Zwei Mannschaften, ein Traum

Johannesburg. "Viva España" oder "Oranje boven". Die Königreiche Spanien und Holland träumen vom Sturm auf den Fußball-Thron - und der Krönung durch Volksheld Nelson Mandela. Mit dem ersten Weltmeistertitel für ihr Land können beide Teams am Sonntag (20.30 Uhr/ZDF) im Soccer-City-Stadium von Johannesburg Fußball-Geschichte schreiben

Johannesburg. "Viva España" oder "Oranje boven". Die Königreiche Spanien und Holland träumen vom Sturm auf den Fußball-Thron - und der Krönung durch Volksheld Nelson Mandela. Mit dem ersten Weltmeistertitel für ihr Land können beide Teams am Sonntag (20.30 Uhr/ZDF) im Soccer-City-Stadium von Johannesburg Fußball-Geschichte schreiben. "Jetzt fehlt nur der letzte Schritt, aber wir haben unglaublich viel Lust und riesige Illusionen", sagt Spaniens Abwehrchef Carles Puyol, der mit seinem Tor im Halbfinale die deutsche Mannschaft gestoppt hatte.

Das "Oranje"-Team hofft nach den Endspiel-Niederlagen von 1974 und 1978 im dritten Anlauf auf den großen Coup. Stürmer Dirk Kuyt geht mit breiter Brust in die Partie: "Ich habe viel Respekt vor Spanien, aber wir werden Weltmeister. Es wirkt vielleicht arrogant, aber das ist absolut nicht so gemeint. Alle haben pures Vertrauen, dass wir den Pokal gewinnen können. Und das werden wir auch tun."

"Logisch, dass die Menschen voller Illusionen sind und diese Momente genießen. Das verstehe ich. Wir werden versuchen, das Vertrauen, das uns entgegengebracht wird, bei dieser verantwortungsvollen Prüfung zu rechtfertigen", sagt Spaniens Nationaltrainer Vicente del Bosque und kündigt an: "Wir haben so lange auf Erfolge gewartet. Wir wollen jetzt das Maximum." Seit dem Confederations Cup im vergangenen Jahr hat der Europameister nur das WM-Gruppenspiel gegen die Schweiz verloren, in den letzten 54 Begegnungen nur zwei Niederlagen kassiert.

Ähnlich wie die Spanier um die Mittelfeldstrategen Xavi und Andrés Iniesta, Kapitän und Torwart Iker Casillas und Torjäger David Villa können auch die "Fliegenden Holländer" mit einer imposanten Serie aufwarten. Seit 25 Spielen ist das Team von Bondscoach Bert van Marwijk ungeschlagen. Der frühere Dortmunder Bundesliga-Trainer gibt sich zurückhaltend. "Spanien ist seit Jahren das beste Team der Welt", sagt er. Bundestrainer Joachim Löw hat Xavi und Co. zum Favoriten erklärt, doch van Marwijk meint: "Das interessiert mich nicht, wenn die ganze Welt sagt, Spanien ist der Favorit."

Der 58-Jährige kann auf seine Offensiv-Asse Arjen Robben, Robin van Persie und Wesley Sneijder setzen. Vor allem Bayern-Profi Robben drehte zuletzt gegen Brasilien und Uruguay auf. Für Sneijder geht es im Endspiel auch um den "Goldenen Schuh" als WM-Torschützenkönig und den "Goldenen Ball" als bester Spieler: Der Profi von Inter Mailand liegt mit fünf Toren gleichauf mit Spaniens David Villa. "Im Finale zu stehen, ist schon historisch. Aber wir wollen noch mehr Geschichte schreiben", sagt der Torjäger vom FC Valencia. "Zauberzwerg" Sneijder kann für ein Novum sorgen: Als erster Fußballprofi der Welt in einem Sommer nationaler Meister, Pokalsieger, Champions-League-Gewinner und Weltmeister werden. "Wir haben nicht umsonst jedes WM-Qualifikationsspiel gewonnen und jedes Spiel hier. Wir werden den Spaniern nicht erlauben, uns zu schlagen", verspricht der 26-Jährige.

Die Holländer wollen mit einem Sieg auch jene Wunden heilen, die die verlorenen WM-Finals 1974 gegen Deutschland und 1978 gegen Argentinien hinterlassen haben. "Man kann nicht etwas miteinander vergleichen, was 40 Jahre zurückliegt", betont van Marwijk. "Aber wir spielen für jeden in Holland."

Egal ob Spaniens Kapitän Casillas oder Hollands Spielführer Giovanni van Bronckhorst am Sonntag den Goldpokal in den Nachthimmel von Johannesburg recken werden: Der zehnte WM-Titel ist Europa gewiss, und damit übertrumpft die "alte Welt" Südamerikas Ballkünstler (9). "Das scheint unser Turnier zu sein. Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir gar nicht verlieren können", sagt van Bronckhorst. Alle Welt hofft nun darauf, dass Volksheld Mandela dem Weltmeister den Goldpokal übergeben wird. "Er hatte den Pokal bei der WM-Vergabe 2004 in der Hand. Es wäre ein wundervoller Moment für ihn und den afrikanischen Fußball, wenn das geschehen könnte", sagte Fifa-Präsident Joseph Blatter. Doch Mandelas Endspiel-Besuch ist ungewiss. Der 91-Jährige hatte seine Teilnahme an der Eröffnungsfeier nach dem Unfalltod seiner Urenkelin kurzfristig abgesagt.

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