Stirbt der Buchhandel an Frankreichs Grenze?

Saargemünd/Forbach · Die französische Buchhandelskette Chapitre ist insolvent. Von 57 Filialen konnten 16 gerettet werden. Bislang jedoch nicht die Standorte Saargemünd und Forbach. Ihnen droht das Aus – und damit dem gesamten stationären Buchhandel der Lothringer Grenzregion.

 Gestern war die Saargemünder Chapitre-Filiale noch geöffnet. Doch nur ein Käufer kann sie vor dem Aus retten. Foto: Dietze

Gestern war die Saargemünder Chapitre-Filiale noch geöffnet. Doch nur ein Käufer kann sie vor dem Aus retten. Foto: Dietze

Foto: Dietze

Der Buchhandel befindet sich im Umbruch, vor allem die großen Ketten stehen zunehmend ratlos vor der Frage, wie sie die Käufer-Abwanderung ins Internet stoppen können. Welche fatalen Folgen die Pleite einer einzigen Buchhandelskette besonders für ländliche Gebiete haben kann, lässt sich derzeit in Frankreich am Beispiel der Lothringer Grenzregion beobachten.

Seit Anfang Dezember befindet sich Chapitre, die zweitgrößte Kette Frankreichs, in der Insolvenz. Einst von Bertelsmann zum Groß-Filialisten ausgebaut, verkaufte der deutsche Medienkonzern das Unternehmen, als es 2011 zu schwächeln begann, an den US-Finanzinvestor Najafi. Der setzte die Rasierklinge an, dünnte das Filialnetz aus, strich über 500 Stellen - und machte dennoch Verluste in Millionenhöhe. Auch, weil immer mehr Verlage aus Angst vor Verlusten ihre Lieferungen einstellten. Najafi verlor das Interesse, versuchte im vergangenen Jahr vergeblich die 57 verbliebenen Buchhandlungen zu verkaufen. Im Dezember dann die Insolvenz, die 1200 Mitarbeitern einen Schock versetzte. Mittlerweile ist zumindest klar, dass 315 von ihnen nicht mehr um ihre Zukunft bangen müssen: Für 16 Läden wurden neue Besitzer gefunden - darunter die Filiale in Nancy.

In der näheren Grenzregion herrscht dagegen große Unsicherheit. Die rund 30 Mitarbeiter der Filialen in Forbach und Saargemünd wissen nicht, wann sie wieder mit Büchern beliefert werden oder ob sie bald schon ganz schließen müssen. Gerüchteweise gibt es einen Interessenten für Saargemünd, und aus dem Forbacher Rathaus heißt es, man habe zumindest "zwei, drei Kontakte" gehabt. Ob was dran ist, wird sich erst zeigen. Bis zum 7. Januar müssen Übernahme-Interessenten beim Pariser Handelsgericht einen Antrag gestellt haben. Eine Antwort wird dann bis spätestens 20. Januar erwartet. Müssten schlimmstenfalls beide Filialen schließen, hätte das dramatische Auswirkungen auf die Situation des stationären Buchhandels in der Region: "Unsere bisherigen Kunden müssten dann zum Bücherkauf nach Metz oder nach Straßburg fahren", sagt eine Saargemünder Chapitre-Mitarbeiterin. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Kunden dann künftig ihre Bücher nur noch im Internet bestellen.

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HintergrundMit mehreren Maßnahmen versucht Frankreich den stationären Buchhandel zu stärken: Seit 2009 sind Hunderte kleine Buchhandlungen von der Gewerbesteuer befreit; seit 2014 beträgt die Mehrwertsteuer auf Bücher nur noch fünf Prozent; die Nationalversammlung will per Gesetz gegen Amazon-Rabatte vorgehen. jkl

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