Stahlarbeiter gehen auf die Straße - Proteste auch im Saarland geplant

Völklingen · Mitte April sollen auf Initiative der IG Metall an einem Aktionstag alle Stahlarbeiter in Deutschland die Arbeit niederlegen. Die Branche will gegen geplante Umweltauflagen aus Brüssel demonstrieren, die nach Ansicht der Gewerkschaft das Aus für den Stahl-Standort Deutschland bedeuten können.

550 Seiten stark, 2,5 Kilo schwer: der Geschäftsbericht 2012-2015 der IG Metall Völklingen. Robert Hiry (Mitte) und der neue Bezirkschef der IG Metall, Jörg Köhlinger, überreichen ihn Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger inklusive einem dafür geeigneten Gepäckstück. Foto: Andreas Engel

550 Seiten stark, 2,5 Kilo schwer: der Geschäftsbericht 2012-2015 der IG Metall Völklingen. Robert Hiry (Mitte) und der neue Bezirkschef der IG Metall, Jörg Köhlinger, überreichen ihn Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger inklusive einem dafür geeigneten Gepäckstück. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

. Robert Hiry steht für weitere vier Jahre an der Spitze der IG Metall in Völklingen . Die Delegiertenkonferenz bestätigte Hiry am Wochenende mit 98,1 Prozent der Stimmen im Amt, das er seit 2004 als Nachfolger von Kurt Hartz ausübt. Der zweite Bevollmächtigte Guido Lesch erhielt 93,7 Prozent der Stimmen.

Hiry schwor die Delegierten auf einen Existenzkampf in der deutschen und europäischen Stahlindustrie ein. Die Lage habe sich so weit zugespitzt, dass der Stahlstandort Deutschland auf dem Spiel stehe. Der von der Brüsseler EU-Kommission eingeschlagene Kurs mit einer geplanten Verschärfung des C0-Emissionsrechtehandels belaste die europäische, deutsche und saarländische Stahlindustrie "jährlich mit einer Milliarde Euro. Es gibt nirgendwo auf der ganzen Welt solche Überlegungen, außer in Europa", kritisierte Hiry. Auch die IG Metall sei für die Einhaltung von Klimazielen, diese machten aber nicht an nationalen Grenzen halt. Es müssten gleiche Bedingungen für alle gelten.

Da Sachargumente bisher in Brüssel nicht geholfen hätten, greift die IG Metall nun zu einem härteren Druckmittel. Voraussichtlich am 15. oder 16. April soll es in Deutschland einen nationalen Stahl-Aktionstag geben. Alle Stahlarbeiter werden aufgerufen, die Arbeit niederzulegen "um für unsere gemeinsamen Forderungen auf die Straße zu gehen". Auch in Völklingen und Dillingen sind Großdemonstrationen geplant. In Stufe eins der Proteste sammelt die Gewerkschaft ab dem heutigen Montag in einer "betrieblichen Stahlaktionswoche" Unterschriften gegen die Pläne. Auf dem Aschermittwochtreffen der Saar-SPD in Siersburg will die Gewerkschaft dem Präsidenten des Europäischen Parlamentes, Martin Schulz , eine Resolution "Stahl ist Zukunft" überreichen und seine Unterstützung einfordern. Diese Resolution sollen Stahlarbeiter und Prominente unterschreiben. Im März ist eine Stahlvertrauensleute- und Funktionärskonferenz mit Bundes- und Europapolitikern geplant.

Auch im Automobilbau müsse weiter für die Standorte gekämpft werden. Bei Ford sei es mit Hilfe des Betriebsrates gelungen, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen und eine Arbeitsplatzsicherheit bis Ende 2021 zu erreichen.

In ihrem Grußwort sagte Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger , 2016 werde ein "Schicksalsjahr für das Saarland mit sehr großen Herausforderungen". In allen wesentlichen Entscheidungen brauche man auch die Unterstützung der Gewerkschaften . Den Kampf um die Stahl-Arbeitsplätze unterstütze sie. Keiner solle glauben, China werde die günstigen Marktpreise für Stahl aufrecht erhalten, "sobald der Markt bereinigt und die europäische Konkurrenz erst einmal weggefegt ist. Wir wollen weiter die Innovationen selbst in Europa gestalten können." Saarstahl-Betriebsratschef Stefan Ahr betonte, Stahl sei zu fast 100 Prozent recycelbar. Die Saar-Stahlarbeiter seien kampfbereit. "Beim nationalen Stahltag werden wir stehen."

Meinung:
Eine Branche macht mobil

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Die Bestätigung von Robert Hiry als erstem Bevollmächtigten der IG Metall in Völklingen ist eine gute Entscheidung, die gerade im Existenzkampf der Stahlindustrie auf Erfahrung, Vertrauen und Kampfbereitschaft setzt. Hiry steht für das, was er sagt. Es ist höchste Zeit, dass die gesamte Branche mobil macht gegen die von der EU geplanten Kostenbelastungen, obwohl die Stahlindustrie schon Milliardensummen in umweltfreundliche Anlagen investiert hat. Man sollte endlich die Betroffenen sehen. Alleine an der Saar stehen über 13 250 Arbeitsplätze in den Hütten, dem Stahlwerk Bous und Betrieben der Weiterverarbeitung auf dem Spiel. Arbeitslosigkeit ohne Not: Wem bringt das am Ende was?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort