Zurück aus der „Hölle“

Hamburg · Ilkay Gündogan kehrt nach fast einem Jahr in die Fußball-Nationalmannschaft zurück. Er freut sich riesig auf die anstehenden Spiele. Bundestrainer Joachim Löw verbindet mit seiner Rückkehr große Hoffnungen.

Ilkay Gündogan hatte es nicht eilig. Als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gestern in Hamburg für die WM-Qualifikationsspiele gegen Tschechien und Nordirland zusammenkam, fand sich der Rückkehrer als einer der letzten Spieler im Mannschaftshotel ein. Er kam nach langer Leidenszeit und fast einem Jahr Abwesenheit aber gerne wieder. Denn Gündogan hat Großes vor - musste aber gleich das erste Training gestern Abend wegen einer Erkältung sausen lassen. Nichtsdestotrotz will der England-Legionär beim Weltmeister in die großen Fußstapfen des zurückgetretenen Kapitäns Bastian Schweinsteiger treten. "Ich hätte mir auch schon vorher zugetraut, diese Rolle zu übernehmen", sagte er - und formulierte so den Anspruch, den er aus Sicht von Bundestrainer Joachim Löw haben muss.

Gündogans Rückkehr bedeute für die Nationalelf "nochmal eine Qualitätssteigerung", sagte Löw gestern und lobte "Technik, Übersicht, Spielintelligenz und Kreativität" des Mittelfeldspielers: "Er wird ein belebendes Element sein."

In der defensiven Schaltzentrale ist nur Toni Kroos gesetzt. Sami Khedira gilt daneben als erster Anwärter auf die zweite Planstelle. Doch ein Gündogan in Topform darf sich nicht erst nach Löws Eloge Hoffnungen machen, zum festen Kroos-Partner zu werden. Auch, weil er mit 25 Jahren jünger ist als der 29 Jahre alte Khedira. "Er hat enormes Potenzial", sagte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff gestern: "Er ist unheimlich reif für sein Alter und wird bei Manchester City weiter reifen." Dort ist Gündogan seit Sommer unter Pep Guardiola aktiv - und "glücklich", wie er Löw Anfang vergangener Woche erzählte.

In England fasst Gündogan langsam Fuß, nachdem er den Saisonstart wegen einer Verletzung verpasst hatte. Das Stativ eines Basketball-Korbs war ihm zum Verhängnis geworden, Gündogan renkte sich die Kniescheibe aus - und verpasste die EM. Wegen langwieriger Rückenprobleme war er bereits für die WM 2014 ausgefallen. "Es war wirklich die Hölle", sagte er einmal über diese Zeit.

Wegen all der körperlichen Probleme hat Gündogan in den vergangenen drei Jahren gerade mal acht Länderspiele bestritten. Seinen letzten von insgesamt 16 Einsätzen (vier Tore) hatte er am 13. November 2015 bei der von den Terroranschlägen in Paris überschatteten 0:2-Niederlage in Frankreich.

Aus Rückschlägen hat Gündogan Schlüsse gezogen. "Ich versuche, mir keine konkreten Ereignisse mehr zum Ziel zu setzen. Ich glaube mit etwas Abstand, dass es in der Vergangenheit nicht optimal war, wie ich das gesteuert habe", sagte er. Gündogan will nicht mehr an die großen Turniere denken, sondern sich freuen, "dass ich gesund bin und bleibe". Mit der entsprechenden Gelassenheit versucht er auch, sich bei Manchester City durchzusetzen. Dass er als Wunschspieler von Guardiola der erste Transfer des neuen Trainers war und dieser ihn trotz Verletzung für 27 Millionen Euro Ablöse von Borussia Dortmund verpflichtete, erfülle ihn mit Stolz und Dankbarkeit.

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Hintergrund Die nächste Europameisterschaft ist bei ARD und ZDF zu sehen. Die beiden öffentlich-rechtlichen TV-Sender sicherten sich die Medienrechte für das Turnier 2020 über ihre gemeinsame Sportrechteagentur Sport A, wie sie gestern mitteilten. Sport A hat eine Vereinbarung mit der Europäischen Fußball-Union abgeschlossen. ARD und ZDF dürfen alle 51 Spiele der EM, die erstmals in 13 Ländern stattfinden wird, live zeigen. Der Vertrag beinhaltet nach Angaben der Sender auch Rechte für Internet, Social-Media-Plattformen sowie Hörfunk-Berichterstattung der ARD . dpa

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