Starre Fronten bei der Flexi-Rente

Berlin · Um die Arbeitsgruppe der großen Koalition zur Auslotung flexibler Rentenübergänge ist es still geworden. Selbst Mitglieder des Gremiums können sich kaum noch erinnern, wann sie eigentlich zuletzt getagt hat.

Es war zu Jahresbeginn. Ein neuer Sitzungstermin ist nicht vereinbart. Dabei entsprach die Arbeitsgruppe einem Herzenswunsch der Union, um die ungeliebte Forderung der SPD nach der abschlagsfreien Rente mit 63 einigermaßen zu verdauen. Im Gegenzug sollte das Gremium Vorschläge unterbreiten, um vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels auch ein Arbeiten über den regulären Renteneintritt hinaus attraktiver zu gestalten. Im Juni des vergangenen Jahres wurde die Arbeitsgruppe gebildet, bis Weihnachten waren Ergebnisse angekündigt worden. Doch die lassen immer noch auf sich warten, während sich die Frühverrentung mit 63 längst großer Beliebtheit erfreut.

"Bisher haben wir keinen Konsens herstellen können. Es gibt offene Punkte, die wir weiter verfolgen, um zu einer Lösung zu kommen", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD , Katja Mast, unserer Zeitung. Der Stillstand resultiert wohl auch daraus, dass inzwischen Forderungen auf dem Tisch liegen, die mit dem Thema wenig zu tun haben. So drängen die Genossen beispielsweise auf Gesundheits- und Qualifikationsprüfungen für Arbeitnehmer zwischen 45 und 50 Jahren, um etwa eine Erwerbsminderung abzuwenden. Außerdem stellen sie die so genannte Zwangsverrentung in Frage, die Menschen dazu verpflichtet, zum frühstmöglichen Zeitpunkt auch mit Abschlägen in Rente zu gehen, wenn sie schon lange arbeitslos sind.

Dagegen will die Union, dass Rentner ihre gesetzlichen Altersbezüge aufgestockt bekommen, wenn sie weiter arbeiten. Bislang zahlt der Arbeitgeber für solche Personen zwar weiter Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge ein. Sie wirken sich aber nicht rentensteigernd aus, und von den Arbeitslosenbeiträgen haben Rentner auch nichts. Deshalb drängt der Wirtschaftsflügel der Union auf die Abschaffung des Arbeitslosenbeitrages. Und er stellt auch den Rentenbeitrag des Arbeitgebers in Frage.

Erschwert wird ein Kompromiss dadurch, dass er nichts kosten darf. Das im vergangenen Jahr geschnürte Paket mit den Früh- und Mütterrenten ist nämlich schon teuer genug. Würde man zum Beispiel den Rentenbeitrag der Arbeitgeber für arbeitende Senioren abschaffen, kämen eine Milliarde Euro weniger in die Rentenkasse.

Am ehesten konsensfähig ist dem Vernehmen nach eine Flexibilisierung der "Teilrente". Sie steht seit 1992 im Gesetzblatt, wird aber nur von wenigen tausend Menschen genutzt. Ursache sind eine komplizierte Berechnung sowie starre Zuverdienstgrenzen. Wird eine solche Grenze auch nur ganz knapp überschritten, fällt die Teilrente gleich erheblich niedriger aus. Die Union will, dass solche Personen mit der Summe aus ihrer Rente und dem Zuverdienst bis auf ihre letzten Bruttobezüge kommen können, was die SPD angeblich mittragen würde. Allerdings scheiden sich die Geister daran, wann die Teilrente greifen soll. Bislang ist sie frühestens mit 63 möglich. Das will die Union beibehalten. Die SPD ist für 60 Jahre.

Bei den C-Parteien hofft man noch auf eine gesichtswahrende Lösung. "Am Thema Flexi-Rente entscheidet sich, ob die große Koalition in der Lage ist, auch große Themen anzupacken. Demografie ist die große Linie der Zukunft", sagte der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann, der SZ.

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