Zufrieden, aber nicht euphorisch

Karlsruhe. Andriy Shyyka ist am Ende. Völlig erschöpft liegt er auf der Matte, ist ausgepumpt. Der Ringer des KSV Köllerbach hat gerade schier Unglaubliches geleistet und den für Germania Weingarten ringenden Rumänen Szabolcs Laszlo in fünf Runden besiegt. Trotz einer Knieverletzung, die wohl die meisten anderen dazu veranlasst hätte, gar nicht erst anzutreten

 So sehen Sieger aus - jedenfalls manchmal. Köllerbachs Topringer Andriy Shyyka liegt völlig erschöpft auf der Matte, nachdem er gegen seinen Gegner Laszlo Szabolcs alles gegeben hat. Foto: Eibner

So sehen Sieger aus - jedenfalls manchmal. Köllerbachs Topringer Andriy Shyyka liegt völlig erschöpft auf der Matte, nachdem er gegen seinen Gegner Laszlo Szabolcs alles gegeben hat. Foto: Eibner

Karlsruhe. Andriy Shyyka ist am Ende. Völlig erschöpft liegt er auf der Matte, ist ausgepumpt. Der Ringer des KSV Köllerbach hat gerade schier Unglaubliches geleistet und den für Germania Weingarten ringenden Rumänen Szabolcs Laszlo in fünf Runden besiegt. Trotz einer Knieverletzung, die wohl die meisten anderen dazu veranlasst hätte, gar nicht erst anzutreten. Wie groß Shyykas Schmerzen sind, der einen Kreuzbandriss und zudem einen Außenbandabriss hat, lässt sich nur erahnen. "Solche Männer", sagt Shyykas Teamkollege Jan Fischer und zeigt mit dem Finger auf den Freistil-Spezialisten, "solche brauchst du, um deutscher Meister zu werden. Ich ziehe den Hut vor Andriy."

"Für die Mannschaft gekämpft"

Am Ende eines Abends, der "ein echter Leckerbissen für alle Ringerfans" (Jan Fischer) war, steht ein 21:18-Sieg des KSV Köllerbach im ersten Finalkampf um die deutsche Meisterschaft zu Buche. Auch und vor allem dank Shyyka und zur Überraschung der knapp 4000 Zuschauer in der Karlsruher dm-Arena. Denn schon in der ersten Runde ist zu befürchten, dass ihn seine Knieverletzung zu stark hindern sollte. 0:5 gibt er diese erste Runde ab. "Er hat mich einfach gereizt, ging mir immer ans Knie, und dann wollte ich auch nicht mehr verlieren", erklärt Shyyka.

Zur zweiten Runde kommt er so auf die Matte zurück, wie ihn der KSV Köllerbach kennt und braucht. Als hätte er seine Knieverletzung ausgeblendet, legt er sich Szabolcs förmlich zurecht. Zweimal legt er den Rumänen fast auf die Schulter, zweimal geht er beinahe selbst auf die Schulter. Das begeisterte Publikum sieht einen offenen Schlagabtausch und ein Feuerwerk an Aktionen. Shyyka gewinnt die zweite Runde mit 8:2, gibt die dritte mit 5:8 ab.

In Runde vier liegt er mit 0:4 hinten - die Fans des Titelverteidigers Weingarten hält es nicht auf den Sitzen. Aber Shyyka ist Shyyka. Mit einem Riesenherz und großem Willen kämpft er sich Punkt für Punkt heran und macht in der letzten Sekunde die entscheidende Wertung zum 5:4. Der Wille von Szabolcs ist gebrochen, Shyyka gewinnt Runde fünf.

"Ich habe einfach für die Mannschaft gekämpft", erklärt er nach dem Kampf. Mannschaftsdienlich - aber auch ein wenig verrückt angesichts seiner Verletzung. Der deutsche Bundestrainer Alexander Leipold, der vor dem Kampf lange mit seinem Schützling Shyyka plaudert und in der Olympia-Qualifikation auf den Köllerbacher Topmann setzt, sagt: "Als Bundestrainer hätte ich ihm nicht empfohlen zu ringen. Aber weil ich weiß, wie sein Herz schlägt, habe ich ihm einfach nur Glück gewünscht."

Der Abend hat für die Köllerbacher auch gar nicht schlecht begonnen. Gleich zu Beginn setzt sich Andrei Dukov gegen Marcel Ewald deutlich mit 3:1 durch. Heiki Nabi wird zwar in der ersten Runde ausgekontert, gewinnt aber 3:1 gegen Oliver Hassler. Venelin Venkov hingegen muss sich seinem Gegner Oleg Boikov mit 1:3 geschlagen geben. Lyuben Iliev fertigt Johannes Kessel klar mit 3:0 ab. Im letzten Kampf vor der Pause muss Martin Daum gegen den favorisierten Anatoli Guidea auf die Matte. Sensationell entscheidet Daum die erste Runde für sich und weckt die mitgereisten Köllerbacher Fans. Und auch, wenn Daum die nächsten drei Runden unglücklich verliert - dieser eine Punkt kann am Ende Gold wert sein.

Rückkampf am Sonntag

Mit einer weiteren sehr starken Vorstellung und einem 3:0-Sieg gegen René Zimmermann baut Jan Fischer die Führung nach der Pause auf 14:8 aus, bevor der Pole Tomasz Swierk seinen großen Auftritt hat - wieder einmal. Er bearbeitet den Rumänen Ionut Panait mit Ausdauer und Akribie und gewinnt mit 3:2. Konstantin Völk ist gegen den Russen Bekhan Kurkiev ohne Chance (0:3).

Weil Konstantin Schneider im letzten Kampf des Abends gegen seinen Dauerrivalen Adam Juretzko mit 1:3 verliert, bleibt die ganz große Euphorie bei den Köllerbacher Verantwortlichen aus, auch wenn die Zufriedenheit zu spüren ist. "Wenn mir einer vorher gesagt hätte, dass wir hier so gewinnen, hätte ich ihm nicht geglaubt", sagt Vereins-Chef Hilmar Rehlinger. Teamleiter Thomas Geid sagt: "Wir wissen, dass Weingarten im Rückkampf immer sehr gut aufgestellt ist. Aber wir haben einen Drei-Punkte-Vorsprung." Den gilt es am Sonntag ab 15 Uhr im Sportzentrum Homburg-Erbach zu verteidigen. Mit solchen Männern wie Andriy Shyyka.

ksv-koellerbach.de

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