Wo der Polizei-Chef ein Fußball-Spiel abbrechen kann

Stuttgart. Im deutschen Fußball soll die Gewalt mit einer Arbeitsgruppe bekämpft werden. Im Ausland gibt es seit Jahren schärfere Maßnahmen. Ein Blick über die Grenzen verrät, dass versucht wird, massiver gegen Fan-Gewalt vorzugehen

 Spieler und Schiedsrichter auf der Flucht, Polizei auf der Jagd nach Randalierern: Das griechische Pokalfinale 2011 zwischen AEK Athen und Atromitos wurde von heftigen Krawallen überschattet. Foto: dpa

Spieler und Schiedsrichter auf der Flucht, Polizei auf der Jagd nach Randalierern: Das griechische Pokalfinale 2011 zwischen AEK Athen und Atromitos wurde von heftigen Krawallen überschattet. Foto: dpa

Stuttgart. Im deutschen Fußball soll die Gewalt mit einer Arbeitsgruppe bekämpft werden. Im Ausland gibt es seit Jahren schärfere Maßnahmen. Ein Blick über die Grenzen verrät, dass versucht wird, massiver gegen Fan-Gewalt vorzugehen. Während Deutscher Fußball-Bund, Deutsche Fußball-Liga und Politik am Montag an einem Runden Tisch beschlossen, auf den Dialog mit den Fans zu setzen, sind im Ausland Gesetze erlassen oder verschärft worden. Allerdings ist das Hooligan-Problem in manchen Ländern weitaus größer, als in Deutschland.Im Gastgeberland der Europameisterschaft 2012 zum Beispiel. Dort ist am Wochenende ein "Gesetz über Sicherheit bei Massenveranstaltungen" in Kraft getreten. Danach werden in Polen Stadionkarten nur noch auf den Namen des Besuchers und nach Vorlage des Ausweises ausgestellt. Kommt es zu Ausschreitungen, können im Stadion Schnellgerichte zusammentreten und Sanktionen verhängen. Polnische Hooligans sind wegen ihrer Gewaltexzesse berüchtigt. Sie gehören zumindest in Teilen der Skinhead- und Neonazi-Szene an.

In Italien wurden in den vergangenen Jahren mehrere Gesetze erlassen. Darunter fielen Einführung eines Fan-Ausweises oder Videoüberwachung in Stadien. Vor allem wurden Kompetenzen der Polizei-Chefs ausgeweitet. Sie können ein Spiel bei Ausschreitungen, rassistischen Sprechchören oder Spruchbändern ohne Rücksprache mit dem Schiedsrichter abbrechen. Auch genügt die Anweisung einer Polizei-Behörde, um allen Fans eines Clubs die Mitreise zu einem Auswärtsspiel zu verbieten. Und Wiederholungstäter müssen sich während der Spiele ihres Vereins bei einer Polizei-Wache melden.

Mehr als alle anderen Länder setzt die Niederlande auf Vorbeugung. Nach einem Gesetz von 2010 dürfen Bürgermeister und Staatsanwälte ganzen Fan-Gruppen den Aufenthalt im Stadion, in der Nähe oder sogar in der Stadt verbieten. Wer sich nicht daran hält, wird festgenommen. Solche Aufenthaltsverbote können für drei Monate gelten. Auch in den Niederlanden gilt: Behörden können aktenkundige Fans verpflichten, sich bei Spielen bei der Polizei zu melden.

Französische Gerichte bestrafen Randalierer hart. So bekamen 14 Fans von Girondins Bordeaux Bewährungsstrafen und ein einjähriges Stadionverbot, weil einer von ihnen eine Busscheibe eingeworfen hatte. Mit den Profi-Clubs startete das Innenministerium eine Anti-Gewalt-Kampagne mit 1000 TV-Kurzfilmen. Seit 2009 gibt es eine Spezialeinheit für den Kampf gegen Hooligans. Und Spiele zwischen den Erzrivalen Olympique Marseille und Paris St. Germain finden seit Ausschreitungen in der Saison 2009/2010 ohne Gästefans statt.

In Griechenland gibt es Zusammenstöße zwischen Hooligans und Polizei an fast jedem Spieltag - vor allem in der 2. und 3. Liga. Deshalb werden bei Spielen mit besonderer Brisanz keine Gästefans zugelassen. Das hat die Gewalt aber bestenfalls eingeschränkt, nicht beendet. So musste das Pokalfinale 2011 zwischen den Athener Clubs AEK und Atromitos (3:0) minutenlang unterbrochen werden.

Als Co-Gastgeber der EM setzt die Ukraine anders als Polen auf Strategien zur Deeskalation. Einsatzkräfte werden psychologisch geschult. Die Organisatoren lassen sich von ausländischen Experten wie der bayerischen Polizei beraten. Und es fließt mehr Geld in Fan-Projekte, was sich über die EM hinaus im Liga-Alltag auszahlen soll.

In Russland kommt es oft zu Krawallen und rassistischen Beleidigungen ausländischer Spieler. Abgesehen von einem Alkoholverbot und verstärkter Polizei-Präsenz in Stadien hat sich dort bislang wenig getan. dpa

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