestern. Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben für heute bereits 250 Inlands- und Europaflüge gestrichen. Die 200 Vorfeldlotsen und andere Beschäftigte wollen so höhere Gehälter erzwingen.Mit dem Beginn des Arbeitskampfes um 15 Uhr ging gestern die Zahl der Starts und Landungen rapide zurück, wie der Betreiber Fraport berichtete. Mindestens 150 Flüge fielen aus. Fraport-Vorstand Peter Schmitz rechnete am Abend mit weiteren Annullierungen. Mit im Unternehmen angeworbenen und ausgebildeten Ersatzkräfte habe Fraport den Betrieb aber gut in den Griff bekommen, sagte ein Sprecher. "Wir sind bei über 50 Prozent der Kapazität." Das hatte sich das Unternehmen als Ziel gesetzt.

Sowohl der Flughafenbetreiber Fraport als auch die Lufthansa kritisierten die Streikenden scharf. "Wir fühlen uns erpresst", hieß es bei Fraport. Auch andere Gewerkschaften und Verbände verurteilten das Vorgehen der GdF als unsolidarisch und egoistisch. Die Lufthansa hatte gestern 100 Flüge vorsorglich gestrichen. Das war etwa jeder dritte Flug in der vom Streik bedrohten Zeit.

Fraport hatte in dem seit Monaten schwelenden Tarifkonflikt einen Schlichterspruch des Hamburger CDU-Politikers Ole von Beust abgelehnt und eine nachfolgende Erklärungsfrist der Gewerkschaft verstreichen lassen. Man wolle nur auf der Grundlage des bisherigen Angebots weiterverhandeln, sagte Personalchef Herbert Mai. Die GdF will den Spruch nach eigenen Angaben umsetzen. Mai bezifferte die verlangten Steigerungen auf 64 bis 73 Prozent gegenüber dem heutigen Niveau.

Die DGB-Gewerkschaft Verdi verlangte vom Fraport-Vorstand die Rücknahme des ihrer Meinung nach bereits weit überhöhten Angebots. Angeführt von der GdF versuche eine kleine Minderheit von 200 Beschäftigten, sich auf Kosten anderer zu bereichern. "Der Betriebsfrieden ist nachhaltig gestört", sagte Verdi-Sekretär Gerold Schaub am Flughafen.

Dass 200 von 20 000 Mitarbeitern versuchten, den Betrieb lahmzulegen, sei nicht akzeptabel und führe das Streikrecht ad absurdum, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch. "Diese Minigruppe nimmt Zehntausende Fluggäste für ihre Tarifforderungen in eine Art Geiselhaft." Es zeige sich, wie problematisch die Zersplitterung in Minigewerkschaften sei. Fraport-Arbeitsdirektor Mai verlangte Schutz vor dem Einfluss der Spartengewerkschaften. "Zwei Prozent der Beschäftigten dürfen einfach nicht ein Unternehmen erpressen", sagte er. Das Gesetz müsse geändert werden, um wieder zu dem Grundsatz "ein Betrieb, ein Tarifvertrag" zurückzukehren.

Informationen: Erster Ansprechpartner für Flugreisende bei Streiks ist immer die Fluggesellschaft, bei Pauschalreisen der Reiseveranstalter. Auch der Flughafen bietet auf seiner Internetseite ausführliche Informationen über die aktuellen Abflug- und Ankunftszeiten. Bei Informationen aus dem Internet ist es sinnvoll, sich diese auszudrucken, um später einen Beleg zu haben.

Stornierung und Umbuchung: Einen wegen Streiks gestrichenen Flug kann der Kunde stornieren, er bekommt dann sein Geld zurück. Wer trotzdem fliegen will, hat Anspruch auf einen späteren Flug. Das kann aber dauern, bis der Streik vorbei ist - und auch länger, da ein Rückstau entstehen könnte.

Verspätung: Bei Flügen bis zu 1500 Kilometern haben Fluggäste ab zwei Stunden Verspätung Anspruch auf Betreuungsleistungen - also Telefonate, Getränke, Mahlzeiten und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel. Bei einer Strecke von 1500 bis 3500 Kilometern gibt es Unterstützung nach drei Stunden, ab 3500 Kilometern Strecke nach vier Stunden. Ab einer Wartezeit von fünf Stunden können Passagiere eine Erstattung des Flugpreises verlangen.

Pünktlichkeit: Auch bei einer großen absehbaren Verspätung sollten Passagiere immer zur ursprünglichen Abflugzeit am Flughafen sein. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Fluggesellschaft doch früher einen Ersatzflug anbieten kann - und der Reisende ihn dann verpasst.

Entschädigung: Bei Annullierung, Überbuchung oder Verspätung ab drei Stunden haben Passagiere zwar laut EU-Verordnung Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 600 Euro - aber nur, wenn kein "außergewöhnlicher" Umstand daran schuld ist. Die Fluggesellschaften werten Streiks aber wie miserables Wetter als außergewöhnlichen Umstand und zahlen in diesen Fällen keine Entschädigung. afp

Hintergrund

Beispiele für kleine, aber mächtige Gewerkschaften: Vereinigung Cockpit (VC): Sie setzt sich für rund 8200 Cockpit-Besatzungsmitglieder ein. Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) mit etwa 3200 Mitgliedern in den Towern und bei den Vorfeldkontrollen. Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO): Sie setzt sich für das fliegende Kabinenpersonal ein und hat über 10 000 Mitglieder. Die Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) hat rund 34 000 Mitglieder und organisiert Lokführer und Schaffner. Der Marburger Bund ist die Ärztegewerkschaft mit rund 108 000 Mitgliedern. dpa

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