Fußball-WM in Russland Zwischen Frust, Enttäuschung und Stolz

Moskau · Die Kroaten trauern der verpassten Chance nach und sind sauer auf den Schiedsrichter. Eine Wiederholung des Erfolgs dürfte schwer werden.

 Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic (links) tröstet nach dem WM-Finale den niedergeschlagenen Superstar Luka Modric.

Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic (links) tröstet nach dem WM-Finale den niedergeschlagenen Superstar Luka Modric.

Foto: dpa/Martin Meissner

Der kleine Luka Modric stand verloren auf der Bühne im Luschniki-Stadion und ließ traurig den Kopf hängen. Die goldene Trophäe in seiner Hand für den besten Spieler der WM in Russland schien der schmächtige Kapitän der Kroaten gar nicht zu bemerken, seine Miene verriet wenige Minuten nach dem 2:4 (1:2) im Finale gegen Frankreich nichts als Enttäuschung.

Als ihn die Fans in der Kurve mit stehenden Ovationen empfingen, war es um den genialen Regisseur von Real Madrid geschehen. Modric weinte hemmungslos. „Wenn du eine solche Unterstützung von den Fans bekommst, macht dich das wieder glücklicher und stolz“, sagte Modric später, seine Stimme stockte: „Ich möchte auch dem Team danken, ohne die Jungs wäre diese Auszeichnung nicht möglich gewesen. Aber klar, ich wäre lieber Weltmeister geworden.“

Es war eine Mischung aus Frust und Stolz, die nicht nur Modric erfasste. In ganz Kroatien machten die Fans die Nacht trotzdem zum Tag, wie so häufig in dem märchenhaft verlaufenen Turnier brannten in dem kleinen Land an der Adria die feuerroten Bengalos. „Es ist Silber, das golden scheint! Kopf hoch, für uns seid ihr die Champions“, schrieb 24sata.hr. Die Kroaten waren aber zu nahe dran gewesen an der ganz großen Sensation, als dass der Stolz die Enttäuschung vollends verdrängen konnte.

„Die kleinen Details sind für Frankreich gelaufen. Es ist so bitter, denn ich glaube, wir waren sehr, sehr stark und hätten den Sieg verdient gehabt“, sagte Modrics kongenialer Nebenmann Ivan Rakitic. Doch das Glück, so viel steht fest, war am Sonntag in Moskau nicht auf der Seite der Kroaten. Das 0:1 fiel durch ein Eigentor von Mario Mandzukic im Anschluss an einen Freistoß, der aus einem Foul an Antoine Griezmann resultierte, das überhaupt keines war.

Nach dem verdienten Ausgleich durch Ivan Perisic (28. Minute) wendete sich das Blatt erneut sehr glücklich zugunsten von Les Bleus. Perisic sprang der Ball nach einer Ecke von Griezmann an die Hand, erst nach Intervention des Video-Referees entschied Schiedsrichter Nestor Pitana auf Handelfmeter, den Griezmann verwandelte (38.) – es war in diesem Spiel Frankreichs erster Schuss auf das Tor.

„Das Foul vor dem ersten Tor war keines, und der Elfmeter war sehr dubios“, sagte Rakitic: „Es tut weh, so zu verlieren.“ Trainer Zlatko Dalic meinte: „So einen Elfmeter pfeift man in einem WM-Finale nicht.“ Seine Zukunft ließ der Coach nach der erfolgreichsten WM in der noch jungen Geschichte Kroatiens offen. Er werde eine Auszeit nehmen und durchatmen: „Ich treffe solche Entscheidungen nicht über Nacht.“

Dalic wird wissen, dass eine Wiederholung eines solchen Turniers keine Selbstverständlichkeit sein wird, ganz im Gegenteil. Seine Schlüsselspieler Modric (32), Rakitic (30), Perisic (29) und Mandzukic (32) entwachsen schon bei der paneuropäischen EM 2020 dem besten Fußballer-Alter. Doch so weit wollte noch niemand denken. „Es sollte nicht sein“, sagte Modric. Erholen wolle er sich, und dann mit seinen Teamkameraden das „bittersüße Gefühl“ endgültig hinter sich lassen und „in den kommenden Tagen feiern“. Denn, so sagte Modric, trotz allem sei dieser zweite Platz für ein kleines Land wie Kroatien „ein dickes Ding“.

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