Wo Nationalspielerinnen heranwachsenDrei Top-Talente auf dem Weg nach ganz oben

Saarbrücken. Man hätte durchaus das Gefühl haben können, es stünde schlecht um den Nachwuchs im saarländischen Frauenfußball. Nachdem den 1. FC Saarbrücken vor einem Jahr starke und vor allem junge Spielerinnen verließen, wurde - eigentlich ohne Grundlage - die Zukunft der Eliteschule des Mädchenfußballs in Saarbrücken in Frage gestellt

 Bei Sichtungs-Trainings wie hier auf dem Kunstrasen der Hermann-Neuberger-Sportschule oder Maßnahmen mit der Saarauswahl fallen immer wieder Spielerinnen auf, die ein besonderes Talent haben. Diese haben die Chance, von Verbandstrainerin Margret Kratz (rechts) in die Eliteschule des Mädchenfußballs aufgenommen zu werden. Foto: Wieck

Bei Sichtungs-Trainings wie hier auf dem Kunstrasen der Hermann-Neuberger-Sportschule oder Maßnahmen mit der Saarauswahl fallen immer wieder Spielerinnen auf, die ein besonderes Talent haben. Diese haben die Chance, von Verbandstrainerin Margret Kratz (rechts) in die Eliteschule des Mädchenfußballs aufgenommen zu werden. Foto: Wieck

Saarbrücken. Man hätte durchaus das Gefühl haben können, es stünde schlecht um den Nachwuchs im saarländischen Frauenfußball. Nachdem den 1. FC Saarbrücken vor einem Jahr starke und vor allem junge Spielerinnen verließen, wurde - eigentlich ohne Grundlage - die Zukunft der Eliteschule des Mädchenfußballs in Saarbrücken in Frage gestellt. "Das Jammern war groß, doch wir wollten wieder neu beginnen", erinnert sich Margret Kratz, die Verbandssportlehrerin des Saarländischen Fußballverbandes und Leiterin der Eliteschule. "Unser Ziel war es zum damaligen Zeitpunkt, innerhalb der nächsten zwei Jahre vier bis sechs Nationalspielerinnen auszubilden", erzählt Kratz, "dies wurde damals mit Skepsis wahrgenommen. Heute sind wir auf einem guten Weg."

Viele Talente mit Perspektive

In der Tat: Mit Jacqueline de Backer, Elisabeth Scherzberg und Saskia Toporski befinden sich drei Mädchen, die die Fördermaßnahmen der Eliteschule genießen, im Kader der deutschen U16-Nationalmannschaft und sind aktuell auf Länderspielreise in Dänemark. Und genau darin besteht die Arbeit der Eliteschule, betont Margret Kratz: "Es ist nicht unsere Aufgabe, Nationalspielerinnen hier im Saarland zu halten, sondern neue herauszubringen. Und das muss immer weitergehen."

De Backer, Scherzberg und Toporski, die in der neuen Saison allesamt dem Bundesliga-Aufgebot des FCS angehören, sind aber nicht die einzigen mit Perspektive. U19-Nationalspielerin Laura Vetterlein, die gerade bei der U19-Europameisterschaft spielte, sich dort aber das Innenband im Knie riss, ist beim 1. FC Saarbrücken geblieben - und wird weiterhin auch über die Eliteschule betreut. Darüber hinaus befinden die Talente Alessia Jochum, Jana Schwarz, Fabienne Hissler und Christina Ehl im erweiterten Kader ihrer Nationalmannschaften. "Ich gehe davon aus, dass innerhalb des nächsten Jahren noch zwei weitere Spielerinnen fest in einem Nationalkader integriert werden", prognostiziert die Verbandstrainerin Kratz.

Insgesamt hat sich die Eliteschule des Mädchenfußballs im dritten Jahr ihrer Existenz etabliert und weiterentwickelt. Ausgebaut werden soll die Zusammenarbeit mit dem Sportmedizinischen Institut der Universität des Saarlandes unter der Leitung von DFB-Arzt Dr. Tim Meyer. "Die Sportmedizin in Saarbrücken arbeitet höchst professionell und ist ein Glücksfall für uns", sagt Kratz. Momentan nehmen die Eliteschülerinnen mit weiteren Auswahlspielerinnen an einer Studie des Instituts teil.

Fluktuation gehört dazu

Dass sich die Gruppe der Schülerinnen verändert, ist nicht ungewöhnlich. Vor einem Jahr war die Fluktuation enorm - wegen besagter Abgänge beim 1. FC Saarbrücken wie Nadine Keßler oder Dzsenifer Marozsan. "Durch Veränderungen in Ausbildung oder Beruf der Spielerinnen oder falls ein gewisses Alter erreicht wurde, werden sie durch neue und jüngere Mädchen ersetzt. Zur neuen Saison werden vermutlich an die fünf Spielerinnen die Förderung verlassen, dafür werden aber auch fünf neue kommen", erklärt Kratz das Vorgehen.

Strukturiert ist das Förderprogramm in drei Gruppen. Gruppe eins beinhaltet Bundesliga-Spielerinnen, während in Gruppe zwei aktuell Spielerinnen untergebracht sind, die die Rastbachtal-Gesamtschule in Saarbrücken besuchen. Diese gehört neben dem Gymnasium am Rotenbühl und der Erweiterten Realschule Güdingen zu den Partnerschulen der Eliteschule und des Landessportverbandes für das Saarland. In Gruppe drei befinden sich die jüngsten Mädchen, während Torfrau Christina Ehl separat gefördert wird. Zudem arbeitet die Eliteschule eng mit den saarländischen Top-Vereinen SV Dirmingen, FSV Jägersburg, SV Bardenbach und dem 1. FC Saarbrücken zusammen.

Innerhalb der Eliteschule wird sich wenig verändern. "Wir haben erstklassige Elitetrainer in unseren Reihen, die unheimlich gute Arbeit leisten", lobt Margret Kratz ihr Team, das von Timon Seibert koordiniert wird. An dieser Stelle bestehe keinerlei Nachholbedarf. Zusammenfassend, findet Kratz, liege die Schule voll im Soll und kann sich auf die nächsten eigens ausgebildeten Nationalspielerinnen freuen.Saarbrücken. "Natürlich freuen wir uns", sagten sie alle drei vor der Abfahrt. Die Nominierung für die deutschen U16-Nationalmannschaft beim Nordic-Cup in Dänemark ist eine große Sache. Jacqueline de Backer, Saskia Toporski und Elisabeth Scherzberg, die in der neuen Saison alle im Bundesliga-Kader des 1. FC Saarbrücken stehen, sind bereits seit ein paar Tagen unterwegs und werden Ende der Woche wieder zurück sein. Zunächst waren sie in Frankfurt, wo sie mit der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes ein Trainingslager absolvierten. Dann ging es weiter zum Turnier nach Dänemark.

Alle drei Mädchen besuchen die Rastbachtal-Gesamtschule in Saarbrücken und genießen neben dem Vereinstraining und den Auswahl-Maßnahmen des Saarländischen Fußballverbandes das Förderprogramm der Eliteschule des Mädchenfußballs. Dies trägt jetzt Früchte. "Wir werden sehr gut unterstützt", findet die Saarbrückerin Elisabeth Scherzberg. Doch die gute Betreuung fordert auch Opfer. Die Mädchen haben einen vollen Terminkalender. "Manchmal haben wir zwei Mal am Tag Training, morgens oder mittags und am Nachmittag. Dazu kommt noch die Schule", erzählt Jacqueline de Backer, die erfahrenste der drei Talente. Die Völklingerin war schon öfter mit dem DFB auf Reisen und hatte Ende der vergangenen Saison schon Einsätze in der Erstliga-Mannschaft des FCS.

Schule, Training, Essen, Hausaufgabenbetreuung, wieder Training. Am Wochenende die Spiele. Wenn dann noch Freizeit bleibt, gehen die Mädels aus dem Haus. Abschalten. Mal nicht an Fußball denken. "Wir treffen uns mit Freunden oder gehen ins Kino", verrät die Orscholzerin Toporski.

Sportlich gehen die drei sparsam mit ihren Ambitionen um. Wichtig sei ihnen zunächst einmal, ein gutes Turnier in Skandinavien zu spielen. Beim FCS wollen sie in der kommenden Saison möglichst viel Einsatzzeit. Darüber hinaus haben sie sich als Ziel gesetzt, so bald als möglich Stammspielerinnen zu werden. "Alles Schritt für Schritt", findet Toporski.

Eine Einstellung, die auch FCS-Trainer Stephan Fröhlich teilt, der die Mädchen behutsam aufbauen will. "Mittelfristig können sie sehr wichtig werden für uns. Wir sind stolz, diese Talente bei uns zu haben", sagt Fröhlich. "Nur ist es der größte Schritt, den man machen kann. Der Sprung von den B-Mädchen zu den Frauen ist immens, körperlich sowie vom Kopf her", erklärt der Trainer. Diese Herausforderung werden die Mädchen erstmal auf sich zukommen lassen. Aber Zweifel, dass sie es eventuell nicht schaffen könnten, haben sie nicht. Im Gegenteil.jan

Hintergrund

Die Partner der Eliteschule des Mädchen- und Frauenfußballs in Saarbrücken:

Sportverbände, -vereine und -einrichtungen: Deutscher Fußball-Bund (DFB), Landessportverband für das Saarland, Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saar, 1. FC Saarbrücken, SV Dirmingen, FSV Jägersburg, SV Bardenbach.

Schulen: Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücken, Gesamtschule Rastbachtal in Saarbrücken, Erweiterte Realschule in Güdingen.

Ausbildungseinrichtung: Universität des Saarlandes, BSA-Akademie, Berufsakademie.

Trainer und Betreuer der Eliteschule: Margret Kratz (Verbandstrainerin), Timon Seibert (Koordinator und Trainer), Benjamin Heinrichs, Oliver Dillinger, Kai Klankert (alle Trainer).

 Verbandstrainerin Margret Kratz (rechts) bespricht mit Timon Seibert die Trainingspläne der Eliteschülerinnen. Foto: Wieck

Verbandstrainerin Margret Kratz (rechts) bespricht mit Timon Seibert die Trainingspläne der Eliteschülerinnen. Foto: Wieck

 Die U16-Nationalspielerinnen Elisabeth Scherzberg, Jacqueline de Backer und Saskia Toporski (von links) sind kurz vor ihrer Abreise zur Länderspielreise bester Laune. Foto: Wieck

Die U16-Nationalspielerinnen Elisabeth Scherzberg, Jacqueline de Backer und Saskia Toporski (von links) sind kurz vor ihrer Abreise zur Länderspielreise bester Laune. Foto: Wieck

Der DFB fördert das Eliteschule-Projekt jährlich mit 30 000 Euro. red

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