Windel- statt Ballwechsel

Frankfurt. Wenn die weltbesten Tennis-Spieler von diesem Sonntag an beim ATP-Finale in London den König ihrer Zunft küren, schauen Deutschlands Asse aus der Ferne zu. Immerhin hat Wimbledonsieger Philipp Petzschner im Doppel mit seinem österreichischen Partner Jürgen Melzer die Qualifikation für den Saisonhöhepunkt geschafft

Frankfurt. Wenn die weltbesten Tennis-Spieler von diesem Sonntag an beim ATP-Finale in London den König ihrer Zunft küren, schauen Deutschlands Asse aus der Ferne zu. Immerhin hat Wimbledonsieger Philipp Petzschner im Doppel mit seinem österreichischen Partner Jürgen Melzer die Qualifikation für den Saisonhöhepunkt geschafft. Im Einzel ist das deutsche Tennis 15 Jahre,nachdem Boris Becker und Steffi Graf den Saisonabschluss gewannen von der Weltspitze dagegen meilenweit entfernt.

Als bester Deutscher rangiert Philipp Kohlschreiber auf Platz 34 der Weltrangliste. Die einst als Kronprinzen von Becker gehandelten Tommy Haas und Nicolas Kiefer wurden schon monatelang nicht mehr auf dem Tennisplatz gesichtet. Windelwechsel statt Ballwechsel heißt es für beide derzeit, die Prioritäten haben sich verschoben. "Im Moment gilt meine Aufmerksamkeit meiner Tochter", sagt Kiefer, der am 11. August Vater der kleinen Mabelle Emilienne wurde.

Am vergangenen Sonntag brachte auch Haas' Verlobte Sara in den USA eine Tochter zur Welt. Die gelbe Filzkugel ist für den einstigen Zweiten der Weltrangliste, der seit Monaten nach einer Hüftoperation an seinem Comeback arbeitet, damit erst einmal wieder ganz weit weg.

Komplett ins Familienleben zurückziehen wollen sich Haas und Kiefer nicht. "Von Rücktritt kann keine Rede sein. Das Feuer in mir brennt noch, und solange das so ist, ist doch alles in Ordnung", sagt Kiefer, der letztmals beim Erstrunden-Aus in Wimbledon im Juni sportlich auf größerer Bühne in Erscheinung trat. "Ich werde mich in den nächsten Wochen mit meinem kompletten Team zusammensetzen, und dann werden wir einen Plan für die nächste Zeit ausarbeiten", beerläutert der 33-Jährige.

Auch Haas denkt trotz seiner unendlichen Verletzungsmisere nicht an ein Karriereende. "Tennisprofi zu sein, ist nach wie vor mein absoluter Traumberuf. Mit der Geburt meiner Tochter hat sich nun ein weiterer Traum für mich erfüllt, dem ich voerst natürlich meine volle Aufmerksamkeit widmen werde. Dennoch bin ich absolut gewillt, meine beiden Träume 2011 miteinander zu verbinden", sagt der 32-Jährige: "Meine Tochter soll ihren Vater auch auf dem Tennisplatz sehen."

Dass beide bereits beim ersten Grand-Slam-Turnier 2011 in Australien auf die Tour zurückkehren, ist unwahrscheinlich. Danach wollen sie aber wieder angreifen. Als Vorbild gilt ihnen Roger Federer. Die aktuelle Nummer zwei des Rankings reist seit der Geburt seiner Zwillingstöchter im Juli 2009 mit der kompletten Familie um die Welt. "Es gibt doch nichts schöneres, als seine Familie um sich zu haben, wenn man unterwegs ist", sagt Kiefer.

Das Saisonfinale in London wird Kiefer gespannt von Deutschland aus verfolgen: "Ich hoffe, Roger Federer gewinnt den Titel. Ihm würde ich es richtig gönnen." Vor elf Jahren stand Kiefer bei der WM in seiner Heimat Hannover selbst im Halbfinale. "Das war ein einmaliges Erlebnis", sagt Kiefer, der sich hart quälen wird müssen, wenn das wieder erleben will. dpa

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