Zurück in die Zukunft

Frankfurt · Nach fast 18 Jahren kehrt Niki Pilic ins deutsche Davis-Cup-Team zurück. Als Berater soll er dem neuen Teamchef Michael Kohlmann und seiner Mannschaft helfen, den Rückstand zur Weltspitze aufzuholen.

Niki Pilic und Michael Kohlmann - ein alter Bekannter und ein junger Teamchef sollen die deutsche Davis-Cup-Mannschaft wieder auf Erfolgskurs bringen und Vorjahresfinalist Frankreich am ersten März-Wochenende in Frankfurt ein schlagkräftiges Quartett in den Weg stellen. Er habe nicht lange überlegen müssen, als die Anfrage des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) kam, sagte Pilic - 1988, 1989 und 1993 als DTB-Teamchef dreimal Davis-Cup-Sieger - gestern: "Ich helfe gerne, wenn ich kann."

Zum Team mit Pilic und Kohlmann gehören außerdem Co-Trainer Dirk Dier, der diese Position bereits seit Jahren erfolgreich in Barbara Rittners Fed-Cup-Team bekleidet, der frühere Weltklasse-Hochspringer Carlo Thränhardt als Fitness- und Mentalcoach sowie der international renommierte Physiotherapeut Klaus Eder, der von Kohlmanns glück- und erfolglosem Vorgänger Carsten Arriens überraschend aussortiert worden war.

Dass der mittlerweile 75-jährige Pilic fast 18 Jahre nach seinem damals von Boris Becker forcierten Abschied vom DTB ins Davis-Cup-Team zurückkehrt, ist ein gelungener Überraschungscoup des für den Leistungssport zuständigen DTB-Vizepräsidenten Dirk Hordorff. "Ich glaube, wir haben ein gutes Team um das Team gebaut", sagte Hordorff: "Michael Kohlmann genießt unser aller Vertrauen, und über Pilic muss ich mit niemandem reden, der etwas vom Tennis versteht. Er wird nicht nur Michael eine große Hilfe sein."

Pilic selbst war von der Anfrage des DTB gar nicht so überrascht, wie er zu verstehen gab: "Ich habe mehr als 50 Jahre Erfahrung im Davis Cup. Das hat man in Deutschland nicht vergessen." Er wolle sich nun mit seinen neuen Mitstreitern treffen und die passende Taktik für das Spiel gegen die Franzosen austüfteln: "Unsere Vorbereitung muss sofort beginnen."

Der frühere Wimbledonsieger Michael Stich , 1993 mit dem Trainer Niki Pilic an seiner Seite die Nummer zwei der Welt, begrüßte die Verpflichtung seines langjährigen Wegbegleiters. "Niki hat oft unter Beweis gestellt, dass er einer der erfolgreichsten Trainer der Davis-Cup-Geschichte ist", sagte Stich: "Ich persönlich habe ihm sehr, sehr viel zu verdanken." Mit Führungsspieler Stich und Teamchef Pilic hatte Deutschland 1993 zum dritten und bis dato letzten Mal den Davis Cup gewonnen.

Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner lobte Pilic ebenfalls in den höchsten Tönen: "Ich finde diese Lösung super, Pilic ist im Davis Cup die allererste Wahl, es gibt keine Situation, die er nicht schon erlebt und gemeistert hat", sagte sie. Fachlich sei Pilic "absolut 1A, er hat was unglaublich Souveränes, eine echte Respektperson, jemand, dessen Meinung über meine Arbeit mir immer wichtig ist".

Und jemand, dem man bedenkenlos zutraut, mit dem als schwierig geltenden deutschen Spitzenspieler Philipp Kohlschreiber bestens auszukommen. Er habe, sagte Pilic, seinerzeit schon Arriens' Vorgänger Patrik Kühnen geraten, mehr mit den Spielern persönlich zu sprechen, anstatt alles per E-Mail oder SMS zu regeln: "Was ist eine SMS? Man muss sich mit den Spielern an einen Tisch setzen, mit ihnen reden, eine Stunde, sechs Stunden, eine Woche, wenn es sein muss." Das dürfte jetzt passieren.

Meinung:

Ein kluger Schachzug

 Sie wirken ein bisschen wie Vater und Sohn: Berater Niki Pilic (oben) und Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann. Fotos: dpa

Sie wirken ein bisschen wie Vater und Sohn: Berater Niki Pilic (oben) und Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann. Fotos: dpa

Von SZ-RedakteurKai Klankert

Die Doppelspitze Niki Pilic und Michael Kohlmann in der Führung des Davis-Cup-Teams kann durchaus als kluger Schachzug des Deutschen Tennis-Bundes gewertet werden. Mit der Rückholaktion von Pilic sind die Querelen und Peinlichkeiten der vergangenen Monate, die dem Verband erheblich geschadet haben, mit einem Schlag vergessen.

Der DTB geht mit dieser Lösung sehr deutlich auf seinen Topspieler Philipp Kohlschreiber zu. Wenn diesem wirklich etwas liegt an der deutschen Nationalmannschaft, ist auch er gefordert, dem Erfolg und Teamgedanken persönliche Interessen mal unterzuordnen. Die Besetzung des zweiten Einzelspielers beim Davis-Cup-Auftakt in drei Wochen in Frankfurt ist dagegen sehr viel spannender, weil sich zuletzt keiner der Kandidaten in besonderer Weise hervorgetan hat - am ehesten noch der Saarländer Benjamin Becker mit seinem Drittrundeneinzug bei den Australian Open.

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