"Wir haben eine erstklassige Jugendarbeit"

Herr Kirsch, warum sind Sie zur Wahl als Präsident des Südwestverbandes angetreten? Wolfgang Kirsch: Ich habe als SWHV-Rechtswart oft Feuerwehrmann gespielt, wenn es schon brannte. Als Präsident bin ich jetzt auch Mitglied im erweiterten Präsidium des Deutschen Handballbundes. Bei entscheidenden Sitzungen des DHB war ich früher nicht dabei, etwa als es um die Einführung der 3

 Von dem inzwischen verstorbenen Bildhauer Hans Schröder hat Wolfgang Kirsch den saarländischen Handballpokal anfertigen lassen. Kirsch ist der neue Präsident des Südwestdeutschen Handballverbandes. Foto: Ruppenthal

Von dem inzwischen verstorbenen Bildhauer Hans Schröder hat Wolfgang Kirsch den saarländischen Handballpokal anfertigen lassen. Kirsch ist der neue Präsident des Südwestdeutschen Handballverbandes. Foto: Ruppenthal

Herr Kirsch, warum sind Sie zur Wahl als Präsident des Südwestverbandes angetreten?

Wolfgang Kirsch: Ich habe als SWHV-Rechtswart oft Feuerwehrmann gespielt, wenn es schon brannte. Als Präsident bin ich jetzt auch Mitglied im erweiterten Präsidium des Deutschen Handballbundes. Bei entscheidenden Sitzungen des DHB war ich früher nicht dabei, etwa als es um die Einführung der 3. Liga anstelle der bis dato vom SWHV verwalteten Regionalligen ging. Ich denke, hier sind bei den Verbänden im Vorfeld einige Fehler gemacht worden. Plötzlich war die 3. Liga in Händen des DHB.

Ihre knappe Wahl beim Verbandstag in Koblenz zeigt, dass es im Südwestverband derzeit konträre Lager gibt.

Kirsch: Hessen hat als größter Verband die Präsidentschaft beansprucht. Ich habe dies für den HVS getan, weil ich dienstältestes Mitglied im SWHV-Präsidium bin, seit 1983 in der Funktion des Rechtswarts. Mit meinem Gegenkandidaten Josef Semmelroth aus Hessen gibt es aber keine persönlichen Rivalitäten. Wir verstehen uns.

Welche Ziele verfolgen Sie?

Kirsch: Die Förderung der Jugend ist sicherlich ein Schwerpunkt. Das Konzept im HVS ist da ja vorbildlich. Davon können auch die anderen Landesverbände profitieren, etwa bei überregionalen Aktionen. Auch eine engere Zusammenarbeit im Schiedsrichterbereich ist geplant. Aber egal was wir machen, wir dürfen es nicht von oben herab diktieren, sondern müssen die Vereine einbinden. Mit den Präsidenten der sechs Landesverbände werde ich besprechen, welche gemeinsamen Projekte möglich sind.

Reizthema 3. Liga. Schadet oder nützt die große Strukturreform dem Handball?

Kirsch: Die Idee ist eine Anleihe aus dem Fußball und das ist gefährlich. Der Fußball finanziert sich über Fernsehgelder und hat trotzdem Probleme. Der Handball hat diese finanziellen Möglichkeiten nicht. Kleinere Vereine können sich die 3. Liga nicht leisten. Das neue Halbprofitum wird einige Vereinsstrukturen zerstören.

Mit Ihnen, Jugendwart Hans-Gerd Fries und dem Sportgerichts-Vorsitzenden Karl-Heinz David stehen drei Saarländer an der SWHV-Spitze. Gut für den Saar-Handball, oder?

Kirsch: Ja, ich denke, die Interessen des HVS können noch besser vertreten werden. Mit Fries habe ich den HVS- und SWHV-Jugendwart quasi vor der Haustür.

Apropos Jugend. Die geplante A-Jugend-Bundesliga wird von den Verbänden kritisch gesehen. Was meinen Sie?

Kirsch: Die Jugend-Regionalligen halte ich für zweckmäßig, der Zeitaufwand ist zumutbar. Ob es den Jugendlichen aber in der geplanten Bundesliga neben der Schule zeitlich möglich sein wird, durch ganz Deutschland zu reisen, ist fraglich. Ich würde es meinem Sohn untersagen.

Der HVS und sein Jugendkoordinator Christian Schwarzer verfolgen hohe Ziele. Wie sehen Sie die Chancen eines DHB-Bundesstützpunkts an der Saar?

Kirsch: Die aktuellen Förderzentren des DHB sind keine Institutionen für immer und ewig. Wenn sich im Saarland die Zahl unserer Top-Talente weiter erhöht, sehe ich gute Chancen. In den nächsten Jahren passiert das aber sicher noch nicht.

Wie gut sind die aktuellen Fördermaßnahmen im HVS?

Kirsch: Im HVS wird erstklassige Jugendarbeit geleistet. Da sind engagierte Leute wie Schwarzer oder Landestrainer Dirk Mathis im Einsatz. Mit der Sportschule in Saarbrücken haben wir die besten Voraussetzungen. Früher hinkte das Saarland im Jugend-Handball hinterher. Jetzt schneiden wir in Vergleichen mit anderen Bundesländern gut ab und stellen einen Bundessieger bei Jugend trainiert für Olympia.

Und doch möchte DHB-Jugendkoordinator Schwarzer die Qualität mit der Konzentration der besten saarländischen Jugendspieler an zwei Standorten steigern. Ist dies realisierbar?

Kirsch: Das sind berechtigte Wunschvorstellungen des Leistungssports. Als Verbandsfunktionär habe ich aber die Interessen der Vereine zu vertreten und darf keine Maßnahmen unterstützen, die ihre Arbeit aushöhlen könnten. Die Umsetzung wird schwierig werden.

Der saarländische Jugend-Handball strotzt nach der Nominierung von vier Jugendspielern in den Bundeskader vor neuem Selbstbewusstsein. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Kirsch: Sehr positiv. Anders als früher werden unsere Spieler heute durch den Wahl-Saarländer Christian Schwarzer öfter beobachtet. Die Chancen, in einen DHB-Kader zu kommen, sind so viel größer geworden.

Welche Anstrengungen werden im saarländischen Mädchen-Handball unternommen?

Kirsch: Es gibt eine Initiativ-Gruppe um den HVS-Vizepräsidenten Frank-Matthias Hoffmann. Es laufen Förderprogramme an, schon bei den Minis. Und es ist ein Mitgliederzuwachs zu verzeichnen.

Wie kann der Handball in Konkurrenz mit anderen Sportarten Kinder für sich gewinnen?

Kirsch: Wir müssen mit unserem Sport in die Gymnasien und Ganztagsschulen gehen. Der ganze Schulstress lässt vielen Kindern keine Zeit mehr, ein Training zu besuchen. Der Verband muss die Vereine zur Mitarbeit ermuntern.

Kommen wir zum Männer-Handball. Wie bewerten Sie den Abstieg der beiden Regionalligisten VTZ Saarpfalz und HF Untere Saar?

Kirsch: Gar nicht so negativ. In der RPS-Oberliga mit sieben saarländischen Teams wird es viele Lokal-Duelle geben. Wir werden volle Hallen haben. Ich sehe diese Derby-Oberliga auch als Chance, als Sprungbrett für unsere Nachwuchsspieler.

Sehen Sie im Saarland in absehbarer Zeit einen Erstligisten?

Kirsch: Das Saarland kann höchstens einen Bundesligisten verkraften. Das Aushängeschild des HVS ist derzeit die HG Saarlouis. Der Verein muss stark bleiben und darf nicht das Schicksal von Niederwürzbach und Altenkessel erleiden.

Kann Saarlouis die finanziellen Belastungen auf Dauer überhaupt alleine stemmen?

Kirsch: Der Verein erfährt Unterstützung aus vielen Bereichen. Bei den Heimspielen sieht man, dass Saarlouis die ganze Region hinter sich hat. Man honoriert mit dem Besuch einfach die großartige Leistung.

Im Frauenhandball ist der TuS Neunkirchen das Aushängeschild. Er spielt in der 3. Liga. Ist das für den Verein finanzierbar?

Kirsch: Die gefahrenen Kilometer und die Fahrtkosten dürften ähnlich sein. Viele Beiträge sind aber höher. Ich bin kein Freund der 3. Liga, aber grundsätzlich sehe ich es so: Wenn die Vereine auf dem Boden bleiben und den Spielern keine horrenden Summen zahlen, könnte es klappen.

Zur Person

Wolfgang Kirsch ist 62 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Der studierte Jurist wohnt in Saarlouis und betreibt in einer Partnerschaft in Merzig eine Anwaltskanzlei. Neben seinem neuen Amt als Präsident des Südwestverbandes übt Kirsch weiterhin das Amt des Vizepräsidenten Recht im Handballverband Saar (HVS) aus.

 Von dem inzwischen verstorbenen Bildhauer Hans Schröder hat Wolfgang Kirsch den saarländischen Handballpokal anfertigen lassen. Kirsch ist der neue Präsident des Südwestdeutschen Handballverbandes. Foto: Ruppenthal

Von dem inzwischen verstorbenen Bildhauer Hans Schröder hat Wolfgang Kirsch den saarländischen Handballpokal anfertigen lassen. Kirsch ist der neue Präsident des Südwestdeutschen Handballverbandes. Foto: Ruppenthal

In seiner aktiven Zeit spielte Wolfgang Kirsch im Tor oder am Kreis. Anfangs noch im Großfeld, später lange Jahre in der Halle und immer beim HSV Merzig-Hilbringen, den er Anfang der Achtziger als Vorsitzender sechs Jahre lang führte. Kirsch war auch über 25 Jahre lang Schiedsrichter. Das Amt des SWHV-Rechtswarts hat Wolfgang Kirsch abgegeben. Seine SWHV-Präsidentschaft endet in drei Jahren. ros

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