Zwischen Stolz und Wut

Belo Horizonte · Sie durften zurecht stolz sein. Aber auch die Wut der Iraner nach dem 0:1 gegen den haushohen Favoriten Argentinien hatte einen Grund: den Schiedsrichter. Trainer Carlos Queiroz reagierte entsprechend sauer.

 Der iranische Torhüter Alireza Haghighi reckt sich vergeblich nach dem Kunstschuss von Lionel Messi. 90 Minuten hielt Haghighi seinen Kasten sauber – dann kam die erste Minute der Nachspielzeit.

Der iranische Torhüter Alireza Haghighi reckt sich vergeblich nach dem Kunstschuss von Lionel Messi. 90 Minuten hielt Haghighi seinen Kasten sauber – dann kam die erste Minute der Nachspielzeit.

 Lionel Messi feierte sein Siegtor gegen den Iran mit dem Daumen im Mund. Fotos: Powell/dpa

Lionel Messi feierte sein Siegtor gegen den Iran mit dem Daumen im Mund. Fotos: Powell/dpa

Der Trost kam von höchster Stelle. Irans Präsident Hassan Ruhani lobte sein Team nach dem schmerzhaften K.o. in der letzten Minute gegen den zweimaligen Fußball-Weltmeister Argentinien . Doch in den Stolz über den denkwürdigen WM-Auftritt beim 0:1 mischte sich bei Spielern und Trainer auch gehörige Wut auf den Schiedsrichter. Der Außenseiter fühlte sich vom serbischen Unparteiischen Milorad Mazic wegen eines nicht gegebenen Elfmeters mächtig verschaukelt. "Zwei Leute haben heute den Unterschied gemacht. Lionel Messi ist der eine. Die zweite Person war der Schiedsrichter", schimpfte Irans portugiesischer Trainer Carlos Queiroz. "Es war ein klarer Elfmeter ."

Eine große Mission haben der ehemalige Wolfsburger Profi Ashkan Dejagah und Co. bei der WM in Brasilien für ihr Land aber auf jeden Fall schon erfüllt. "Ihr habt das Volk glücklich und stolz gemacht", schrieb Ruhani via Twitter. "Jetzt hat die Welt Respekt vor dem iranischen Fußball", stellte die Nachrichtenagentur Irna fest. Es fehlten nur Sekunden, und Iran hätte dem Favoriten ein sensationelles Remis abgetrotzt. Vor Messis Geniestreich in der Nachspielzeit hätte der krasse Außenseiter gar selbst in Führung gehen können. Oft fehlten nur Zentimeter, so wie bei Dejagahs Flugkopfball. Und es fehlte noch eines: Ein Pfiff von Mazic in der zweiten Halbzeit nach einem klaren Foul von Argentiniens Pablo Zabaleta am Ex-Bundesligaprofi.

"Ich habe es versucht, dem Schiedsrichter klarzumachen, aber er hat mich ignoriert. Er hat mich getroffen und es war ein Elfmeter , da bin ich zu Hundert Prozent sicher", schimpfte Dejagah. Fuchsteufelswild war er aufgesprungen und hatte heftig gestikulierend einen Strafstoß reklamiert. Zurecht, wie die TV-Bilder belegten. "Wir haben in diesen 90 Minuten mit Argentinien mitgehalten, nur der Schiedsrichter war nicht auf dem gleichen Niveau", schimpfte Queiroz.

Bei allem Gram und aller Wut durften sich die Iraner nach dem "wichtigsten Fußballspiel in der Geschichte des krisenbeladenen Landes" (Queiroz) dennoch auch wie Gewinner fühlen. Der überragende Torhüter Alireza Haghighi zum Beispiel, der sein Geld in der zweiten portugiesischen Liga bei Sporting Covilha verdient und seine unzähligen Paraden gegen Messi und Co ein Leben lang nicht vergessen dürfte. "Heute Abend haben die Jungs in Brasilien all unsere Erwartungen übertroffen", twitterte Außenminister Mohammed Dschwad Sarif. Vielleicht gibt es doch noch ein Happy End. Mit einem Sieg gegen Bosnien-Herzegowina können die Iraner bei einer gleichzeitigen Niederlage Nigerias sogar ins Achtelfinale vordringen. Das würde ihr Volk mit noch mehr Stolz erfüllen.

Die Argentinier waren sich der Fast-Blamage bewusst. "Natürlich können wir besser spielen", sagte Messi, der in der Nachspielzeit den Ball aus knapp 20 Metern unhaltbar ins Tor zirkelte und Argentinien damit ins Achtelfinale brachte. Vom Rest der "Fantastischen Vier" - Gonzalo Higuain, Sergio Agüero, Angel di Maria - ging weder Gefahr noch Esprit aus. Am Ende wusste auch Trainer Alejandro Sabella, bei wem er sich zu bedanken hatte. "Nicht einmal zwei Torhüter hätten Lionels Tor verhindern können. Zum Glück ist Messi Argentinier", sagte Sabella erleichtert. Und Argentiniens Torwart Sergio Romero, der seine Mannschaft mit einigen Glanzparaden mehrfach vor dem Rückstand bewahrt hatte, meinte: "Gott sei Dank hat der Zwerg in letzter Minute an der Lampe gerieben."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort